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V.A.

Oi! The Album

Mit „Oi! The Album“ fing alles an: 1980 hatte Punk nach Meinung vieler Szeneaktiver schon einen reichlich faulen Geruch an sich, die ursprüngliche Provo-Attitüde, der gestreckte Mittelfinger in Richtung des Establishments waren verloren gegangen. Doch mit Bands wie COCKNEY REJECTS, LAST RESORT, INFA RIOT und 4-SKINS gab es noch Bewahrer der rotznasigen Working-Class-Attitüde, wurden diese Bands als „Street Punk“, „Real Punk“ und „New Punk“ bezeichnet, bis – so die Legende – der Journalist Garry Bushell den Begriff „Oi!“ prägte, ausgehend vom COCKNEY REJECTS-Song „Oi Oi Oi“. Er stellte dann für EMI die erste in einer ganzen Reihe von Compilations zusammen, die diese neue Szene einerseits porträtierten, andererseits aber auch prägten mit ihrer Mischung aus etablierten und neuen Bands. Konsequenterweise wird die Platte von erwähntem COCKNEY REJECTS-Song eröffnet, gefolgt von PETER AND THE TEST TUBE BABIES, 4-SKINS, EXPLOITED, ANGELIC UPSTARTS, COCK SPARRER, SLAUGHTER & THE DOGS und noch ein paar anderen mehr. Die Diskussionen, ob die Anhänger von Oi! (die zu Beginn nur zum Teil Skinheads waren) nun per se rechts sind, fingen dann erst später an, gehen bis heute weiter. Denn ja, es gab und gibt da diverse schwarze Schafe, Gary Bushell inklusive, der nie zur Lichtgestalt taugte, als Sozialist begann, später bei der UKIP-Partei auf Brexit-Befürworter machte und selbst eine politische Karriere versuchte, sich als „Libertarian“ bezeichnete, aber bei Facebook und Twitter in den letzten Monaten immerhin nur unauffällige musikjournalistische Werbung in eigener Sache betrieben hat. Und selbst seit Ewigkeiten mit den GONADS selbst einschlägige Musik macht. Captain Oi! hat nun den ersten Oi!-Sampler von 1980, damals beim Major EMI erschienen, erneut neu aufgelegt und, daher der Plural, die anderen Folgen der Serie gleich mit in die Box gepackt, als da wären: „Strength Thru Oi!“ (das bei Erscheinen 1981 wegen der Anspielung auf „Kraft durch Freude“ für Aufregung sorgte, sowie wegen des Nazi-Skinheads auf dem Cover – Bushell redete und redet sich auch aktuell im Booklet damit heraus, er habe lediglich auf das SKIDS-Album „Strength Thru Joy“ angespielt, und nicht gewusst, wer der Typ auf dem Cover ist), „Carry On Oi!“ (1981), „Oi! Oi! That’s Yer Lot!“ (1982), „Son Of Oi!“ (1983) und „The Oi! Of Sex“ (1984). Nun, wer sich zu Oi! bereits seine pauschal ablehnende Meinung gebildet hat, wird an dieser 6CD-Box wenig Spaß haben. Wer selbst Skinhead ist, hat logischerweise alle Compilations, und wer einen eher popkulturellen Ansatz verfolgt, der sollte sich zumindest mit dem Phänomen auseinandergesetzt haben, denn bis heute kommt ja kein schlecht recherchierter Artikel zum Thema Nazis mit der schiefen Pauschalisierung vom „Skinhead in Springerstiefeln“ aus. Etwas komplexer geht es schon, schön ist die Beschäftigung mit dem kahlköpfigen Bruder von Punk nicht immer, aber hilf- und lehrreich. Diese Box hilft dabei – und hat „nebenbei“ auch eine Menge exzellenter Musik zu bieten, denn quasi keine einzige Band hier klingt so stumpf, talentfrei und hölzern, wie das irgendwelche Nazirocker bis heute tun.