V.A.

A Tribute To Leatherface

Wann ist der Begriff einer "Kultband" angebracht? Wenn eine Formation weltweit Millionen von Platten verkauft und die Feuilleton-Schreiber dennoch ein gutes Haar an ihr lassen? Nein, das ist Mainstream-Scheiße.

Eine Kultband, sofern man den Begriff überhaupt verwenden mag, sind LEATHERFACE: Seit 1988 ist Frankie Stubbs mit wechselnder Besetzung unter diesem Namen aktiv, ein Interviews ablehnender Misanthrop und netter Kerl, mit einer Stimme wie ein Reibeisen.

Auf zig Labels waren sie schon weltweit, Geld hat wohl keiner jemals wirklich mit ihnen verdient, am wenigsten wohl die Band selbst, ihre Touren sind seltene Ereignisse, und über ein Album alle paar Jahre, das kaum irgendwo besprochen wird, freuen sich die Eingeweihten noch Monate später.

Ja, LEATHERFACE sind eine Kultband, denn an der Frage, ob man die kennt bzw. mag, erkennt man schnell, ob jemand dazugehört oder nicht. Dazugehört zu was? Na, zum Club der guten Menschen mit exzellentem Geschmack.

Direkt vor der Tür des Clubhauses verläuft die Wasserscheide, die uns vom Pöbel trennt, oder um es anders auszudrücken: Einen größeren Gegensatz als den zwischen einem Turbojugend-Mitglied und einem stillen, erst nach fünf Bier zum Refrainmitgröler werdenden LEATHERFACE-Fan kann ich mir nicht vorstellen.

Auf dem kanadischen Label Rubber Factory ist nun diese Tribut-Doppel-CD erschienen, auf der sich 39 Bands aus Europa und den USA die Ehre geben und ihren liebsten LEATHERFACE-Song nachspielen.

Mit dabei sind unter anderem A DEATH IN THE FAMILY, THE SAINTE CATHERINES, THE POPZILLAS, WAT TYLER, HOT WATER MUSIC (und auch Chuck Ragan solo), FORMER CELL MATES, NOTHING IN COMMON, DRUNK, SINKIN' SHIPS, RENTOKILL, MADSTATEWORLD, FOR THE DAY, FOUR LETTER WORD und noch ein paar andere.

Wie man sieht, ist es nur bedingt eine "Celebrity"-Compilation geworden, aber die meisten großen Bands fassen ja kein Instrument an, bevor der Tausender fürs Studio auf dem Konto ist, entsprechend bewegen wir uns auf dem Level der Hardcore-Fans, die hier meist recht nah am Original covern, entsprechender Gesang inklusive.

Damit war zu rechnen, dabei wäre ich auf "besondere" Coversongs neugieriger gewesen - wie das geht, beweisen die Geehrten ja selbst mit "Message in a bottle" und "True colors". Eine der lobenswerten Ausnahmen: THE GUNSHY mit "In my life" und tausend Streichern.

Dennoch: ein schönes Projekt, in schöner Aufmachung, und auf der Website leatherfacetribute.com gibt es noch mehr Infos als im Booklet. (8)