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V.A.

Made To Measure Vol. 1

Das erste Mal muss ich auf das belgische Label Crammed Discs wohl durch TUXEDOMOON (deren Hit „No tears“ man kennen sollte) aufmerksam geworden sein, die Anfang der Achtziger San Francisco den Rücken kehrten und sich in Belgien niederließen. Beim dortigen Crammed Discs-Label erschienen dann auch ihre weiteren Platten, wofür extra das Unterlabel Cramboy eingerichtet wurde. Viele Crammed Discs-Releases wanderten aber dennoch nicht in meinen Schrank, denn vieles war ziemlich sperriger Experimental-Sound (was eigentlich auch immer für TUXEDOMOON galt), etwa der schräge, eher depressiv stimmende Elektropop von Karl Biscuit oder Acts wie die Israelis MINIMAL COMPACT, die mich inzwischen mit ihrem leicht orientalisch angehauchten New-Wave-Artrock wieder ungemein faszinieren. Ebenfalls sehr experimentell ging es bei der Reihe „Made To Measure“ von Crammed Discs zu, auf der sich meist instrumentale Musik versammelte, die als Soundtracks für Filme, Kunstausstellungen, Theaterstücke oder Tanzaufführungen gedacht war. Der erste Teil erschien 1984, eine Compilation, die auch besagte MINIMAL COMPACT und TUXEDOMOON enthielt, die hier aber noch deutlich unzugänglicher als auf ihren normalen Studioplatten waren, daneben Benjamin Lew, der auch mit Steven Brown von TUXEDOMOON und Samy Birnbach von MINIMAL COMPACT zusammenarbeitete, und AKSAK MABOUL, die Band von Crammed Discs-Gründer Marc Hollander. Früher hätte diese Form von avantgardistischer Experimentalmusik bei mir eher Panikattacken ausgelöst, 37 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung muss man der Wiederveröffentlichung „Made To Measure“ eine erstaunliche Zeitlosigkeit und Originalität bescheinigen, wahre visionäre Kunst ohne Verfallsdatum, die über die Jahre gereift ist. Einen gewissen Wagemut muss man hier allerdings mitbringen, wird dafür aber definitiv belohnt.