Eine Uniform verkörpert den Beruf oder die Aufgabe ihres Trägers und symbolisiert dessen Zugehörigkeit zu einem Verband oder einer Organisation. Ob und wie Uniformen im Punk angebracht sind, darüber lässt sich natürlich trefflich streiten. Wie die folgenden gegensätzlichen Positionen beweisen.
Dafür
Ja, ich habe schon die Argumente der Gegenseite in den Ohren. Uniformen stehen für hierarchische Strukturen, Unterordnung des Individuums bis hin zur Unterwürfigkeit, starre Normen, Militarismus, Autoritarismus, konservative Traditionen, Corpsgeist, Gehorsam und Obrigkeitshörigkeit sowie männliche Dominanz. Und damit stehen sie in krassem Gegensatz zu vielen Werten im Punk. Somit sind Uniformen aller Art und natürlich auch Banduniformen zu verteufeln. Also bitte, geht’s noch? Eine Band wie die RAMONES war stilprägend und das nicht nur in musikalischer Hinsicht. Auch mit ihrem Dresscode, ihrer Banduniform aus eingerissenen, löchrigen Jeans, Chucks, T-Shirts und schwarzen Lederjacken, hat die Band Standards gesetzt. Und damit auch das Wir-Gefühl in der Subkultur gestärkt. Uniform ist eben nicht gleich Uniform. Indem in einer bestimmten Gruppe ein einheitlicher Dresscode gepflegt wird, der gezielt nicht sozial exklusiv oder dominant ist, kann einer Uniform auch jegliche Autorität entzogen werden. Bisweilen kann sie sogar bewusst der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Und das ist auch gut so. Gerade im Surf Punk-Bereich treten Bands in der Öffentlichkeit gerne mal in einheitlichen Hawaiihemden oder schicken Anzügen auf. Die Bands sorgen damit für Wiedererkennbarkeit und Identifikation und beweisen modisches Gespür und guten Geschmack. Es sollte nur gewährleistet sein, dass eine Banduniform nicht zur Ausgrenzung anderer oder Unterdrückung der individuellen Selbstverwirklichung der Bandmitglieder führt. Und noch zwei Pluspunkte für Bands mit eigenen Uniformen: Automatisch ergibt sich die eine oder andere Anregung für den Merch-Verkauf. Und auf Tour entfällt vor jeder Show die lästige Frage: „Was ziehe ich heute nur auf der Bühne an?“ Gerade bei einigen „eitlen Gockeln“ ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Axel M. Gundlach
Dagegen
„Ich bin nichts, ich kann nichts, gebt mir eine Uniform“ – mit diesen Zeilen verhöhnten wir Punks einst Bundeswehrangehörige, Polizisten und andere Uniformierte. Und übersahen gerne die Konformität der eigenen Subkultur, etwa was Schuhe, Jacken, Frisuren anbelangt. Sich passend zu einer Band zu kleiden, wäre mir aber nie in den Sinn gekommen. Fanclubs? Aus dem Thema war ich mit 13 oder so raus, als ich die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg mit ihren Hemden und Halstüchern hinter mir gelassen hatte. KISS? Nie meine Band, kein Interesse an der „KISS Army“. Der RAMONES-Look? Ansatzweise cool, aber mal ehrlich, man zeige mir mal Fotos, auf denen die alle Chucks tragen – mehr Legende als Realität. Eine gewisse Uniformität kam dann mit der Straight-Edge-Bewegung der frühen Neunziger und diesem „Braver Bubi“-Look inklusive Kurzhaarschnitt, sauberen Turnschuhen und den furchtbaren Champion-Pullis.
Und dann kamen irgendwann TURBONEGRO, ergatterten einen Endorsement-Deal mit Levi’s und schwuppdidupp wurde via Bitzcore Records aus Hamburg ein Geschäftsmodell daraus. So ungefähr das Lustigste daran war das selbstironische „Turbojugend Hintertupfingen“, die kegelclubeske Vatertagigkeit des Ganzen mochte ich nie mit mehr als einer hochgezogenen Augenbraue quittieren. Ich halte es da lieber mit dem US-Komiker Groucho Marx, der sagte: „Es würde mir nicht im Traum einfallen, einem Club beizutreten, der bereit wäre, jemanden wie mich als Mitglied aufzunehmen.“ Als ich 18 war, war in der Lokalzeitung ein Bericht auf der Jugendseite über mich und andere Jugendliche, überschrieben mit (in meinem Fall) „Der Nonkonformist“. Mir war das im Nachhinein fast peinlich, aber über drei Jahrzehnte später merke ich, dass an dem Begriff was dran ist: Uniformität jeder Art, die über ein Bandshirt hinausgeht, ist mir zuwider. Nice, wenn eine Band ein cooles Bühnenoutfit hat, aber bei allem darüber hinaus bin ich raus.
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