In grauer Vorzeit war Bier in Dosen allgegenwärtig. Ex und hopp — das war Punk! Ex wie die Dose mit einem Zischen (und Bierdusche für die gesellige Runde am Brunnen in der Fußgängerzone) öffnen und dann am Stück leermachen, und Hopp! wie das Blechteil ohne Scherbenärger scheppernd in die Ecke befördern. Punks waren einst zynische Fans und Kommentatoren der Wegwerfgesellschaft, aber die Zeiten ändern sich, und weil auch Einwegpfanddosen umweltschädigend sind, wird von verantwortungsvollen Szenemenschen längst nur noch Bier aus der Mehrwegflasche getrunken. Oder? Hier unsere Argumentation dazu ...
Dafür
„Dosenbier – wollen wir!“, sangen ZK schon in den frühen Achtziger Jahren. Die 1981 auf ihrer LP „Eddie’s Salon“ erschienene Absage an Flaschen- und Fassbier entstand nach einem Konzert, auf dem sich die Punks vor Bühne in einem Meer aus Glasscherben gewälzt hatten ... Und SLIME besangen in ihrem Song „Karlsquell“ 1981 das Punk-Dosenbier überhaupt. Wer in diesen Zeiten Dosenbier trank und das am besten auch noch tagsüber in der Öffentlichkeit, war der Asi schlechthin. Dosenbier war billig – die 0,33 l-Dose für unschlagbare 49 Pfennig –, passte praktisch in jede Jackentasche und war auch bei den Discountern in den Innenstädten zu haben. Also drei Vorteile in einem: Schocken, saufen und taschengeldkompatibel! Klar gab es auch damals schon Altersgrenzen für Alkohol, aber das hat niemanden gestört. Jedenfalls bei Bier nicht, eher bei Hart-Alk, aber der war immer zu teuer. Aus den damals noch abziehbaren Verschluss-Laschen, an denen man sich ziemlich fies schneiden konnte, bastelten wir uns Halsketten. Im KuKozZ in Paderborn wurde seinerzeit auf Punk-Konzerten die Dose Karlsquell für 1 DM verkauft, und ich denke mal, die Konzertcrew hatte es nach den Gigs recht einfach, den Müll aufzusammeln – ganz ohne Scherben. Und jetzt im Rückblick? Ich bin quasi mit Dosenbier großgeworden, mag immer noch den Blechgeschmack lieber als Bier vom Fass – und dieses charakteristische Zischen beim Aufreißen der Dose, auch wenn die Verschlüsse heute aus Umweltschutzgründen dranbleiben. Natürlich ist das vielleicht auch Nostalgie, Klischee oder „Brauchtumspflege“. Aber wenn ich mir angucke, wie viel Flaschen allein mir selbst schon auf Konzerten runtergefallen sind, wie oft ich morgens auf dem Fahrradweg Slalom fahre, um nicht durch Glasscherben zu radeln, dann finde ich Dosenbier nach wie vor sinnvoller. Und MOLOTOW SODA haben nicht umsonst „Zerschlagt nicht das Pfand ...“ gesungen oder MÜLHEIM ASOZIAL „Ey, die Hunde“.
Triebi Instabil
Dagegen
Ich gebe zu, das Klack & Zisch des Bierdosenöffnens ist ein Sound-Klassiker für das Museum der Geräusche. Und ich gebe auch zu, das „Ringe-Schießen“, das man mit der alten Form der Dosenlaschen (die Älteren erinnern sich) spielen konnte, machte Spaß. Aber schon immer waren Herpes-anfällige Menschen keine Fans von Getränkedosen. Die Lippen da ranhängen, wo zig andere ihre Finger dran hatten? Uäääh ... Und dieser metallische Beigeschmack von Dosenbier? Bah! Und das Bier ist schneller warm, als man es wegtrinken kann? Doppel-Bah! Und jenseits von solchen mit dem Konsum verbundenen Aspekten stellt man sich als Dosenbiertrinker auf das gleiche Niveau wie Red Bull-Süffler – pfui! Einweg(pfand) ist total asi, ist kein Stück nachhaltig und eine einzige Umweltsauerei. Immerhin gibt es diese, ich glaube, in den USA einst verbreiteten Plastikdinger nicht mehr, mit denen sechs Dosen gebündelt wurden. Unzählige Tiere krepierten in diesen Teilen. Nein, ich bin ganz klar im Team Pfandflasche. Regionales Bier trinken aus der Gegend, keine ekelhafte Majorlabel-Plörre aus der TV- oder Stadionwerbung, das ist DIY und Punkrock. Und das dann bitte sehr aus der Pfandflasche. Oder in der Kneipe aus dem Zapfhahn, das ist nämlich die allerbeste Alternative in Sachen Müllvermeidung. Sofern das Bier nicht in einem Einweg-Plastikbecher landet ... Bier aus der Flasche ist jenseits von gezapftem Bier also die beste Lösung, der Genuss lässt sich mit einem wunderbaren Plopp-Geräusch unter Einsatz vielfältigster Gerätschaften zur Ablösung des Kronkorkens einleiten (womit man immer auch noch etwas Fingerfertigkeit beweisen kann), und dann ansetzen und ... aaaahhh! Die Kronkorken werden natürlich für den guten Zweck gesammelt und recyclet. Ganz klar: Bier aus Standard-Glasflaschen ist in jeder Hinsicht das Ideal. Prost!
Joachim Hiller
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