DIE STIMME DER VERNUNFT

Foto© by Karl Heinz Stille

Dämpfig

222. Woche – Dämpfig
- Pilgerversicherung: Während in einem Teil Europas der wahrscheinlich letzte feuchte Sommer für lange Zeit all den „Klimaskeptikern“, die Wetterlagen nicht von Klima unterscheiden können, als Beleg für ihren Bullshit dient, grillt die gnadenlose Sonne in anderen Regionen Menschen zu Patties. Es ist nicht meine Religion, aber wäre sie es und ich ein einflussreicher Prediger, wäre das Ende einer Pilgerfahrt als Grillfleisch natürlich „gottgewollt“, mit vollem Märtyrerverwertungsprogramm. Mit einer amtlichen Pilgerlizenz passiert so was übrigens deutlich seltener, kann sich nur wohl nicht jeder leisten.
- TMBLMSSNMN: Wenn dein Arbeitgeber regelmäßig zu kollektiven Teambuilding-Events mit Anwesenheitspflicht einlädt, hat er entweder zu viel Geld oder irgendetwas zwischen diesen Events zerstört immer wieder das Team.
- UC-OI!: Da die Crusten momentan sehr viel zu leiden haben, da zusehends ganze Plattensammlungen unhörbar werden, bleibt als letzte Flucht nur „UC“, bevor man den ganzen Scheiß aus dem Fenster werfen oder in einer „Zu verschenken“-Kiste in den Regen stellen muss. Wer trägt schon gerne schwer? UC steht für „Unpolitischer Crust“, der, analog zu unpolitischem Oi!, auf Inhalte und kritische Texte scheißt. Ab jetzt steht Crust für Fußball-Ficken-Frohsinn und natürlich Bier. Fun, Fun, Fun with my crustie machine gun. „If the seniorkids are united“ erhält eine ganz neue Chance, wenn man die ganze Politik mal außen vor lässt.
- SCHONE DEINE ERBEN: Vier gutsituierte Musiker mit FDP-Background spielen das exakte Gegenteil von Blues, nämlich Bestandsrock.
- Waschzettel: Alle zwei Monate denke ich beim Eintreffen des Reviewpäckchens aus dem Ox-HQ reflexartig an EA80, SHELLAC und viele andere, die ganz ohne diesen ganzen Promoschnickschnack auskommen, sich nie anbiedern und verschweigen, mit wem sie alles mal die Bühne „geteilt“ haben (während der Hauptact sich im Backstage volllaufen ließ). Keine ellenlangen Geschichten im Beipackzettel zu Studio und Producer (Studios und Produzenten schreiben keine Lieder), und es gibt vor allem keine Prosatexte, die sich über vier Seiten in Fünfpunktschrift erstrecken, weil die sowieso niemand liest. Insofern ist „Bandcamp only“ vielleicht sogar der neue Underunderground, der ganz ohne physische Releases und Promoangebieder auskommt. Live spielen und fertig, mit Tonträgern verdient heute sowieso kaum noch jemand Geld.

223. Woche – Rad & Regen
- Never run a changing system. (Alte Dikatorenweisheit)
- Von den Besten lernen: Erfolgreiche Geschäftsmodelle und DIY-Tipps von
ZickZack
A.M. Music
We Bite
Dissonance Records
Funhouse
Impact
Whocannotbenamed ... jetzt lass sie halt noch ein bisschen machen.
Irgendwann demnächst als Hardcoverbuch.
- Sprachpanscher: Es gibt keine „Anarchokapitalisten“. Der richtige Terminus lautet: Rücksichtsloses Arschloch mit zu viel Geld und Kackfrisur.
- Das zieht vorbei! (Noahs wenig bekannter Bruder und erster Klimaskeptiker)
- Unterqualifiziert: „Fachkräftemangel“ bedeutet im Umkehrschluss, dass viele Stellen von Idioten besetzt sein müssen, die keinen Schimmer davon haben, was sie da eigentlich tun.

224. Woche – Zwei Tage in der sanierungsbedürftigen Neualtbaubaustelle
- Neutral: Im Grunde ist es mir egal, wer im Weißen Haus sitzt, ich will nur eines: Den angemalten Immo-Loser in den Knast wandern sehen!
- Ungleichgewicht: Woher kommt eigentlich dieses Gefühl, dass die Drecksäcke nicht mit derselben Schlagzahl wegsterben wie die auf der guten Seite der Macht? Oder wachsen die Arschgeigen einfach nur schneller nach?
- Schöner pöbeln: Ach, Sie sind der, der bei Amazon immer den einen Stern vergibt, weil er die Verpackung nicht aufbekommt? Super, endlich lerne ich Sie mal höchstpersönlich kennen.
- 2+ Stecktuchkeule: Langsam komme ich in das Alter, in dem ich mich ohne Accessoire nicht mehr vollwertig fühle. Über viele Jahre konnte ich beobachten, wie Mitbewer... Mitmenschen sich kleine und größere Kleidungsergänzungen zugelegt haben, um ihre zunehmende Affektiertheit dezent zu kultivieren und sie mit der Zeit zu perfektionieren. Irgendwann kannst du dir diese Menschen einfach nicht mehr ohne dieses Ding vorstellen.
Aber womit fange ich an? Pfeife mit einer exotischen Mischung (Kameldung, Huf und Vanille-Onion)? Bisschen aus der Mode. Dampfen (dieselbe Mischung)? Macht ja jede:r Zweite, sieht außerdem immer komisch aus, dieses Nuckeln. Einstecktuch? Wir kommen der Sache näher. Seidenschal für Schildkrötenhälse oder einfach so? Häkelmütze? Hut gegen die fortschreitende Stirn? Schulterpulli? Maßanzug? Alles schon hundertmal dagewesen und so abgegriffelt, dass man sich nur minimal von all den anderen unterscheidet, die damit auch fast alle irgendwie blöd aussehen. Vielleicht lass ich mir auf meine alten Tage einfach noch ein Gesichtstattoo machen. Leonardo DiCaprio wäre nicht schlecht. Mitten ins Gesicht einfach sein Konterfei, dann komm ich fast überall umsonst rein, krieg aber in den Läden aufs Maul, in die ich normalerweise gerne gehe, und muss mich dauernd mit halbminderjährigen Groupies rumschlagen, die auf drei bis vier Jahre Licht an meiner Seite hoffen. Danny Trejo? Krieg ich hin, dann bräuchte ich nur noch eine Perücke. Vielleicht probiere ich es aber versuchsweise doch erstmal mit Gehstock und einem Silberknauf.
- 1984: Die Vorstellung, dass ein US-Präsident wie Ronald Reagan, der in meiner Jugend als Inbegriff faschistoider Tendenzen galt, heute in seiner eigenen Partei zum linken Flügel gehören würde, ist einerseits amüsant, andererseits aber eben auch nicht.

225. Woche – Daneben
- Thoughts & Prayers: Eins ist gewiss: Der Junge mit dem Schießgewehr in Butler war definitiv kein Marine.
- EM: Vorbei, vorbei! Zieht man die zwei gesehenen Spiele ab (der Sonntag war reine Notwehr, um den Nachrichten über den waidwunden Helden zu entgehen, der, nachdem die Luft rein war, zur Kampfespose ansetzte), habe ich immer noch 4.410 Minuten (plus Nachspielzeit, Verlängerung und Elfmeterschießen) an Lebenszeit gespart. Da kommt schon was zusammen. Jetzt schmeißt die billigen Plastikfähnchen in den Straßengraben, baut die Deko wieder ab und macht die große Endabrechnung.
- Märtyrer: Sterben, sie überleben nicht.

226. Woche – Schwitz me up before you gogo
- Hotzo – Gesundheit!: Immer dann, wenn der Ketaminjünger ohne echte Sozialkontakte sich auf seiner heruntergewirtschafteten Plattform zu Kleinkram wie einen deutschen Komiker zu Wort meldet, habe ich, unabhängig vom eigentlichen Content, nur eine einzige Frage: Hat der Musk eigentlich nix Wichtigeres zu tun? Nehmt dem Clown einfach mal das Mobiltelefon weg oder führt Onlinezeiten wie bei Teenagern ein. Die andere Option wäre Entmündigung, denn jemand mit derart wenig Sozialkompetenz sollte einfach keine Follower haben.
BTW: I wasn’t born to follow.
- Wenn ich mir manche „Kollegen“ so anschaue, wundert es mich nicht, dass ich in einem gemeinsamen Termin ganz automatisch ohne weiteres Zutun die Rolle des „Good cop“ inne habe. Dabei mach ich eigentlich gar nix, außer meine Klappe zu halten.
- 50 Words for snow: Bei manchen Menschen frage ich mich wirklich, ob die auch mal einen „guten“ Tag haben oder lediglich eine graduelle Abstufung von Scheißtagen kennen.

227. Woche – Halten, halten, warte ... ab dafür
- Heute geht ein Traum in Erfüllung. (Freddy Krüger)
- Oh, Lympia: Vielleicht geht es anderen Menschen ebenso wie mir, wenn ihr Lieblingssport – nehmen wir mal Bahnradrennen – von jemandem kommentiert wird, der selbst mit Stützrädern an seinem Klapprad noch auf die Fresse fallen würde. Wie fühlen sich wohl Wasserballfans, wenn hier ein überzeugter Nichtschwimmer moderiert? Was kommt dabei heraus, wenn ein Farbenblinder ... ach, lassen wir das.
Neben haufenweise Mist und schlimmen Falschaussagen, bleibt da vor lauter Zusammenzucken nach jeder Peinlichkeit nicht mehr viel vom Sportgenuss übrig.
- Kamelhaar: Woran du merkst, dass du dich inmitten einer lebendigen Jugendkultur bewegst? Es stinkt nach Kameldung und Selbstgedrehten. Junge, Smoking is aber so was von back again.
- Pausenmusik: Es gibt definitiv Menschen, die tanzen, sobald nur eine Fahrstuhltür aufgeht, und solche, die selbst beim Soundcheck schon in schiere Ekstase geraten.
- Extremsport 2024: Für Menschen, die bei Basejumping, Wingsuitgleiten und Downhill-Biking nur noch gähnen können: Alle Achttausender nur in Flip-Flops ohne Unterwäsche wäre ein Anfang.

228. Woche – Götterdämmerung
- Schah Matt: Ich habe mich mehr als fünf Mal gefragt, ob sich die Menschen, die damals hierzulande in gutem Glauben gegen das Schah-Regime demonstriert haben, auch nur in ihren schlimmsten Alpträumen ausmalen konnten, was für ein Monster anschließend aus den Trümmern auferstehen würde?
- GI – Günstichste Intellenz: Nicht ganz so effektiv, ab und an ein paar Fehler, aber dafür billig. Läuft auch auf einem alten Windows 95-Rechner. Na? Machen wir!
- Södern, das: Die „volksnah Initiative“ des fränkischen Besserwissers, sollte einem zu denken geben. Söder anbiedernd in Kunstlederjacke beim AC/DC-Konzert oder beim Weißwurstdönern mit Menschen, die offenbar sonst keine Freunde haben. Die Botschaft ist klar: An den Markus trauen sich auch echte Menschen näher als zehn Meter ran, ganz anders als beim Merz, bei dem vor allem Kinder mit dem Fluchtinstinkt reagieren.
- Extended version: Was aus dem guten, alten Birth – School – Work – Death geworden ist? Birth School Work. Kinder großziehen. Scheidung. Um die Eltern kümmern. Midlife-Crisis. Freunde beerdigen. Maybe Rente. Alles an das Pflegeheim vermachen. Death.
- Offensichtlich: Hat dich eigentlich schon mal jemand rein interessehalber nach deinem Schulabschluss gefragt? Dachte ich mir, irgendwie liegt es ja auch auf der Hand.