Die Fortsetzung war angedroht, soll also keiner sagen, dass er nicht wusste, was ihn erwartet.
Wenn man gerade nicht zu den natürlichen Feinden der hier erwähnten Superhelden zählt, ist es schwierig, das richtige Kryptonit zu finden.
Generell gilt ja das Vorurteil, dass ein minimales Maß an Gewalt nie die Lösung ist. Das akzeptiere ich gerne, wenn das von jemandem kommt, der einem mit einer durchgeladenen Waffe oder in voller Kampfmontur mit Teleskopschlagstock gegenübersteht, andernfalls bleibt es dabei, dass derartige Aussagen nur von solchen Leuten stammen, die aktuell nicht in der Lage sind, ebensolche auszuüben. Feldversuche hingegen zeigen, dass die meisten der Geräuschtoxiker erstaunlich positiv auf „Liebenswürdigkeiten“ reagieren.
Der unglaubliche Konzertnovizenboy
Kräfte/Fähigkeiten: Mit dem Erinnerungsvermögen eines Goldfischs ist für den Konzertnovizenboy jedes Konzert eine völlig neue Erfahrung, selbst wenn er diese bereits 15 Mal durchlebt hat. Er reiht sich dabei nahtlos in das Stressniveau von Supportmitarbeitern aus Billiglohnländern ein, die immer dann ausgetauscht oder befördert werden, wenn sie gerade verstanden haben, worum es eigentlich geht. KNB ist daher jedesmal furchtbar aufgeregt, was er seinen meist gechillten Begleitern ununterbrochen mitteilt. Die Bühne ist exciting, das Licht Wahnsinn, die Nebelmaschine der Hammer, und wenn da jetzt noch eine Kapelle spielen würde, wäre der vorzeitige Samenerguss perfekt. Seine Begleiter schleppen ihn in aller Regel aus Mitleid mit und deswegen, weil sie bei aller Unsicherheit neben ihm automatisch verdammt cool wirken. Das Wort „Wiederholung“ existiert in seinem Sprachschatz nicht, daher kann der Konzertnovizenboy bei Bands wie den DICKIES oder den CRO-MAGS, die er bereits mehrfach gesehen hat, angesichts der Setliste oder der Ansagen immer noch völlig überrascht wirken. Konzertnovizenboy ist der Sohn von Dr. Alzheimer und Madame Insomnia.
Schwächen: K.o.-Tropfen, die beruhigende Wirkung von Alkohol.
Natürliche Feinde: Alle, die ihm unter Ankündigung leichter Traktion verdeutlichen, dass er entweder den Schnabel hält oder sich aber am nächsten Tag an nichts mehr erinnern kann, was irgendwie ironisch ist.
Präsenzquotient: Allgegenwärtig.
Nervfaktor: 7
Der Bierverschüttmann
Kräfte/Fähigkeiten: Ständig zwischen Bar und dem am weitesten davon entfernten Punkt des Saales unterwegs, um für den Biernachschub seiner Kumpels zu sorgen. In die besonders ruhigen Liedpassagen mischt sich beim Rücktransport der Becher ein stetes „Sorry, ’tschuldigung, sorry, ups“ und „das tut mir jetzt aber leid“, nachdem er etwa 25% der zu transportierenden Flüssigkeit über einem besonders wehrlosen Exemplar seiner Mitmenschen verschüttet hat. Das Eintreffen der Getränke wird im Rudel mit großem Helau gefeiert. Statt für kurze Zeit der Band zu lauschen, wird das kühle Getränk gepriesen und es werden bereits die ersten Bestellungen für die nächste Runde aufgenommen. Doppelt nervig mit seinem Sidekick, der „mächtigen Sextanerblase“.
Schwächen: Flaschenbiere, Saalbedienung, langsames Thekenpersonal, Monatsende, Getränke, die zur Neige gehen.
Natürliche Feinde: Die Affenhardcorecrew mit Roundhousekick-Chuckie, Doc Bauernpogo und der Beatdowner, an denen es ohne Totalverlust seiner Fracht kein Vorbeikommen gibt. Das biertriefende Tritt-ihm-in-die-Nüsse-Girl und der Don’t-step-on-my-blue-suede-shoes-Hulk gehören ebenfalls zu seinen Erzfeinden, wie auch fast der komplette auf seinem Weg befindliche restliche Saal.
Präsenzquotient: 30% aufwärts, zunehmend mit Kumpelhaftigkeit des Sounds.
Nervfaktor: 8,5
Deathodor & Black Breath
Kräfte/Fähigkeiten: Kollateralsuperhelden, die aus dem Nichts einen Schutzmantel aus tödlichen Gerüchen erzeugen können, die geschmacklich einem Hundehaufenbeutel sehr nahe kommen, der zwei Tage lang in der prallen Sonne gelegen hat. Das Gas ist grünlich gefärbt und verbreitet sich ähnlich explosionsartig wie die Sporen eines ausgewachsenen Kartoffelbovists, auf den versehentlich jemand getreten ist. Die Dunstwolke garantiert ihnen auch in der ersten Reihe eines überfüllten Konzertes eine persönliche Wohlfühlzone von mindestens zwei Atemlängen in jeder Richtung und vertreiben dabei alle Umstehenden, die aktuell nicht an akutem Geruchsverlust leiden, aus ihrem sorgfältig gewählten Reservat in die Fänge der Superhelden, die mit Hingabe Akustikpollution betreiben. Black Breath sondert seinen Odem mit Vorliebe dann ab, wenn der Gesichtsabstand zu seinem Opfer maximal fünf Zentimeter beträgt.
Schwächen: Erkältungssaison, ausgefeilte Belüftungskonzepte, Open-Airs.
Natürliche Feinde: Anosmata und Mr. Fazzolletti, sonst äußerst wenige, da sich ihm ohne Vergiftungserscheinungen kaum jemand auf weniger als eine Nasenlänge nähern kann. Black Breath hat auf seiner Liste der natürlichen Feinde noch den Blendax und Dr. Odol.
Präsenzquotient: Je crustiger, desto wahrscheinlicher.
Nervfaktor: 8
Count Copulito
Kräfte/Fähigkeiten: Die Pest, Mumps und juckendes Ekzem in Menschengestalt. Die Band und die Musik interessieren ihn einen Scheiß. Anwesend ist er nur, weil sein Jagdgebiet sich zufällig mit der Raum-Zeit-Dimension kreuzt, in der alles stattfindet. Tut alles für den nächsten Beischlaf und hat schätzungsweise mit 50% aller kopulierwilligen Personen auch bereits Körperflüssigkeiten ausgetauscht. Der Komalaberer entnervt durch sein permanentes Balzgehabe, mit dem er leider auch vermeintliche Opfer wie Trivia-Woman dazu animiert, sich zu artikulieren, in der Annahme, dass sie etwas wirklich Wichtiges zu sagen hätte. Wie bei einem Teichentenerpel steht der betriebene Balzaufwand in keinem Verhältnis zum knapp zweieinhalbminütigen Ergebnis. Hätte er damals nur halb so viel Energie in seine Ausbildung gesteckt, wäre er heute mehr als nur Sparkassenangestellter. Der Count ist bei seinen Baggerarbeiten derart wahllos, dass er auf Trauerveranstaltungen ohne zu zögern die Witwe angräbt.
Schwächen: Mittelfinger-Girl, die T.R.A.N.S.F.O.R.M.E.R.S., Nope.
Natürliche Feinde: Syphilitia, das Alter, Mr. Testosteron, John Holmes Jr., Gliedo
Präsenzquotient: Zwischen 75 und 80%.
Nervfaktor: 10
Late Nite Owl
Kräfte/Fähigkeiten: Kommt immer zu spät, begrüßt aber noch zur Zugabe des Hauptacts jede einzelne Facebook-Freundschaft überschwänglich mit der Story, warum er es wieder einmal nicht pünktlich geschafft hat. Die Band als solche dient dabei – wie bei vielen anderen Superhelden auch – lediglich als Bühne für die Selbstinszenierung des eigenen hochkomplexen Egos, das im Grunde nur keine Uhren lesen kann.
Schwächen: Shows, die so verspätet anfangen, dass er es tatsächlich pünktlich schafft, was ihm sein einziges Thema nimmt.
Natürliche Feinde: Wir-fangen- später-an-Crew, Reverend Verspäti.
Präsenzquotient: Mit ca. 15% ein seltener Gast, zunehmend in studentisch geprägtem Umfeld.
Nervfaktor: 5 (schließlich hat man das Meiste ja schon gesehen)
Lord Labertasche
Kräfte/Fähigkeiten: Seine Lordschaft ist die gelebte Ansicht, dass die Welt ihm als Abkömmling eines Adelsgeschlechts zu Füßen zu liegen hat. Vorbands empfindet er als Zumutung, was ihn dazu veranlasst, sein einmal begonnenes Gespräch (in der Regel ein erlauchter Monolog) auch bei Einsetzen der Musik keinesfalls zu unterbrechen, schließlich hat er ein Entgelt bezahlt, was seine Erwartungshaltung nährt, dass alle Anwesenden an seinen adeligen Lippen zu hängen haben. Ihre Gnaden tritt häufig dort in Erscheinung, wo eine Band auf der Bühne durch einen leiseren Instrumentalpart oder eine Kunstpause Spannung erzeugt. Über diesen ruhigen Augenblick breitet sich der Monolog des blaublütigen Apostels mit einer Eindringlichkeit, die diesen einmaligen Moment komplett ruiniert.
Schwächen: Nebengötter, Platzhirsche und Adel, der über ihm steht, zum Beispiel auf der Bühne, um mit dem Finger auf ihn zu zeigen, auf dass der Mob ihn lynche.
Natürliche Feinde: Einfaches Volk, das sich zusammenrottet, der von der Bühne angeleitete Bouncer, und Kinder, die mit ausgelutschten Zitronenschalen aus ihrem Gin Tonic nach ihm werfen.
Präsenzquotient: Nur auf Konzerten, die seinem Rang angemessen sind, also nichts für einfache Gemüter. Ist Kunst im Spiel, liegt die Chance bei nahezu 100%, es sei denn, es läuft parallel ein „Tatort“.
Nervfaktor: 9
Sgt. Rektalito (ehemals Der Penetrator)
Kräfte/Fähigkeiten: Das Klopapier unter den Konzertquatschern, das sich an eine vermeintlich bedeutende Person des öffentlichen Lebens wie eine Schmeißfliege heftet, um ihm die Aufwartung zu machen. Quatscht gerne auch mal den Gitarristen beim konzentrierten Aufbau mit dem Satz „Mööönsch, dass ich dich hier treffe ...“ an, um das Eis zu brechen und ihn von seiner Arbeit abzuhalten. Beim ersten Anzeichen von geheucheltem Interesse wird man Sgt. Rektalito in etwa so schwer wieder los wie Gürtelrose oder eine Schuppenflechte. Löst bei allen Umstehenden entweder Brechreiz oder Fremdscham aus, andererseits kann man sich dem Schauspiel kaum entziehen, denn am Ende will man doch wissen, wie weit der Kopf ohne Gleitmittel in den Enddarm der Zielperson passt.
Schwächen: Eisiges Schweigen verbunden mit: „Muss ich dich kennen?“, Privatkonzerte, zu denen er nicht eingeladen ist.
Natürliche Feinde: Nobody, Die Eiskalte Schulter.
Präsenzquotient: 4,5
Nervfaktor: 5
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #139 August/September 2018 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #140 Oktober/November 2018 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #142 Februar/März 2019 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #143 April/Mai 2019 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #145 August/September 2019 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #146 Oktober/November 2019 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #147 Dezember/Januar 2019 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #148 Februar/März 2020 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #149 April/Mai 2020 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #150 Juni/Juli 2020 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #151 August/September 2020 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #152 Oktober/November 2020 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #153 Dezember/Januar 2020 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #154 Februar/März 2021 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #155 April/Mai 2021 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #156 Juni/Juli 2021 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #157 August/September 2021 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #158 Oktober/November 2021 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #159 Dezember 2021 /Januar 2022 2021 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #160 Februar/März 2022 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #161 April/Mai 2022 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #162 Juni/Juli 2022 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #163 August/September 2022 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #164 Oktober/November 2022 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #165 Dezember 2022 /Januar 2023 2022 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #166 Februar/März 2023 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #167 April/Mai 2023 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #168 Juni/Juli 2023 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #169 August/September 2023 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #170 Oktober/November 2023 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #171 Dezember 2023/Januar 2024 2023 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #172 Februar/März 2024 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #173 April/Mai 2024 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #174 Juni/Juli 2024 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #175 August/September 2024 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #176 Oktober/November 2024 und Kalle Stille