188. Woche – Gut beschäftigt
- Erinnerungen: Wenn man sich durch den Nachlass der Eltern gräbt, stellt sich automatisch die Frage nach der Relevanz der eigenen „Erinnerungen“, die man selber in Schubladen und Schränken hortet. Ich wühle mich durch Kisten voller Fotos und kapituliere vor Landschaftsaufnahmen, die sich nicht zuordnen lassen, Gesichtern, die ich noch nie gesehen habe, und Boxen voller Dias, bei denen mich alleine die Vorstellung eines Diaabends zutiefst deprimiert. Wie zu erwarten sein wird, landen 99,9% davon auf dem Müll.
- Jung kaputt: Beim Erhalt der ersten beiden Rechnungen des Pflegeheims stelle ich mir nur eine einzige Frage: „Wer um alles in der Welt kann sich das leisten?“
- Subintelligenz: Die amöbenhaftesten aller angeblich „intelligenten“ Menschenähnlichen, sind die, die bei automatisch generierten Antworten Diskussionen mit dem Absenderpostfach (donotreply@rundablage.de) anzetteln und auch bei der vierten gleichlautenden Antwortmail immer noch nicht aufgeben. Ihre Urahnen sind der Automatenboxer und Kopiereranbrüller, die in einer Maschine erstmals Lebensformen witterten.
- Redundantes Essen: Wenn du dir Kartoffelpuffer machst, dazu gedankenverloren einen schwäbischen Kartoffelsalat in eine Schüssel packst, dann hast du Kartoffeln zu Kartoffeln und wirst trotzdem satt.
189. Woche – Fixpunkt
- Katarsis: Das Ausmisten der elterlichen Wohnung birgt viele Wiedersehen, einige unbekannte und ein paar dunkle Kapitel der Familiengeschichte, denn meine Eltern haben offenbar so ziemlich alles aufgehoben, was man sich nur vorstellen kann oder nicht will.
1. Beim Auffinden der Anmeldung zu meiner Taufe war ich für circa zweieinhalb Stunden ein Bastard. Nach Gegencheck des Familienstammbuches war ich dann doch wieder ehelich, allerdings weiterhin nur ein Sechsmonatskind. Idioten mit Datumsschwäche (ich weiß, wovon ich rede) gab es also auch schon früher.
2. Die Beileidskarten zum Tod meines Vaters befanden sich allesamt in einem Ordner, fein säuberlich gelocht und abgeheftet.
3. Das Mammut im Gefrierfach! Gab es in der Achtzigern glaube ich zwei Mal, war nicht so dufte. Die Reste wurden dann eingefroren und mit minimaler, kurzer Unterbrechung der Kühlkette über zwei Gefriertruhen bis in das Jahr 2023 gerettet. Habe den haarigen Fleischklumpen zusammen mit zwei sehr, sehr flachen Magnum-Eis entsorgt.
4. Datenschutz-Günther: Warum greift die DSGVO nicht bei alten Briefen? In einem Stapel Briefe findet sich einer mit einer sehr schönen Handschrift. Damals gab es auch noch „Schönschrift“ in der Schule, heute freuen sich die Lehrer, wenn die Schüler überhaupt noch einen Stift halten können. Der sehr liebevolle Brief endet mit „Dein Günther“. Who the fuck war Günther?
- Versprochen: Wenn auf meiner Beerdigung (dauert aller Voraussicht nach noch eine Weile, aber ich sag’s schon mal) nicht gelacht wird und keine Witze auf meine Kosten gemacht werden, dann lade ich euch nie wieder ein!
- Weisheit in Tüten: Das Geheimnis des Arschhochkriegens im Alter? Arsch hochkriegen!
190. + 191. Woche – Hier und dort
- Hmmmm: Das Durchkreuzen mancher „persönlicher Parfümnoten“ ist nah dran am Durchschwimmen einer „warmen Strömung“ im Schwimmbad.
- Psychoten: Ob ich für Weißwaren noch die Transportsicherungen habe? Niemand hebt die auf, nur Menschen, die auch jeden Originalkarton einlagern, heben so was auf. Ach, nicht mal die.
- Friedwald: Eine Zufriedenheitsbefragung für einen Supermarkt kann jede:r, aber für einen Friedhof? Die Frage: Wer urteilt hier? Und müssten es nicht stattdessen die, die dort liegen? Wie auch immer, ich bin zufrieden, aber ...
- Kontaktarm: Ein Rezept gegen die totale Langweile und Einsamkeit? Du hast keine Freunde, niemand will mit dir reden oder kommunizieren? Selbst deine Familie hat dich auf Facebook entfreundet, und auf Instagram folgt dir nur noch deine verstorbene Großmutter? Einfach bei Kleinanzeigen (ehemals Twitter-Kleinanzeigen) eine Anzeige für Autoteile oder eine Wohnungsauflösung aufgeben, ein paar Bilder dazu, schon bist du wieder mitten im Leben, hast Kontakt zu Menschen, die des Lesens kaum mächtig sind, dir aber trotzdem dumme Fragen stellen.
192. Woche – Oft dort, wo schon lange nicht mehr mein Zuhause ist
- Vokalklau: Der Trick, Botschaften in Wörtern ohne Vokale zu „verstecken“, um so für einen Aha-Moment und höhere Tiefenwirkung zu sorgen oder um den Strafverfolgungsbehörden zu entgehen, weil die immer erst ein „E“ oder ein „A“ kaufen müssten, funktioniert meistens. Bei manchen Botschaften komme ich aber einfach nicht drauf. Und im Falle der Aussage „Fuck Hamas“ würde ich sogar dringend von vokallosen Aufklebern abraten, weil der Interpretationsspielraum nicht tolerierbar ist.
- Neue Fenster: Der ideale Zeitpunkt, um neue Fenster einbauen zu lassen, ist laut meinem Vermieter zwischen November und Februar, weil man da natürlich die besten Rabatte bekommt. Klar, schließlich ist kaum jemand so dämlich, seine gerade auf Normaltemperatur gewärmte Wohnung freiwillig in einen Gefrierschrank zu verwandeln, bis der Scheiß endlich fertig ist. Mein Vermieter sagt aber auch, dass es reicht, wenn man nur eine Seite der Wohnung macht, schließlich wollen wir es ja nicht übertreiben. Wenn es dann vom Handwerker heißt, dass so ein Fenster in zwei bis zweieinhalb Stunden gemacht ist, weil das heute ja alles ratzfatz geht, immer dran denken, dass es ebenfalls Handwerker sind, die immer noch an der Elbphilharmonie, dem BER, dem Kölner Dom und Stuttgart 21 herumbasteln, obwohl das alles längst fertig sein sollte.
- Der dumme Vogel fängt keinen Wurm, ganz egal, wie früh er auch aufsteht. (Alte Ornithologenweisheit)
193. Woche: Gegengerade
- Leider Fakt: Wenn fast alle Ohren verschlossen sind, werden die, die stets ein offenes Ohr haben, irgendwann taub sein.
- Profitipps für den Hausflohmarkt respektive die Wohnungsauflösung:
1. Nichts reservieren, da geht es nur um Vorkaufsrecht und Cherrypicking
2. Taschenkontrolle
3. Die wirklich hochpreisigen Dinge mit abschreckenden Preisschildern versehen
4. Schauen, dass im Sommer gestorben wird, die Luft ist einfach besser, das Wetter meistens auch
5. Ohne Bargeldnot verhandelt es sich einfach entspannter
6. In die Anzeige schreiben, dass Leute, die vorher da sind, nix kriegen und das eiskalt durchziehen
- Excelritter: Manche kennen diese Spezies. Da gibt es eine penible, seriös recherchierte Kalkulation, die endlich nach mehreren Runden abgenickt wird, bevor der Excelritter um die Ecke kommt, um mit einem Schwertstreich pauschal auf alles 20% zu geben. Sind dieselben Helden, die sich nach einem halben Jahr darüber wundern, warum sich die Sache am Ende nicht gerechnet hat.
- Fingerzeig: Wer schmutzige Hände hat, kann ganz entspannt mit dreckigen Fingern auf andere zeigen.
194. Woche – Cool down
- Gesunder Menschenverstand: So nützlich bei richtiger Anwendung!
- Erdmöbel: Shane MacGowan konnte nicht eingeäschert werden, weil die Betreiber des Krematoriums eine Verpuffung fürchteten. Dieselben Betreiber haben damals nach einem Gutachten auch die Einäscherung von Lemmy Kilmister verweigert. Trotz Saufen auf diesem Level doch noch 65 zu werden, geht nur mit guten Genen.
- Schöne neue Bandnamen:
• BENKO-KIDS (Blender-Rap)
• DIE HILDMANN’S (Nevermind-Goa)
• MERZ YOUTH (Grindcore)
• TUNNELSYSTEM (Underunderground)
• HMS (wohlstandsverwahrloster Sympathie-Raperock)
• LETZTE GENERATION AM ARSCH (noch so ein DACKELBLUT-Derivat)
• LABERN UND NIX TUN (Diskurs-Wave)
• MML – Maybrit-Maischberger-Lanz (Laber-Rock mit viel Text)
• GESCHEITERTE RANDEXISTENZEN (Homeless Dubstep)
• STUHLKREIS (Singer/Songwriter-Jammer-Rock mit GG Allin-Elementen)
• KRÖSUS (Wohlstandsmetal, kein Release für unter 100,-)
• BERND HÖCKES SÖHNE (uneindeutiger Rechtsaußenrock)
• DIE KARSTADTS feat. Galeria K. (Uneasy Listening)
• THE SCHLECKERS (Retrorock für Kleinanleger)
• M.U.S.K. (@lphapsychodelic)
• OSTEURO (Verliererrock für AfD-Wähler)
• SIEBEN FINGER (KI-Pop)
• ELBENTOWER (Impro-Jazz-Math-Skizzen-Shuffle)
• GEWINNWARNUNG (Excel-Soul, quasi Buchhalter-Gospel)
• FLUTSCHFINGER (Siebziger-Revival)
• Do Not Talk Talk (Quietambient)
• WHLSTNDSVRWHRLST (Klugscheißer-Melodic-Metal)
• DIE LETZTEN HEDONISTEN (Retro-Chill-Out)
- Solistalking: Solidarität mit Menschen, bei denen man selber nicht willkommen wäre? Manche ziehen sich die willkommene Opferrolle auch gerne über, damit sie sich wenigstens einmal so etwas wie „unterdrückt“ fühlen können. Gepamperte Wohlstandskinder auf der Suche nach dem Leid anderer Leute, bevor die Karriere endlich durchstartet. Kommt einem bekannt vor? Hippies von früher sind in Teilen heute Anwälte oder pensionierte Cops.
- Hot Pants: Ist eigentlich noch jemandem aufgefallen, dass nahezu alle postapokalyptischen Filme aus den Achtzigern eine Gemeinsamkeit aufweisen, mal ganz abgesehen davon, dass alles kaputt ist? Fast alle tragen äußerst kurze Klamotten, das ganze Jahr über, weil es permanent verdammt heiß ist. Ein dezenter Hinweis auf die Erderwärmung oder reiner Zufall? Ich jedenfalls glaube nicht an Zufälle.
195. Woche – Anwesend!
- Geschenke, die von Herzen kommen: Besorge Geschenke immer so, als würdest du sie einem Sterbenden vermachen, um sie anschließend zu erben. Das ist lediglich der umständliche Weg für „Was würde mir Freude bereiten?“. Findest du deine Geschenke ungeöffnet/Mint-in-Box in einem Nachlass, lagst du geschmacklich daneben, hast andererseits nun aber vielleicht selber ein bisschen Freude daran.
- Herbstzeitlose: Wenn’s mal scheiße läuft, dann läuft meistens auch noch die Nase.
- Quittieren: Die DHL-Aushilfe kommt und hält mir sein Pad ohne irgendwas hin. Ich male ein Smiley und bestätige. DHL-Büttel: „Ist das Ihre Unterschrift?“ Me: „Wenn ich nicht mit dem Finger hätte unterschreiben müssen, weil Sie ihren Stift verloren haben, hätte ich gerne drei Kreuze gemacht.“ Fand er nicht lustig.
- Mathematik: Betrunkene und Kinder sagen immer die Wahrheit. Was aber ist mit betrunkenen Kindern?
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