(LP, Weird System, 1984)
Der erste „Keine Experimente“-Sampler von 1983 lieferte einen guten Überblick über die bundesdeutsche Punk-Szene dieser Zeit. Das Label erklärte auf dem Textblatt: „Gehobene Chancen haben in Zukunft Gruppen im Ami-Stil von FLIPPER, SS DECONTROL, BLACK FLAG, SUICIDAL TENDENCIES.“ Und die zweite „Keine Experimente“-Compilation zeigte dann, dass es zahlreiche Bands in der BRD gab, die sich nicht nur von britischem Punkrock beeinflussen ließen. Denn Anfang macht eine Ansage von Willy Millowitsch, die TORPEDO MOSKAU sogleich mit „Halt’s Maul“ kommentieren. Schon bei der Hamburger Band zeigt sich, wie sich klassischer Pogo mit US-Punk verbinden lässt. Noch im selben Jahr veröffentlichten TORPEDO MOSKAU ihre geniale LP „Malenkaja Rabota“ auf Weird System. Für AGEN 53 aus Verden war es ihr Vinyl-Debüt und ihre zwei Songs sind manische Ohrwürmer. Die 1979 gegründeten CRETINS aus Hannover meldeten sich nach zweieinhalbjähriger Schaffenspause und mit veränderter Besetzung ebenfalls mit zwei Tracks zurück. Ihre zwischenzeitlichen Aktivitäten unter anderem bei ARISTOCATS, KALTWETTERFRONT und vor allem BLUT + EISEN sind hier unüberhörbar. Die Göttinger „Blechbüchsenarmee“ TIN CAN ARMY lieferten wieder ihren gewohnt genialen Hardcore-Punk ab. Doch Weird System wollte bei den beiden Songs einige Änderungen. So fehlt bei der Bandhymne T.C.A. am Anfang die „Internationale“ und der zweite Song, der eigentlich „OiOiOi Naziskinheads“ hieß, wurde in „Dead born babies“ umbenannt, da der Originaltitel dem Label zu provokant war. „Oi! is a dead born baby“, lautet die erste Zeile und der Song beschreibt klar den damaligen Zustand der Skinhead-Szene. Die einzige Band auf diesem Sampler, die eher klassischen deutschen Pogo-Punk spielte, sind VØLXFRØNT aus Frankfurt. Für die Band war das ebenfalls ihr erstes Release und gleichzeitig auch das einzige, da sie sich schon 1985 wieder auflösten. Die Berliner PORNO PATROL um David Pollack waren eindeutig „Ami-Punk“ und wegweisend. Auch NEUROTIC ARSEHOLES waren von Weird System für den Sampler angefragt worden. Ihre beiden Songs zeigen bereits das fantastische Potenzial dieser Band, das sich auf ihrer zweiten LP „Angst“, die 1985 auf Weird System erschien, voll entfalten sollte. Und EA80 bewiesen, dass sie auch krachigen Hardcore können, ohne ihren einzigartigen Charme zu verlieren. CHAOS Z hießen zum Zeitpunkt der Aufnahme schon FLIEHENDE STÜRME, verwendeten auf Wunsch des Labels für den Sampler aber noch mal den alten Namen – Düsterpunk par excellence. Die Erstauflage von 1.000 Stück erschien auf lilafarbenem Vinyl und die ersten 10.000 Platten wurden handnummeriert. 2002 gab es vom Label noch mal eine Neuauflage dieser genialen Compilation.
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