„Euer Paradies ist etwas, das ich nicht ertragen kann. Ich will hier nicht mehr sein“, singt Tim McIlrath in „I don’t want to be here anymore.“ Es ist der zweite Song des neuen RISE-AGAINST-Albums „The Black Market“.
Und es ist eine Art Schlüsselsong, weil er nämlich erstens mal wieder in der typischen Manier dieser Band ein Rundumschlag gegen den politischen und gesellschaftlichen Status quo auf dieser mitunter wirklich üblen und schlechten Welt ist.
Und weil der Song zweitens das seit Bandgründung konsequent verfolgte „Konzept Ohrwurm“ einmal mehr gekonnt auf die Spitze treibt, ohne den Ursprung – den Punkrock – aus den Augen zu verlieren oder zu verleugnen.
Die RISE AGAINST-Vorgabe ist seit jeher: „Verpacke deine Kritik in eine Hülle, auf die auch jene Menschen abfahren und anspringen, die sich sonst keine Gedanken machen würden über diese Kritik.“ Und das ist genau der Punkt, den all die Krakeeler, die dieser Band das Engagement bei einem Majorlabel und die großen Hallen und die millionenfach verkauften Alben in blinder Ignoranz und mit geradezu krankhaftem Szenepolizeigehabe vorwerfen, nicht erkennen oder einfach nicht erkennen wollen: RISE AGAINST verknüpfen Aggression, Wut, Verzweiflung und Ästhetik in Songs wie „The eco-terrorist in me“, „The great die-off“ oder „Methadone“ zu einem intelligenten, punkmusikalischen Ganzen, das nicht nur jene wenigen Stars des Genres, die noch größer sind als das Quartett aus Chicago, blass aussehen lässt.
Dieses punkmusikalische Ganze nutzen sie auch geschickt und konsequent ihrem Ursprung verbunden dazu, auf ihre Position aufmerksam zu machen. RISE AGAINST sind die zur Band gewordene Maxime des „Mach das Beste für andere aus deiner Popularität“.
Mit Egoismus, Anbiedern an den Mainstream und einem Abkoppeln von diesem ohnehin abstrakten Konstrukt „Szene“ hat das herzlich wenig zu tun. Natürlich ist die Gefahr trotz allem groß, dass viele – vielleicht zu viele – Menschen ihre Platten kaufen und zu ihren Konzerten rennen, nur weil die Musik so obercool und superpunkig ist.
Der Punk ist nun einmal zu großen Teilen vereinnahmt worden von Menschen, die ihn nicht verstanden haben, aber glauben, ihn zu durchschauen. Doch dies macht das Vorgehen von RISE AGAINST nicht einen Deut schlechter.
Die Musik sowieso nicht, auch wenn es auch auf „The Black Market“ gegenüber früher die eine oder andere abgeschliffene Ecke und Kante gibt. Fakt ist: RISE AGAINST gehen mit „The Black Market“ ihren Weg weiter und tun das auf ihre hervorragende Art und Weise.
Das macht die Band authentisch und glaubhaft. „The Black Market“ ist so gut in Text und Musik, in Attitüde und Relevanz, dass das aktuelle Oeuvre einer Band wie etwa, nun ja, GREEN DAY entlarvt wird als beliebige Orgie des Rumdreschens ohne Sinn und Künstlerverstand.
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