BROILERS-Frontmann Sammy Amara ist keiner, der sich rar macht in den sozialen Netzwerken. In den vergangenen Monaten meldete er sich regelmäßig zu Wort – mal mit kurzen Videos, mal mit seinen serienfolgenlangen „Dachboden-Episoden“, Und immer wieder klang dabei eines heraus: Dieses neue Album seiner Band, dieses ominöse Tonträgergeheimnis namens „Puro Amor“, werde den Menschen dort draußen Glücksgefühle bescheren. Das schwöre er gar „nackig in die Hand“, Gleichzeitig nahm Sammy Amara vorweg, dass die BROILERS auf der neuen Platte nicht mit genau den Elementen geizten, die ihnen seit dem Mammutwerk „Vanitas“ (2007) gerade die „Früher war alles besser“-Fraktion mit Vorliebe als No-Gos um die Ohren haut: Pathos, Liebe, Pop. Kurzum, „Puro Amor“ ist der nächste schmale Grat, den sich die BROILERS zum Lustwandeln ausgesucht haben. Denn die Fans der ersten Stunde, die seit Jahren auf ihre ehemalige Lieblingsband motzen, werden sich mit Grausen abwenden. Mal wieder. Das steht fest. Die Band führt ihre soundtechnischen Spielereien dennoch mit Vergnügen fort. „Alter Geist“ ist teilweise mehr Funk und Glam als Punk und versehen mit einem Electro-Pluckerbeat. „Trink mich doch schön“ fällt als seltsamer Hybrid aus Reggae, Soul und Karibikschunkelei aus dem Rahmen. In „Dachbodenepisoden“ versuchen sich Sammy Amara und Ron Hübner an dezenten The-Edge-Gitarren vor einer in den Strophen nur spärlichen Klangkulisse. Hinzu kommen zahlreiche Selbstzitate: Es geht um „brennende Brücken“. Um die Farbe Schwarz. Die Klassikergeschichte von „Paul der Hooligan“ wird weitergeschrieben – der schwere Junge ist jetzt verknallt und samtzart. „Nicht alles endet irgendwann“ ist „Harter Weg (Go!)“ (2011) in leicht veränderter Tonart. „Nach Hause kommen/Zurück zu mir“ kommt als Zwilling von „Ist da jemand?“ (2014) um die Ecke. Und überhaupt geriet „Puro Amor“ stilistisch zur Umarmung der vergangenen drei BROILERS-Alben „Santa Muerte“, „Noir“ und „Sic!“. Aber „Puro Amor“ ist eben auch ein Album voller Leidenschaft und Emotionen. Ein Album, das wie kein anderes der BROILERS zuvor das vom Leben Gezeichnete in jedem einzelnen Menschen beachtet. Es geht um Verlust von Essentiellem – Liebe, Freundschaft, Glück. Und darum, denen, die diesen Verlust zu beklagen haben – und das sind ja irgendwie wir alle –, Mut und Hoffnung zu machen. „Puro Amor“ ist ein Album, das jedem Menschen, der etwas verloren hat – sei es im Lockdown oder zu anderen Zeiten – tief aus der Seele spricht. Ihn oder sie ohne Fragen zu stellen einfach abholt. Es ist in sich schlüssig. Und es ist musikalisch vielleicht einmal mehr nicht so, wie es die ewig Rückwärtsgewandten der Szene gerne hätten. Aber es ist so, wie die BROILERS eigentlich immer schon waren: mutig und mit Konsequenz sowie Passion von sich selbst überzeugt. Und zwar vollkommen zu Recht. Was bitte ist Punk, wenn nicht das?
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