BROILERS

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Klare Kante

Das letzte BROILERS-Interview erschien im Juni 2011 in Ox #96, wurde geführt vor Erscheinen von „Santa Muerte“, jenem Album, das für die Düsseldorfer Band den erhofften Durchbruch brachte, inklusive Top-10-Charteinstieg. Wie ist es seitdem gelaufen, wie war 2012, was sind die Pläne für 2013? Ich traf mich an einem verregneten Montagabend Ende Oktober mit Frontmann Sammy Amara in einer Düsseldorfer Kneipe auf ein Glas Rotwein – und wie fast schon zu erwarten wurde aus dem geplanten kurzen Interview doch wieder ein langes ...

Sammy, was hast du heute gemacht?


Ich komme gerade von meinem Schreibtisch, vom Songs-Schreiben: Schreibtisch, Monitor, Notebook, Mikrofon am Stativ, Kopfhörer, Akustikgitarre. Eine Melodie habe ich schon, die spiele ich, überlege mir eine Textzeile, und wenn sie funktioniert, tippe ich die ins Notebook. Dann schwenke ich das Mikro ran, nehme das auf und höre mir es an.

Das klingt ziemlich organisiert.

Leider ist das nicht romantisch, nein. Ich sitze nicht im Schneidersitz auf dem Teppich, habe kein Glas Rotwein vor mir. Ich muss mich jetzt extrem auf neue Stücke konzentrieren, denn die Zeit läuft, Anfang November machen wir erste Vorproduktionen für das neue Album. Ich kann am besten unter Druck arbeiten, ich krieg den Arsch nicht hoch, wenn ich Zeit habe. Erst wenn es kurz vor knapp ist, setze ich mich hin, freue mich dann aber auch darauf, und muss dann in meinem Chaos so was wie einen Plan haben. Im Proberaum haben wir eine große Liste an die Wand gepinnt, da kann ich jetzt ein Kreuz machen, wenn ich was erledigt habe.

Und du kannst planvoll kreativ sein? „Morgen ist Montag, da schreibe ich neue Songs“?

In einer idealen Welt ja, aber in der Praxis nein. Ich setze mich hin und versuche es, und mal klappt’s, mal nicht – meistens nicht ... Ich kann nicht sagen, dass ich heute einen Song fertigmachen will, das klappt nicht, aber es ist ein gutes Gefühl, sich konzentriert zu haben und es zumindest versucht zu haben. Ich freue mich auch wirklich auf die Arbeit diese und nächste Woche.

Wie sieht deine „Komfortzone“ aus, was muss stimmen, damit du gut arbeiten kannst?

Ich habe große Schwierigkeiten, wirklich Ordnung zu halten, ich bin ziemlich chaotisch. Dabei mag ich es gerne ordentlich, ich bekomme das aber nur schlecht hin. Deshalb musste ich jetzt erst mal mein Arbeitszimmer so aufräumen, dass ich mich dort wohlfühlen kann. Mein Schreibtisch ist sehr groß, das dauert eine ganze Weile, bis der so unordentlich ist, dass ich nichts mehr finde – und dann fliegt alles runter.

Und so hat man eine schöne Ausrede, sich vor der Arbeit zu drücken – so lange es nicht aufgeräumt ist, kann man ja nichts tun ...

Du hast mich durchschaut. Leider ist es so, ich bin ja um Ausreden nie verlegen. Mich treibt dann immer das schlechte Gewissen, ich weiß ja, dass ich was tun muss. Außerdem bin ich nicht besonders entscheidungsfreudig, wenn es verschiedene Optionen gibt, dauert es lange. Wenn dann noch von außen auf mich eingeredet wird, etwa vom Label, macht es das alles nur noch schlimmer ... Dann werde ich trotzig und mache gar nichts.

Ist der Druck größer geworden, nachdem das letzte Album den erwarteten Erfolg hatte?

Das ist schon ein enormer Druck, aber du erwischst mich zu einer guten Zeit, denn ich freue mich aufs Studio und bin zuversichtlich, was die Songs betrifft. Wüsste ich nicht, dass unter den Demosongs, die wir jetzt aufnehmen, drei, vier Nummern sind, bei denen ich sicher bin, dass die funktionieren, wäre ich nicht so entspannt. Selbstbewusstsein würde ich das aber nicht nennen, das ist Selbstüberschätzung, haha. Ich glaube, jeder Mensch kann irgendwas, daraus ziehe ich mein Selbstbewusstsein. Dabei kann ich weder Gitarre spielen noch singen, aber ich glaube, wir haben als Band ein Händchen dafür, durch unsere Musik Gefühle zu erzeugen. Erstaunlicherweise sind wir jetzt – wir hätten das früher nie geglaubt – in gewisser Weise kommerziell erfolgreich. Punkbands haben nichts in den Charts zu suchen, und doch ist es passiert. Es ist schon bezeichnend dafür, wie am Arsch die Charts sind.

Wir haben uns zuletzt Ende März 2011 unterhalten, da war das Album noch nicht raus, du hattest keine Ahnung, was passieren wird. Wie hat sich dann alles entwickelt?

Ich war damals unsicher, was passiert, wusste nur, dass etwas passiert. Ich war mir unsicher, wie neue Fans auf uns reagieren, was die alten Fans sagen. Uns war klar, dass es einen Schritt nach vorne geht, aber wie groß würde der sein? Ich saß nach der Albumveröffentlichung hier in dieser Kneipe und dann kam der Anruf, dass wir auf Platz 3 sind, das war unglaublich. Damit hatte keiner gerechnet. Es ging ab da steil nach oben, es kamen mehr Leute zu Shows, die Shows wurden größer, und das Gefühl in der Band war besser als je zuvor, wir waren super eingespielt, locker und entspannt. Wir wussten, dass wir genau das machen können, was wir wollen, und die Leute genau das geil finden. Das hat uns eine enorme Sicherheit gegeben. Das Album war ja ein logischer Schritt, wir haben uns ja von Album zum Album weiterentwickelt – und vielleicht gibt es ja auch mal ein Album, das wieder einen Schritt zurück geht, härter und rauher ist. Auch das fände ich geil.

Sind die BROILERS und ihr Erfolg Teil von ... irgendwas? Deutschsprachige Rockmusik verkauft sich in den letzten Jahren zunehmend besser. Bands mit einer gewissen „Streetcredibility“, die früher nie in Chartregionen hätten vorstoßen können, sind jetzt dort vertreten.

Ich merke so was immer in „Schnapsmomenten“ auf Festivals. Wir spielen mittlerweile recht viele größere Festivals, bei denen viele verschiedene Musikrichtungen zusammen kommen, was ich schon immer gut fand. Bei einem Festival wie dem „Endless Summer“ ist im Prinzip klar, dass man gut ankommt, dass man genauso tickt wie das Publikum. Da hängt man dann mit befreundeten Bands wie LOIKAEMIE oder VOLXSTURM rum. Mittlerweile ist es aber auch bei den großen Festivals so – denk an RISE AGAINST als Co-Headliner bei Rock am Ring –, dass da viele Bands aus „unserem“ Kontext spielen, dass Leute wie Thees Uhlmann, Casper, KRAFTKLUB und BROILERS zusammen am Start sind, um eine Alternative zu dem ganzen konservativen Scheiß aufzuzeigen, der, wie wir wissen, immer populärer wird.

Weniger schön ist, dass Bands wie KRAWALLBRÜDER und FREI.WILD so einen Höhenflug haben. Im Kern sind die in der gleichen Szene wie ihr verwurzelt – ihr aus dem schöneren Teil, die aus dem hässlicheren. Wie schwer ist es, da im Einzelfall „klare Kante“ zu bewahren, wenn die auch auf die großen Festivals gebucht werden?

Bei KRAWALLBRÜDER habe ich den Werdegang zu wenig verfolgt, würde sie aber nicht zwingend in dieser Ecke vermuten. Ebenso bin ich in dieser Deutschrock-Szene nicht drin, stelle aber fest, dass diese „Neue Rechte“ sich in jüngster Vergangenheit gefährlich zahm und fromm gibt. Rechtskonservativ zu sein ist gerade wohl einfach angesagt bei manchen Jugendlichen, und mir macht das Angst. Vielleicht ist das ja eine Reaktion der Kids auf liberale Eltern? Ich finde es ebenfalls auf keinen Fall gut, dass die alten Säcke, die im Musikgeschäft das Sagen haben und eigentlich liberal sind, auf diese Weise und mit solchen Bands Geld verdienen, in dem sie solche Bands buchen oder unter Vertrag nehmen. Das finde ich extrem verwerflich, das ist ekelhaft.

Im Falle von FREI.WILD sind da Leute im Geschäft, die einst schon mit den BÖHSEN ONKELZ Geld verdient haben.

Die Onkelz selbst, das muss man sagen, waren nach ihrer Skinheadphase nie so heftig konservativ unterwegs wie jetzt diese Südtiroler, das kann man nicht vergleichen. Vielleicht müssen die Leute links von der Mitte wieder „gefährlicher“ werden, klarere Ansagen machen! Das ist mir alles zu hippiemäßig geworden, und Kids haben eben keinen Bock auf Schneidersitzhippies. Ich habe Angst, dass durch diffuse Instrumentalisierung, zum Beispiel dieser italienischen Band, schleichend und leise rechte Werte unter das Volk und die Jugend gebracht werden. Da wird so lange so viel zwischen die Zeilen gepresst, bis sich das Ganze verselbständigt und irgendwann wirklich gefährlich wird.

Du meinst, dass es scheinbar selbstverständlich ist, dass so eine Band wie FREI.WILD in den Charts sein kann?

Ja, oder wenn Hip-Hopper patriotische Lieder singen, da rollen sich mir die Fußnägel auf. Ich verstehe das nicht, das ist Scheiße. Rockmusik war für mich immer anti, nicht konservativ, eben nicht dem bayerischen CSU-Mainstream entsprechend und ich erwarte, dass Undergroundszenen wie Punk, Metal oder Hip-Hop diesen Anspruch wahren.

Inwiefern zeigt ihr eurem Publikum mit klaren Ansagen, wofür ihr steht? Wie wichtig ist es euch, bei allem Spaß auch eine bestimmte Haltung zu vermitteln?

Das ist uns sehr wichtig. Das fängt für mich schon damit an, dass wir bestimmte Coversongs spielen, auf alte Reggaemusiker verweisen, Sachen wie MADNESS oder Desmond Dekker. Das reicht aber nicht, deshalb gibt es auch klare Ansagen und hinterher den Song „An all den Schmutz“, aber ich weiß auch, dass sich gewisse Leute dann am liebsten mit dem Rücken zur Bühne stellen würden, um danach weiterzupogen. Darüber kann man schon verzweifeln, ich weiß ja, dass diese Leute leider überall sind, die sind auch mal bei den BRIGGS im Düsseldorfer AK47, die sind bei den TOTEN HOSEN, den ÄRZTEN, den BEATSTEAKS, bei SLIME. Das, was im Köpfchen ist, steht eben auf keiner Stirn. Ich weiß echt nicht, was man als Band da noch tun kann. Wenn wir bei Facebook schreiben, dass man uns nach dem Festivalauftritt am Stand der „Kein Bock auf Nazis“-Initiative zur Autogrammstunde treffen kann, dann finden das die allermeisten Fans cool. Irgendeiner schreibt aber „Schwul!“, und das wiederum liken ein paar andere, was uns die Gelegenheit gibt, uns deren Profile, Freunde und Likes anzuschauen und siehe da, Sepia-Fotos von alten Soldaten, Marschmusik aus Marshalls und viel Heimattreue – Tschüss, tschüss und tschüss! Darum, die dann rauszukicken, kümmert sich bei uns konsequent jemand. Was ich nicht verstehe: Warum gefallen wir diesen Leuten überhaupt?! Fehlender Stolz, das ist für mich das Problem dieser Leute! Wenn ich so unterwegs wäre wie diese Typen, würde ich mich doch nicht an der „Propaganda“ des „Feindes“ beteiligen! Und dann steht da auch noch die personifizierte Rassenschande auf der Bühne, schau mich doch an! Das verstehe ich alles nicht.

Und so stehen dann Typen mit dem FREI.WILD-Shirt bei euch auf dem Konzert und glotzen doof, wenn der Saal „Nazis raus!“ skandiert.

Ich glaube, dass manche dieser Fans gar nicht rechts sind – die sind einfach ein bisschen naiv. Ich mag es nicht, Menschen „aufzugeben“, wenn sie tendenziell in die falsche Richtung laufen. Wir kennen doch beide Leute aus der Skinhead- und Punk-Szene, die heute überzeugte Antifaschisten sind, aber eben eine üble Vergangenheit haben. Ich bin der Meinung, dass wenn jemand es wirklich ernst meint und sich mit allen Konsequenzen von dieser Vergangenheit löst, dann darf man dem nicht die Tür vor der Nase zuknallen. Aber dieser Bruch muss konsequent sein, absolut konsequent – weg mit dem alten Scheiß und nicht lauwarm, no way back!

Es gibt aber auch einfach Menschen, denen all das egal ist, die sich für rechts und links nicht interessieren.

Auf „egal“ im politischen Sinne habe ich keinen Bock, die sollen sich verpissen. Wem es egal ist, ob jemand mal Nazimusik und mal SLIME hört, mit denen kann und will ich nicht diskutieren. Das ist noch schlimmer, als einen Fascho vor dir zu haben, ganz ehrlich. Wenn aber jemand einfach nur doof ist, es einfach nur mal erklärt bekommen muss, dann muss man sich da mal hinsetzen.

Du erwähntest vorhin die „Kein Bock auf Nazis“-Initiative, die ihr supportet. Was tut ihr jenseits von Ansagen auf der Bühne noch, um eure Überzeugungen zu vermitteln?

Vor allem machen wir so was über Interviews und über unsere Social Network-Kontakte. Wobei ich mir in Interviews manchmal auch doof vorkomme, ich möchte ja kein Typ sein, der da steht und den Zeigefinger erhebt. Dennoch lenke ich Interviews auch mal auf solche Themen, mir liegen sie ja am Herzen und deshalb nutze ich die Gelegenheit, wenn ich die Leute, wenn ich schon ihre Aufmerksamkeit habe, auf etwas hinweisen kann, was mir wichtig ist. In diesem Sinne schreibe ich auch die Texte: ab und zu mal klare Ansagen, aber weiter kommt man, wenn man den Leuten die Gelegenheit lässt, selbst zu reflektieren.

Texte mit Aussage sind dir wichtig. Ausgehend davon stelle ich die Frage, wieso eigentlich aus Richtung Pop- und Rockmusik so wenig klare Worte zu hören sind angesichts der sozialen Verwerfungen und Krisen in Europa. Wo ist der politische Protestsong dieser Tage?

In den oberen Charträngen hat so was keine Chance. Grönemeyer hatte mal so einen Song Anfang der Neunziger, und „Schrei nach Liebe“ von den ÄRZTEN geht auch in diese Richtung. In Zeiten, in denen sogar die Bild-Zeitung schreibt, dass Terror von rechts furchtbar ist, hat so was mal eine Chance, ansonsten interessiert das die Leute nicht. So was stört nur die Gemütlichkeit beim „Bauer sucht Frau“-Gucken.

Euer „An all den Schmutz“ ist auch schon von 2002.

Auf der nächsten Platte wird es ein Lied geben, das sich mit der stets unverbindlichen Mitte beschäftigt, mit Menschen ohne Meinung. Es heißt „Gift in der Mitte“, es geht da um Menschen, die dann, wenn irgendwas in der Bild-Zeitung steht, nur sagen „Genau, das muss man ja wohl mal sagen dürfen!“. So was nervt mich. Und es nervt, dass sich in den Charts kaum Singles mit Inhalt finden. Manche Bands haben auf den Alben ja durchaus Songs mit Inhalt, etwa die TOTEN HOSEN, und ich habe die Hoffnung, dass sich jemand das Album wegen „Tage wie diese“ kauft und dann entdeckt, dass da auch noch ein paar andere Themen sind. Gleiches gilt für Casper, bei dem auch die Grundattitüde stimmt. Xavier Naidoo ist was ganz anderes, der machte mir wirklich Angst, als der bei der EM mit seinen Deutschlandfähnchen auftauchte und irgendwas laberte, man dürfe ja auch mal stolz sein. So was erschüttert mich, es nervt mich, es geht mir auf den Sack.

Wut ist eine gute Motivation.

Das stimmt, Trauer und Wut sind sicher die besten Emotionen, wenn es darum geht Lieder zu schreiben. Wenn ich gute Laune habe, dann möchte ich saufen und nicht Lieder schreiben! Ich habe aber auch gemerkt, dass man die erste Wut erst mal vergehen lassen muss, um nicht zu plump zu werden.

Kannst du denn über diesen einen Song hinaus schon verraten, wo es mit dem nächsten Album hingehen wird?

Nö, keine Ahnung. Ich habe schon viele Ideen, möchte aber nicht, dass sich ein Drittel des Albums um diese „Neue Rechte“ dreht. Dann lieber ein, zwei Songs, die klar sagen, was Sache ist. Die anderen Themen kommen aus meinem Privatleben. Eine Idee, vor der ich aber nicht nicht weiß, wie ich das umsetzen werde, dreht sich um den für mich zentralen D.I.Y.-Gedanken. Müsste ich die Frage beantworten, worum es bei den BROILERS geht, dann wäre das die Antwort. Also seinen Arsch hochkriegen, sich nicht hängen lassen, auf die Fresse fliegen, wieder aufstehen, sich nicht unterkriegen lassen, Neues ausprobieren, Erfahrungen sammeln. All das, was geil ist da draußen, wurde gemacht von mutigen Frauen und Männern, die einfach Bock hatten, mal was auszuprobieren – und sich das auch getraut haben.

Im Kern spiegelt das aber auch wider, was in wirtschaftsliberalen und neoliberalen Kreisen gedacht wird. Das unterstelle ich dir nicht, aber für mich ist das ein typisches Beispiel dafür, dass etwas, was unsereins als absolut positiv ansieht, in der Hand anderer zu etwas Negativem werden kann.

Ich habe irgendwann entschieden, dass ich das, was ich für richtig halte, auch sage. So laufe ich nicht Gefahr, irgendwelche Scheiße zu erzählen und mir zu widersprechen. Ich denke, dass ich ganz gute Einstellungen vertrete, halte mich für einen Humanisten, obwohl mir Menschen auch mal auf den Sack gehen können. Alles, was menschenverachtend ist, widert mich an. Wenn ich sage, dass ich es blöd finde, sich hängen zu lassen, dann heißt das nicht, dass ich nicht akzeptiere, dass es jemandem auch mal nicht so gut geht und man sich dann eben etwas hängen lässt. Aber immer nur rumjammern, wie beschissen alles ist und dass alle gegen einen sind, das ist dämlich. Aufzustehen, das war und ist für mich Punk! Als ich damals die ersten Punkplatten vor mir hatte, dieses Schnipsellayout sah, da wusste ich, das kann ich auch.

Mitte Dezember spielt ihr zwei Tage nacheinander in der Düsseldorfer Philipshalle – ausverkaufte Konzerte in der Heimatstadt, das ist eine Nummer.

Oh ja! Wir werden an beiden Tagen zusammen ungefähr 15.000 Leute haben und das Ganze ist die Erfüllung unseres größten Traums. Wir werden uns den Arsch aufreißen!

Eure Mamas und Papas schauen von hinten aus der VIP-Lounge zu?

Auf jeden Fall! Die sind ja extrem stolz, die freuen sich mit uns. Die sind dann glücklich, wenn ihre Kids glücklich sind. Ich finde es schlimm, wenn Eltern das, was ihren Kindern wichtig ist, nicht beachten. Für die ist das, was wir erreicht haben, genauso unverständlich wie für uns: von der Band ohne Akkorde zur ausverkauften Philipshalle.

Wie wichtig war auf dem Weg dorthin die mit „Santa Muerte“ neu eingegangene Partnerschaft mit dem Management und Label der TOTEN HOSEN – hat euch diese „Protektion“ geholfen?

Extrem weitergebracht hat uns die Zusammenarbeit mit Kingstar Booking – Timo hat also einen entscheidenden Anteil an unserem Erfolg. Früher haben wir meist nur mit anderen Oi!-Bands gespielt, aber er gab uns die Chance, auch mal mit genrefremden Bands aufzutreten. Durch ihn konnten wir dann mal mit den MISFITS spielen, mit TIGER ARMY, und das war ein extrem wichtiger Schritt. Außerdem waren wir gezwungen, Struktur in unser Bandchaos zu bringen, unsere Finanzen in Ordnung zu bringen, und so weiter. So hatten wir anfangs zunächst einen kleinen Nebenverdienst und waren irgendwann so weit, dass wir davon leben konnten – alle bis auf Christian, der Orgelspieler. Der hat Frau und Kind, der ist unser „Erwachsener“, der arbeitet noch in seinem alten Job, wenn auch weniger. Oder die Sache mit dem Merch, wir schafften es nicht mehr, das selbst zu verschicken, da wurden die Leute nach vier Wochen sauer, und das ging nicht. Es tut gut Menschen wie die Jungs und Mädels von JKP dabei zu haben, die uns den Rücken freihalten und stets willige Saufpartner sind. Ob die TOTEN HOSEN was mit unserem jetzigen Erfolg zu tun haben – ich kann das nicht beurteilen. Aber die haben uns sicher geholfen, indem sie hier und da auf uns hingewiesen haben, und das hat uns deshalb schon gefreut, weil sie für uns eine extrem wichtige Band waren und sind.

Was wird 2013 bringen?

Das neue Album, das ist sicher. Ich gehe davon aus, dass es warm ist, wenn das Album erscheint. Und ich glaube, der Punkrock-Anteil wird gegenüber dem Ska- und Reggae-Anteil größer sein. Ich freue mich schon aufs Studio, und im Sommer stehen dann wieder die Festivals an. Bis dahin haben wir auch Konzertpause, ich muss mich um das Artwork für das Album kümmern – hinter den Kulissen geht es also ordentlich weiter.