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Holger Flügge

Es gibt Menschen, die lesen das Ox schon (fast) so lange, wie es das Heft gibt, also seit 1989. In dieser Serie werden einige davon vorgestellt. Diesmal: Holger Flügge aus Walsrode.

Bitte stell dich vor. Alter, Wohnort, was machst und arbeitest du?

Ich heiße Holger, bin 56 Jahre alt und wohne in Walsrode. Zur Zeit arbeite ich halbtags in der Buchhaltung einer Jugendhilfeeinrichtung, die andere Hälfte des Tages betreibe ich einen kleinen Onlineshop und verschicke gebrauchte Schallplatten und CDs in die ganze Welt.

Kannst du dich noch erinnern, seit wann du das Ox liest und wo du es damals gekauft hast?
Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, es muss so Anfang der Neunziger gewesen sein, wahrscheinlich an einem Bahnhofskiosk. Auf jeden Fall hatte ich kurz zuvor der Spex abgeschworen. Ich war auf der Suche nach einer Musikzeitschrift mit einer CD-Beilage, da das damals in der Provinz eine der wenigen Möglichkeiten war, neue Bands und Künstler zu entdecken.

Was waren damals deine Lieblingsbands, welche sind es heute?
Eine Lieblingsband ist es für mich, wenn mir auch nach zwanzig oder dreißig Jahren noch Schauer den Rücken hinunterlaufen, sobald ich den ersten Song einer ihrer Platten höre. Damals wie heute sind das EA80, JOY DIVISION, CRIME & THE CITY SOLUTION und GUN CLUB. Aktuell kommen noch die SLEAFORD MODS und GEWALT dazu.

Was denkst du, warum bist du dieser Punk/Hardcore-Jugendkultur bis jetzt treu geblieben? Was bedeutet sie dir heute?
Ich bin mit Punk und Fußball aufgewachsen beziehungsweise wurde dadurch sozialisiert, der Fußball hat sich leider relativ schnell in Richtung Kommerz verabschiedet. Da blieb nur noch Punk übrig, haha. Alle Versuche, sich einer anderen Kultur oder Lebensweise anzupassen, schlugen mehr oder weniger fehl. Punk bedeutet für mich heute immer noch DIY. Du kannst es selber, also mach es. Mache Fehler und lerne daraus. Es bedeutet für mich auch gegen Ungerechtigkeit, welcher Art auch immer, den Mund aufzumachen und nicht alles zu schlucken.

Bitte gib uns eine schmeichelhafte Antwort auf die Frage, was dir fehlen würde, wenn es das Ox nicht mehr gäbe.
Mir würde auf jeden Fall die Gewissheit fehlen, dass es da draußen auch noch andere Leute gibt, die genauso oder ähnlich drauf sind wie ich. Dieser Gedanke macht mir jetzt ein wenig Angst. Außerdem würde mir die CD-Beilage fehlen. Ich habe darauf schon so einige coole Bands entdeckt.

Was liest du als Erstes im Ox, was eher selten?
Als Erstes eindeutig „Aus dem Tagebuch eines Gewinners“ von Tom van Laak. Danach dann „Livestyle“ sowie die Platten-Reviews von Kalle Stille, die eigentlich immer eine sichere Bank sind. Wenn der Herr Stille nur nicht immer die Raucher so diskriminieren würde, könnten wir bestimmt Freunde werden. Ich lese eigentlich immer das gesamte Ox.

Das Ox hat sich im Laufe der Jahre musikalisch geöffnet, jedoch ist der Fokus auf Punk und Hardcore geblieben. Wie ist es mit deinem Musikgeschmack?
Ich habe Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger mit englischem Punk angefangen, danach kamen Oi!, Gothic, Wave, HipHop ... Mein Fokus liegt immer noch auf Punk, Indie, Alternative ... aber ein gutes Lied ist ein gutes Lied, unabhängig vom Genre.

Gibt es ein besonderes Erlebnis, das du mit dem Ox verbindest?
Das Ox hat mir irgendwann zu verstehen gegeben, dass es an der Zeit ist, einen Augenarzt aufzusuchen.

Was findest du gut am Ox?
Das konsequente Beibehalten der Schriftgröße, haha. Die Vielfalt der interviewten Bands und der besprochenen Platten, Berichte mit politischem Hintergrund.

... und was sollten wir endlich mal ändern?
Da ihr schon so lange durchgehalten habt, gibt es wohl kaum etwas, das ihr ändern solltet. Oder um es in der Fußballersprache zu sagen: Never change a winning team. Ich wäre sogar bereit, einen höheren Preis für mein Abo zu zahlen, wenn das dem Fortbestehen des Ox dienen würde.

Und was wolltest du uns schon immer mal sagen?
Ox, ich hab dich richtig lieb.