Es gibt Menschen, die lesen das Ox schon (fast) so lange, wie es das Heft gibt, also seit 1989. In dieser Serie werden einige davon vorgestellt. Diesmal: Christian Demmelmeier aus Berlin.
Bitte stell dich vor. Alter, Wohnort, was machst und arbeitest du?
Mein Name ist Christian und ich habe gerade das fünfzigste Lebensjahr vollendet. Der Wohnort ist Berlin-Neukölln. Da hat es mich aus der Hallertau über das Berchtesgadener Land, Erfurt und Magdeburg hinverschlagen. Ich bin gelernter Jurist, habe mehrere Jahre als Rechtsanwalt gearbeitet. Seit 2012 war ich als Referent in verschiedenen bündnisgrünen Fraktionen tätig, insgesamt dreimal als Referent in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen. Nun arbeite ich als Referent der bündnisgrünen Fraktion im Brandenburger Landtag. Ich höre natürlich wahnsinnig gerne Musik, habe auch in einer Punkband gespielt, die sogar hier besprochen wurde, singe im Chor – was gerade ja leider nicht geht–, lese und bin auch gerne mal unterwegs, auf Konzerten, in der Stadt, im Museum und auch mal in der Natur.
Kannst du dich noch erinnern, seit wann du das Ox liest und wo du es damals gekauft hast?
Ich kann mich noch erinnern, wo ich auf das Ox aufmerksam wurde. Das war in den Neunzigern in München, im WOM. Welches Heft das war, weiß ich nicht mehr, aber die CD dazu ist die #18. Ich war da wohl auf der Suche nach neuer Musik. Über meine Popmusikzeit als Teenie über Metal, dann Grunge – 1991 ist wohl immer noch in der Hinsicht so ziemlich das beste Jahr, in dem ich mir Musik bewusst aussuchen konnte – erweiterte ich meinen Horizont zu Punk und Hardcore, obwohl DIE ÄRZTE und DIE TOTEN HOSEN haben wir alle gehört. Da habt ihr perfekt reingepasst. Seitdem bin ich mit jedem Heft dabei, irgendwann auch als Abonnent.
Was waren damals deine Lieblingsbands, welche sind es heute?
Natürlich habe ich DIE ÄRZTE und DIE TOTEN HOSEN geliebt. Dazu kamen irgendwann RAMONES, THE CLASH, BAD RELIGION. MOTÖRHEAD fand ich geil, METALLICA haben mich dann auf die MISFITS gebracht. Und so ging das immer weiter. TERRORGRUPPE, WIZO, ... BUT ALIVE, MUFF POTTER, RANCID, THE OFFSPRING. Und so verästelte sich das dann zu „kleineren“ Bands. Zur Zeit mag ich THE MENZINGERS, BE WELL, SPANISH LOVE SONGS, THE BABOON SHOW, THE MUGWUMPS, THE SEWER RATS, aber auch TRAGEDY, HEAVEN SHALL BURN und Thees Uhlmann. Ich liebe halt Musik!
Was denkst du, warum bist du dieser Punk/Hardcore-Jugendkultur bis jetzt treu geblieben? Was bedeutet sie dir heute?
Ich verbinde mit Punkrock neben der Musik auch, mein Leben auf die Reihe zu bekommen und jeden Tag ein besserer Mensch zu werden. Das klingt jetzt ein wenig pathetisch, aber ich empfinde das eben so. Natürlich scheitere ich auch, aber aufstehen und weiter geht’s! Das ist doch Punk! Sich nicht klein kriegen lassen und dazu seine kleine Welt ein wenig zu verbessern. Ich hoffe, das durch meine Arbeit und auch mein Engagement, das zugegeben schon mal ausgeprägter war – ist eben ein Auf und Ab –, ein kleines Stück weit geschafft zu haben. Dazu sind in unserer Punkwelt wahnsinnig vielfältige, kluge und engagierte Menschen unterwegs und außerdem kann man auch richtig gut feiern. Ist auch wichtig!
Bitte gib uns eine schmeichelhafte Antwort auf die Frage, was dir fehlen würde, wenn es das Ox nicht mehr gäbe.
Ihr habt es über eine verdammt lange Zeit geschafft, spannend und lesenswert zu bleiben. Der Mix aus den Topstars der Szene und Bands, die ich ohne euch nicht wahrgenommen hätte, ist toll. Dass ihr manchen Bands auch mal mehrere Seiten einräumt und auch mal von den üblichen Interviewfragen zum neuen Album, auch in kurzen Artikeln, abweicht, finde ich ungemein erfrischend. Und das Wichtigste: Ihr trefft meinen Musikgeschmack von den ganzen Zines am besten. Das würde mir echt abgehen.
Was liest du als Erstes im Ox, was eher selten?
Nach dem Auspacken blättere ich das Heft erst mal von vorne bis hinten durch und bleibe dann bei der Ox-Geschmacks-Control und Top Of The Ox hängen. Dann geht es an die News, die Reviews und dann die Interviews. Die Kolumne vom Chef lese ich immer. Eher selten komme ich auf die Kochrezepte und Peter Pank zurück. Sorry.
Das Ox hat sich im Laufe der Jahre musikalisch geöffnet, jedoch ist der Fokus auf Punk und Hardcore geblieben. Wie ist es mit deinem Musikgeschmack?
Wie schon gesagt, mein Musikgeschmack ist sehr breit gefächert. Als Endteenie landete ich ja beim Metal, irgendwann kam Punk, aber auch Tori Amos habe ich entdeckt. Musik muss mich irgendwie berühren, den Weg in mein Herz finden. Ob das der Text ist, die Stimmung des Songs, die Härte, die Melodie, egal. Es muss in mir eine Saite angeschlagen, ein Gefühl ausgelöst werden, dann kann das jede Form von Musik sein, auch ein guter Popsong. Aber im Großen und Ganzen sollte die Musik schon guitardriven sein. Aber natürlich habe ich meine Favoriten. Was früher besser war, da wusste ich auch noch außerhalb meiner Musikblase Bescheid, was so angesagt ist. Das ist komplett weggefallen. Ich könnte keine Nummer eins der Charts mehr nennen. Das muss ich auch nicht. In unserer Musik gibt es so viel zu entdecken.
Gibt es ein besonderes Erlebnis, das du mit dem Ox verbindest?
Aufregend war es, das Review zur eigenen Platte zu lesen. Man wusste ja, dass es wohl kommt, und wünschte sich, dass es super ausfällt. Dass man dann Schwarz auf Weiß liest, dass jemand das Ding doch nicht so klasse findet wie man selbst, steht auf einem Blatt. Aber das gehört dazu! Ich finde es dazu auch immer spannend, Menschen im Heft zu entdecken, die man kennt oder mal getroffen hat.
Was findest du gut am Ox?
Ich spüre bei euch, dass ihr mit dem Herzen dabei seid und die Musik und auch die Szene wirklich liebt. Ihr zieht das schon so lange durch. Ohne Enthusiasmus geht das nicht, vor allem weil sich ja auch die Medienlandschaft so im Wandel befindet. Liebenswert ist auch, dass ihr bisweilen auch mal Bands über den Klee lobt, wo ich denke, warum. Deshalb seid ihr auch ein Fanzine.
... und was sollten wir endlich mal ändern, abgesehen von der kleinen Schrift?
Ich bin ziemlich glücklich mit dem Heft. Ich freue mich wirklich jedes Mal auf das neue Heft. Ich habe die CD wirklich geliebt. Es war sicher auch mit ein Grund, weshalb ich euch vor zig Jahren wahrgenommen habe. Aber ich höre sie mir nicht mehr wirklich an, sondern stelle sie nur noch zu den anderen. Wenn ihr die weglasst, würde mir nichts fehlen. Ein paar mehr Artikel abseits der Musik würden mir gefallen.
Und was wolltest du uns schon immer mal sagen?
Macht das Heft bitte noch lange lange Zeit weiter und zeigt mir weiter neue oder alte, fast vergessene Bands. Klar, die kann ich auch so finden und mache das auch. Aber ihr bringt doch so etwas wie Ordnung in den ganzen Laden und zeigt uns ein paar subjektive Highlights aus all den Bands. Ihr seid quasi eine:r unserer Kurator:innen im Indie, Punk und Hardcore. Eins noch: Es wäre schön, wenn die Bewertungen der Platten mal wieder weiter streuen würden. Ich habe das Gefühl, alles ist ’ne 8.
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