Es gibt Menschen, die lesen das Ox schon (fast) so lange, wie es das Heft gibt, also seit 1989. In dieser Serie werden einige davon vorgestellt. Diesmal: Kathrin aus Hamburg – die erste Frau in dieser Rubrik! Falls du auch Interesse hast, in dieser Rubrik befragt zu werden, schreib uns. Und besonders willkommen sind uns Zuschriften von Leserinnen – denn ja, ausweislich unserer Abo-Datei gibt es welche!
Bitte stell dich vor. Alter, Wohnort, was machst und arbeitest du?
Kathrin, 43, Hamburg, ich bin selbstständig als Software-Trainerin und Projektleiterin. Außerdem hab ich gerade eine Ausbildung zur Schwimmtrainerin angefangen. Was ich sonst mache? Aktuell? Arbeiten im Wohnzimmer. Sport im Wohnzimmer. Laut Musik hören im Wohnzimmer. Ox in der Hängematte lesen – im Wohnzimmer. Online-Konzerte oder Release-Events feiern, wenn es die gibt, siehe Foto, – na klar – auch im Wohnzimmer.
Kannst du dich noch erinnern, seit wann du das Ox liest und wo du es damals gekauft hast?
Das muss so um 1994 gewesen sein. Mein Bruder hat das damals angeschleppt. Der hat mich auch zum Punk gebracht. Bis dahin war mein Musikgeschmack total verdorben und unaussprechlich schlecht. Aber dann hat er mich mitgerissen und als ich dann den Führerschein hatte, habe ich ihn ins Auto gepackt und wir sind raus aus der nordhessischen Provinz nach Frankfurt oder Kassel zu Konzerten gefahren. Ein unvergessenes Konzerthighlight war 1997 in New York City AFI und SICK OF IT ALL zu sehen. Ich war als Au-Pair in New Jersey, mein Bruder hat mich besucht und wir haben dann die Musical-Karten, die ich besorgt hatte, verkauft und stattdessen die Tickets fürs Konzert gekauft. Beste Entscheidung natürlich. Auf dem Rückflug ist das zweite Foto entstanden.
Was waren damals deine Lieblingsbands, welche sind es heute?
Damals: GOOD RIDDANCE, NOFX, BAD RELIGION. Heute: DETLEF und SUPERNICHTS, die höre ich rauf und runter, seitdem ich sie entdeckt habe vor sechs Jahren. Davon abgesehen höre ich gerade wieder die MIGHTY MIGHTY BOSSTONES – beim Sport im Wohnzimmer super – und HOT WATER MUSIC.
Was denkst du, warum bist du dieser Punk/Hardcore-Jugendkultur bis heute treu geblieben? Was bedeutet sie dir heute?
Ich denk oft, ich bin doch jetzt zu alt für den Scheiß, ich muss doch jetzt Jazz oder so was hören, aber mich packt die Energie immer wieder und ich kann es jetzt gerade kaum abwarten, wieder klatschnass geschwitzt mit Bandshirt in der Menge zu hüpfen und lauthals die Texte mitzusingen. Bis das wieder geht, mache ich das eben zu Hause. Und wahrscheinlich bleibt die Begeisterung dafür so lange, bis ich nicht mehr hüpfen kann.
Die Ox-Leserschaft ist überwiegend männlich. Was denkst du, woran liegt das? Und was könnten wir tun, um das zu ändern?
Hm. Schwierig. Auf Konzerten sieht man ja doch auch immer viele Frauen. Vielleicht nicht in den ersten Reihen, wobei, doch auch manchmal. Ich habe allerdings im Freundeskreis wenige gleichgesinnte Frauen. Wenig heißt fast null. Das war schon immer so und ich bin deswegen auch, nachdem mein Bruder in eine andere Stadt zog, manchmal allein auf Konzerte gegangen. Ist mir lieber als Leute zu überreden, die dann keinen Bock haben und gelangweilt rumstehen. Woran liegt’s? In den meisten Bands spielen nur Kerle, was schade ist. Aber hören Frauen deswegen weniger gern zu? Bestimmt nicht. Ich vermisse in Texten manchmal mehr Niveau und empfinde manches auch echt als – ich sage mal – nicht frauenfreundlich. Aber daran könnt ihr nix ändern – und das ist in anderen Genres vielleicht auch nicht anders, oder? Ich kenne keine anderen Genres ... Bands wie BAMBIX oder BABOON SHOW machen vor, wie gut Frauen Punkrock können und wie kraftvoll Frauen auf der Bühne rüberkommen. Zurück zur Frage, was ihr tun könnt: Frauen wie mich interviewen. Frauen aufs Cover. Mehr fällt mir nicht ein.
Bitte gib uns eine schmeichelhafte Antwort auf die Frage, was dir fehlen würde, wenn es das Ox nicht mehr gäbe.
Ich habe es in den letzten Jahren zweimal ausprobiert, weil ich sparen wollte. Mir fehlten: Neuigkeiten zu Veröffentlichungen, Band-News wie Trennungen etc. und Anregungen, Bands zu hören, die ich vorher nicht kannte. Ich habe viele Jahre aufgelegt in Hamburgs wunderbarer Cobra Bar und da war das Ox für mich eine wichtige Inspiration für neue Mucke. Auflegen tue ich nicht mehr, die Cobra Bar gibt es nicht mehr, aber das Ox ist immer noch die beste Quelle, wenn ich Bock habe, was Neues zu hören oder Hintergrundinfos zu den Bands zu bekommen, die ich kenne.
Was liest du als Erstes im Ox, was eher selten?
Tatsächlich das Editorial, die News und dann die Ox-Geschmacks-Control-Übersicht. Eher selten lese ich die Kolumnen.
Das Ox hat sich im Laufe der Jahre musikalisch geöffnet, jedoch ist der Fokus auf Punk und Hardcore geblieben. Wie ist es mit deinem Musikgeschmack?
Ähnlich. Aber es gibt Stimmungen, da brauche ich dann was ganz anderes. Dann läuft PINK FLOYD, Steve Reich oder gerade höre ich tatsächlich auch mal die neue Helge Schneider!
Gibt es ein besonderes Erlebnis, das du mit dem Ox verbindest?
Nö.
Was findest du gut am Ox?
Oft die Cover, die News-Seiten, Ox-Geschmacks-Control, die Interviews – eigentlich immer gute Fragen –, die Reviews und die Rezepte. Ich gucke auch regelmäßig in eure Kochbücher – das Bratapfel-Rezept mit Streuseln ist legendär – und ich liebe meine Ox-Schürze und die Küchenhandtücher!
... und was sollten wir endlich mal ändern, abgesehen von der kleinen Schrift?
CDs anders befestigen, keine Plastikfolie beim Versand, ein dünneres Heft, damit ich es mal schaffe, alles zu lesen.
Und was wolltest du uns schon immer mal sagen?
Danke. Kommt von Herzen und ist wirklich ernst gemeint. Danke, dass ihr immer noch ein Heft produziert und ich was habe, das ich nicht online lesen muss. Danke, dass auch ihr immer noch den „Scheiß“ macht und das mit einer Haltung, die ich unterstützenswert finde.
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