Ihren Status als eine der wichtigsten Post-Hardcore-Bands haben TOUCHÉ AMORÉ zuletzt vor knapp zwei Jahren mit „Stage 4“ unter Beweis gestellt. Dieser Tage hat die Band um Sänger Jeremy Bolm tatsächlich einen Grund zu feiern: Mit „TA1000“ erscheint ein Mitschnitt des tausendsten Konzertes in ihrer zehnjährigen Bandgeschichte, der ein weiteres Mal unterstreicht, dass die Amerikaner eine der intensivsten Live-Bands des Genres sind. Welche Bedeutung die Show für ihn hatte und wie es ab jetzt weitergeht, erzählt uns Jeremy im Interview.
Jeremy, was ist dir kurz vor dem tausendsten Konzert eurer Bandgeschichte durch den Kopf gegangen? Schließlich war es quasi auch ein Heimspiel.
Um ehrlich zu sein, habe ich an dem Abend einfach nur gehofft, dass alles reibungslos über die Bühne geht. In den Tagen und Wochen vor dem Konzert war ich wirklich aufgeregt und sentimental. Bei der Planung des Abends hatten wir vor, unsere Bandgeschichte so gut es geht darzustellen. Angefangen bei der Setlist über die Supportbands wollten wir in Los Angeles die wichtigsten Highlights präsentieren. Dabei habe ich mich auch noch mal daran erinnert, was ich seit Beginn dieser Band vor zehn Jahren schon alles für verrückte und außergewöhnliche Dinge erleben durfte.
Wenn wir gerade schon bei Retrospektiven sind: Was waren für dich die wichtigsten Momente mit TOUCHÉ AMORÉ?
Für mich war und ist es immer etwas Besonderes gewesen, viele neue Städte, Länder und somit auch neue Menschen kennenzulernen. Ich denke, dass niemand von uns sich so eine Entwicklung für sein Leben in den Anfangstagen unserer Band auch nur hätte vorstellen können. Ich schätze jede neue Erfahrung sowie jede Erinnerung, die ich mit TOUCHÉ AMORÉ sammeln kann.
„TA1000“ ist euer authentischstes Album geworden. Nicht nur, weil es live ist, sondern weil man als Hörer die Emotionen quasi ungefiltert miterleben kann. Würdest du mir da zustimmen?
Im Studio hast du immer die Zeit, einen Take so oft einzuspielen, bis er wirklich perfekt sitzt. Das führt auch dazu, dass man sich viel mehr auf Kleinigkeiten konzentrieren kann. Ein Konzert ist natürlich viel roher. Da man auf dem Live-Album auch meine Ansagen hören kann, geben wir an manchen Stellen einen kleinen Hinweis, in welcher Stimmung wir gerade sind. Der Abend selber war unglaublich emotional. Das Publikum war so dankbar, dass wir uns fast schon wechselseitig unterstützen konnten. Die Energie hat sich hochgeschaukelt. Das hätten wir uns nicht besser wünschen können.
Wie habt ihr die Songs für das Konzert ausgewählt?
Wir wollten einfach alles abdecken, was wir bis jetzt als TOUCHÉ AMORÉ veröffentlicht haben. So kam es sogar, dass wir mit „Negotiating the charade“ einen Song unserer ersten EP gespielt haben, der eigentlich längst keinen Platz mehr in unserem Set hat. Und die Leute haben selbst diesen eher unbekannten Song richtig abgefeiert. Gegen Ende des Konzertes haben wir dann noch Patrick von SELF DEFENSE FAMILY auf die Bühne geholt, um mit ihm „Circa 95“ zu performen, einen Song, der bis dahin noch gar nicht veröffentlicht war. Zusammen mit Jordan von LA DISPUTE spielten wir zum Ende auch noch „I’ll get my just deserve“ und „I’ll deserve just that“.
Während des Konzertes habt ihr ganze 27 Songs gespielt. Wie bekommst du es hin, dir die ganzen Texte zu merken?
Tatsächlich habe ich die meisten der Songs fast schon so verinnerlicht, dass ich sie jederzeit abrufen könnte. Bei den wenigen Songs, die wir sonst nicht im Set haben, musste ich mich tatsächlich noch einmal hinsetzen und sie wieder auswendig lernen. Meist reichen aber nur wenige Worte und mir fällt der gesamte Text wieder ein. Für den Fall, dass ich mal ins Schwimmen komme, ist ja auch immer noch unser Publikum da, das an dem Abend wie immer sehr textsicher war.
Das Publikum leistet vor allem beim letzten Song des Abends, „Honest sleep“, seinen Beitrag, indem es die letzten Takte fast allein schreit. Kannst du beschreiben, was du in dem Moment gefühlt hast?
Ich finde es jedes Mal aufs Neue einfach unglaublich, wie emotional die Menschen mit unseren Songs umgehen. Während der Show denkst du ja auch nicht an das Ende des Abends. Wenn der Moment jedoch gekommen ist und sich alles bis hierhin aufgebaut hat, ist es auch für uns jedes Mal unglaublich intensiv. In solchen Momenten wird mir immer bewusst, wie viel Glück ich hatte, mit dieser Band so viele schöne Dinge erleben zu können. Dass wir Konzerte auf der ganzen Welt spielen können vor Menschen, denen unsere Musik etwas bedeutet, ist, um ehrlich zu sein, gar nicht so leicht in angemessene Worte zu fassen.
Welche Rolle spielte Kurt Ballou, der für den Mix von „TA1000“ verantwortlich ist, an dem Abend?
Er hat dafür gesorgt, dass diese rohe Energie, die man oft bei den von ihm produzierten Platten hat, auch auf unserem Live-Album zu spüren ist. Ich meine, wir haben ja keine großartigen Special-Effects aufgeboten. Das, was unsere Shows auszeichnet, ist die energiegeladene Beziehung zwischen uns und dem Publikum. Wir sind eine Hardcore-Band, und wenn wir schon ein Live-Album machen, muss es sich mindestens so anfühlen, als wäre man dabei gewesen.
Ihr habt vor kurzem mit „Green“ eine Single veröffentlicht. Wie konkret sind denn eure Pläne für einen Nachfolger zu „Stage 4“?
Wir sind gerade erst wieder von einer Tour nach Hause gekommen. Als ich Nick und Clayton das letzte Mal getroffen habe, hat sich gezeigt, dass wir diese kleine Pause von TOUCHÉ AMORÉ gerade genießen. Gegenwärtig investieren wir wieder mehr Zeit in die Aspekte unseres Lebens, die wir in den letzten Monaten und Jahren etwas vernachlässigen mussten. Vielleicht fangen wir in diesem Winter wieder an, neue Songs zu schreiben. Wobei es auch niemand von uns überstürzen möchte.
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