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Diesmal: Der Prinz des Pop-Punk

Er wurde gekrönt: Unser Prinz des Pop-Punk, Machine Gun Kelly! ... Machine Gun Kelly?

Die Monarchie ist jetzt auch endlich im Pop-Punk angekommen – „God save the Queen“ oder so ähnlich. Zumindest sitzt Machine Gun Kelly seit Ende März auf dem Thron des Pop-Punk. Das amerikanische Online-Magazin Billboard, das in den USA für die offiziellen Verkaufscharts von Alben und Singles zuständig ist, hatte in der Ausgabe von Ende März nämlich den ehemaligen Rapper und mittlerweile in Rock-Gefilden wildernden Machine Gun Kelly als „Pop Punk’s Crown Prince“ betitelt. Die Unterschrift darunter war nicht subtiler: „Rock needed a ‚defibrillator‘. Machine Gun Kelly came to the rescue“.

Man kann sich denken, dass so eine Überschrift für Kontroversen sorgt – auf Twitter hat der Post immerhin fast 2.000 zitierte Tweets –, die meisten davon negativ. Machine Gun Kelly braucht aber gar nicht erst ein Online-Magazin wie Billboard, um Schlagzeilen zu machen. Bereits seine zuvor erschienene Single „Emo girl“ sorgte für Internet-Spott und jede Menge virale Videos auf TikTok, in denen sich die meisten Leute darüber den Song lustig machen. Immerhin singt ein erwachsener Mann darüber, dass er in ein Emo-Mädchen verliebt sei. Bedenkt man, dass bei Diskussionen rund um Machine Gun Kelly auch gerne mal Screenshots von seinen alten Tweets gepostet werden – zum Beispiel von 2010, als er twitterte, dass er wünschte, 13/14/15-jährigen Mädchen sollte es verboten sein, so „heiß“ zu sein, damit er sich nicht wie ein Creep fühlt, wenn er sie anschaut –, ist der Songtext reichlich schlecht gewählt. Für andere gelten gerade diese Tweets als Beweis dafür, dass Machine Gun Kelly definitiv Pop-Punk ist – siehe die traurigerweise auffällig lange Liste an Pop-Punk-Bands, gegen die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs erhoben wurden.

Neben Kontroversen rund um alte Tweets wird Machine Gun Kelly auch gerne vorgeworfen, bei Kritik schnell mal das Genre zu wechseln. Zuletzt wechselte er von Rap in den modernen Pop-Punk. Wurde er bei seinem letzten Album noch verhältnismäßig gut in der Szene aufgenommen, sieht es bei seinem neuen Album „Mainstream Sellout“ anders aus – Szene-Twitter und -TikTok sind wenig begeistert. Und nicht selten wurde in letzter Zeit von einem Pop-Punk-Revival gesprochen, mit Leuten wie Machine Gun Kelly, Yungblud und Travis Barker an der Spitze. Sicherlich könnte man so ein Revival jetzt super gut finden, weil neue, junge Leute Musik abseits des Mainstreams entdecken, wenn das denn der Fall wäre und die eigentliche Szene von dieser Entwicklung profitieren würde.

Im Mainstream scheint aber Pop-Punk nur in Bezug auf Machine Gun Kelly stattzufinden, wenn dieser dann eben zum Pop-Punk-Prinzen gekrönt wird, obwohl seine Beteiligung an der Pop-Punk-Szene fast kürzer ist als so mancher Pop-Punk-Song. Die Frage ist, ob Machine Gun Kelly wirklich den Rock neu belebt, wirklich dafür sorgt, dass Gitarrenmusik wieder mehr Platz im Mainstream eingeräumt wird, dass durch ihn wirklich mehr junge Leute neue Musik entdecken und an sie eine ihnen bisher unbekannte Subkultur herangetragen wird. Allerdings fehlt der Bezug zur Szene und damit auch der Zusammenhalt, der Support und die Authentizität einiger Bands des Pop-Punk-Revivals.

Machine Gun Kelly als Einstiegsdroge in den Pop-Punk macht auch deshalb keinen Sinn, weil er auf TikTok größtenteils als Meme dient. Und warum sollte sich die Gen Z mit etwas auseinandersetzen, über das sich alle lustig machen? Dabei hatte Machine Gun Kelly mit seinem 2020 erschienenen Album „Tickets To My Downfall“ ordentlich vorgelegt und hätte damit deutlich mehr die Krone des Pop-Punk-Prinzens verdient, als es bei seinem neuen Album der Fall ist.

Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass Machine Gun Kelly eine verdammt erfolgreiche Schiene fährt – sein neues Album hat es auf Platz eins der US-Album-Charts geschafft, seine Stadion-Tour in Deutschland ist fast ausverkauft. Am Ende des Tages ist Machine Gun Kelly in einer ganz anderen „Pop-Punk-Szene“ unterwegs als die, die rund um den modernen Pop-Punk existiert. Und auch wenn beim Stichwort Pop-Punk-Revival gerne mal Travis Barker erwähnt wird, der aktuell in gefühlt jedem neuen Pop-Punk-Song gefeaturet wird, muss die Frage gestellt werden, ob Barker in der Generation TikTok mittlerweile nicht eher als Ehemann von Kourtney Kardashian bekannt ist denn als der Drummer von BLINK-182.