Anfang des Jahres war der Aufschrei innerhalb Gen Z groß. Plötzlich war ein großer Teil der Musik auf TikTok verschwunden und etliche Videos stummgeschaltet, denn Universal Music Group (UMG) hatte in einem Streit mit TikTok ihren gesamten Katalog von der Plattform entfernt. In dem Kampf für fairere Vergütung von Streams stellt sich jetzt aber ausgerechnet Taylor Swift gegen UMG und die Indies und auf die Seite des Tech-Giganten TikTok. Das sorgt für Freude bei TikTok-User:innen und Unmut in der Musikindustrie.
Bereits im Februar 2024 wurde ein Großteil des UMG-Katalogs von TikTok entfernt, nachdem die beiden Unternehmen sich in puncto Bezahlung der Künstler:innen nicht einig werden konnten. In einer zweiten Takedown-Welle waren dann auch Titel betroffen, bei denen beispielsweise nur ein Composer mitgewirkt hat, der bei UMG unter Vertrag steht. Das war ein wichtiger Schritt im Kampf um einen fairen Deal mit TikTok, um eine zumindest etwas bessere Vergütung von Musik sicherzustellen. Diese Entscheidung von UMG hat sogar Anklang bei den Indie-Vertreten in den USA und Europa gefunden, denn bei einer höheren Ausschüttung seitens TikTok würden alle profitieren. Ein wichtiges Druckmittel bei diesen Verhandlungen war aus Sicht von UMG sicherlich auch das kürzlich erschienene neue Taylor Swift Album „The Tortured Poets Department“, das über UMG vertrieben und vermarktet wird und das wohl keine Promo auf TikTok bekommen sollte – ein herber Schlag für TikTok, hätte Taylor Swift nicht deutlich mehr Macht über ihren Katalog als andere Künstler:innen.
Aber jetzt hat sich Swift auf die Seite der Tech-Giganten gestellt, denn pünktlich zur Promo-Phase zu ihrem neuen Album Anfang April, erschien auch ihr Katalog wieder auf TikTok – zumindest der Teil, an dem sie auch die Rechte besitzt. Es sieht so aus, als habe die Künstlerin einen direkten Deal mit TikTok gemacht, um den Streik von UMG zu umgehen. Aus Marketing-Perspektive ist das ein schlauer Schachzug – die Fans freuen sich, dass ihre Lieblingssongs wieder auf TikTok verfügbar sind, und Swift kann ordentlich Promo über TikTok machen, was die Streaming-Zahlen dank viraler Videos mit Sounds vom neuen Album noch mal richtig ankurbeln wird. Ein Gewinn für die Fans, ein Gewinn für Swift und ein Gewinn für TikTok. Verlierer ist jetzt UMG, die einen wichtigen Teil ihres Druckmittels verloren haben. Und auch die Indies werden am Ende leer ausgehen, wenn kein besserer Deal mit TikTok abgeschlossen wird.
Warum stellt sich also ausgerechnet Swift auf die Seite von TikTok? Gerade sie ist bekannt für ihr Engagement für andere Künstler:innen und den Kampf für faire Streaming-Bezahlungen. Im Jahr 2014 entfernte Swift ihren gesamten Katalog bei Spotify, um ein Zeichen zu setzen und die Plattform für die schlechte Entlohnung von Künstler:innen, Composern und Songwritern anzuprangern. Ein Jahr später, 2015, schrieb sie einen offenen Brief an Apple Music und verurteilte die Plattform dafür, dass sie Rechteinhaber:innen nicht für Streams kompensierte, die während der Nutzung der dreimonatigen Gratisabos entstanden – mit Erfolg: Apple Music vergütet nun auch diese Streams. Aber seitdem ist viel passiert. Ihre Platten-Master wurden nicht an sie, sondern an andere verkauft und Unterstützung ihrer Kolleg:innen war immer rar gesät. Jetzt, als einer der größten Popstars überhaupt, steht sie für sich selbst ein. Einen Teil ihrer Musik wieder auf TikTok verfügbar zu machen, ist auch eine Machtdemonstration. Es ist vor allem ein Mittelfinger an diejenigen aus der Musikindustrie, die sich im Streit um die Rechte ihrer ersten sechs Studioalben gegen sie gestellt haben. Es ist also ihr gutes Recht, sich das zunutze zu machen, wofür sie all die Jahre gekämpft hat: Entscheidungsfreiheit über ihre Musik.
Anfang Mai gab es dann Grund zur Erleichterung bei allen anderen UMG-Künstler:innen: UMG und TikTok sind zu einer Einigung gelangt und die Musik wird auf TikTok wieder verfügbar werden. Genaue Details zu den ausgehandelten Konditionen sind nicht bekannt, wie es aussieht werden aber nur UMG und TikTok vom neuen Deal profitieren und TikToks Stellung als „wichtiges Marketing-Tool“ dank kostenloser Promo scheint ebenfalls eine signifikante Rolle gespielt zu haben. Am Ende bleibt die Frage: Wie viel ist uns Musik wert?
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