Was ist uns Musik wert? Ein Spotify-Abo für knappe 10 Euro, aber wohl auch nicht mehr. Für 10 Euro im Monat kann man doch erwarten, Zugriff auf unbegrenzt viel Musik zu haben, die neuesten Singles und Alben zu hören und auch, dass Künstler:innen eine faire Belohnung erhalten, oder? Immerhin kostet das Produzieren und Machen von Musik heute ja auch gar nichts mehr. Zumindest, wenn es nach Spotify-Gründer Daniel Ek geht.
Schon häufiger ist Daniel Ek mit seinen Kommentaren zur Musik und Musikindustrie negativ aufgefallen, dennoch scheint er aus seinen Fehlern nicht zu lernen und meint, sich auf X (ehemals Twitter) auch weiterhin zur Produktion von Musik und zur Musikindustrie im Allgemeinen äußern zu müssen. So auch Ende Mai, als er twitterte: „Today, with the cost of creating content being close to zero, people can share an incredible amount of content. This has sparked my curiosity about the concept of long shelf life versus short shelf life.“
Er behauptet hier nicht nur, dass Musik „Content“ ist und kaum noch etwas in der „Herstellung“ kosten würde, er stellt auch in Frage, welche Lebensdauer die eine oder andere Musik noch hat. Zugegeben, nicht alles, was an Musik erscheint, ist gut und nicht jedem gefällt jede Musik. Das ist Ansichtssache. Viel interessanter ist aber die Ansicht, Musik sei „Content“ und nicht einfach nur Musik. Bei dieser Definition steigt sicherlich auch die Erwartungshaltung an Künstler:innen, die „Content“ produzieren und somit zum „Content Creator“ werden. Mit diesem Wort steigt auch der Druck, auf Social Media aktiv zu werden, Plattformen wie TikTok zu Promozwecken zu nutzen und sich vor allem auf diese Weise mit den Fans zu connecten und sich als bodenständig und authentisch zu präsentieren. Der Druck, immer mehr Content und immer mehr Sichtbarkeit zu erzeugen, ist hoch, während die Wertschätzung der Musik, die eigentlich im Mittelpunkt stehen sollte, immer weiter sinkt. Das verschlimmert sich zunehmend, wenn Musik nicht mehr als Kultur- sondern als Konsumgut angesehen wird. Etwas, das einem einfach zusteht, da man ja ganze 10 Euro im Monat für Spotify zahlt.
Der Fokus der Musik hat sich verschoben. Die Wertschätzung von Musik ist heute eine andere. Nur vor ein paar Jahren noch war die Beziehung zu Musik eine andere, sie wurde in gewissem Sinne noch mehr als Kunst und weniger als Konsumprodukt angesehen, als man noch ohne mit der Wimper zu zucken, 10 Euro für ein einziges Album auf iTunes bezahlt hat, während heute schon Proteste laut werden, wenn die Möglichkeit einer Erhöhung der monatlichen Spotify-Gebühren auch nur angedeutet wird. Dazu kommt, dass Musik nicht mehr nur um der Musik Willen gehört wird, sondern auch, um sich zu präsentieren. Und das hat Spotify sich auch zum Eigennutz gemacht, mit Tools wie „Spotify Wrapped“, bei dem User:innen jedes Jahr ein gewisses Konkurrenzdenken entwickeln, wer denn die meiste und „coolste“ Musik gehört hat, so dass die „Spotify Wrapped“-Werte möglichst gut auf Instagram teilbar sind.
In dem Sinne ist Musik zu mehr als nur einem Stück Kultur geworden. Leute profilieren sich mit ihrem Musikgeschmack, fühlen sich vielleicht besser als andere, und machen ihren Wert als Fan an Zahlen fest. Das tut sicherlich auch der/die eine oder andere User:in der App stats.fm, wo man alle seine Streaming-Daten einsehen kann und auch nachvollziehen kann, an welcher Stelle im Ranking der meist streamenden Fans eines Acts man steht. So sind sicher nicht wenige darauf bedacht, in den Top 10% vieler Künstler:innen zu stehen und streamen nur basierend auf diesem Ansporn den/die Künstler:in. Das zahlt sich nicht nur insofern aus, dass man auf Instagram oder Twitter damit angeben kann, es gibt für die Top-Hörer:innen bestimmter Künstler:innen auch exklusiven Merch, oder ganz neu, den privilegierten Zugang zu Tickets, wenn Künstler:innen auf Tour gehen. Aktuell profitieren wohl vor allem die großen Mainstream-Künstler:innen von diesen neuen Spotify-Tools, sobald aber auch kleinere Künstler:innen Zugang zu so einem „Benefits-System“ von Spotify haben, kann es für die eigenen Hörer:innen motivierend sein, die Musik des Lieblings noch ein wenig öfter zu streamen. Spotify hat es damit geschafft, Musik in ein „Rewards System“ umzuwandeln. Kein Wunder also, dass Daniel Ek Musik mittlerweile als „Content“ und nicht einfach als Musik im Sinne von Kultur betrachtet.
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