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Diesmal: Die TikTokifizierung von Spotify

Nachdem bereits unter anderem Instagram mit „Reels“ und YouTube mit „YouTube Shorts“ vom Kurzvideoplattform-Giganten TikTok geklaut haben, folgt jetzt auch Spotify. Aber natürlich viel besser und Artist-orientierter als die Konkurrenten – wie man es eben von Spotify (nicht) gewohnt ist.

Im März hat Spotify beim „StreamOn“-Event einige neue Funktionen vorgestellt, die im Laufe des Jahres verfügbar gemacht werden sollen. Eines dieser neuen Features nennt sich „Clips“ und befindet sich bereits jetzt in der Beta-Phase. Ähnlich wie „Reels“, „Shorts“ oder ganz klassisch eben „TikTok-Videos“ verrät der Name bereits, wo die Reise damit hingehen soll. Auf Spotify soll Künstler:innen mit „Clips“ in Zukunft die Möglichkeit geboten werden, vertikale, maximal 30 Sekunden lange Videos hochzuladen. In seinem Blog beschreibt Spotify das neue Feature fast wie ein Gegenargument zu TikTok: „Dazu kommt noch, dass Musik auf vielen der beliebtesten sozialen Videoplattformen keine Priorität hat.“ Demnach soll bei „Clips“ kein von Nutzer:innen erstellter Content hochgeladen werden, sondern nur der von Künstler:innen.

Anders sieht das natürlich bei TikTok aus, wo Content, der von User:innen erstellt wird, klar im Mittelpunkt steht. Und während Spotify nun eine Alternative bieten will, in der die Musik im Fokus steht, scheint der Streaming-Gigant vergessen zu haben, welchen Einfluss TikTok mittlerweile auf den Zugang zu Musik besonders bei jungen Nutzer:innen hat. Schon längst spielt TikTok eine große Rolle, wenn es bei Gen Z um das Entdecken von neuer Songs und Musiker:innen geht. Nicht zuletzt ist eine Band wie FLEETWOOD MAC das beste Beispiel – ohne virale TikTok-Sounds wären die wenigsten der Gen Z wohl darauf gekommen, einen Fankult rund um die 1967 gegründete Gruppe zu entwickeln.

Natürlich werden Bands, und zwar gerade die, die bei einem Majorlabel sind, die neue Funktion von Spotify nutzen, obwohl sie bereits auf TikTok erfolgreich Werbung für ihre Musik machen. Denn „Clips“ kann sicherlich auch einige Vorteile bringen. Zum einen könnten sich Artists potenziell mit „Clips“ eine eigene, Fan-basierte und noch größere Reichweite auf Spotify aufbauen. Zum anderen könnte es so noch engeren Kontakt zu den Nutzer:innen geben, denn eine persönliche Message in einem dreißigsekündigen Video zur neuen Musik kann sicherlich Fanbindung bewirken. Außerdem funktioniert „Clips“ deutlich zielgerichteter als TikTok: Die Videos sind direkt mit der Musik der Artists verknüpft, die Nutzer:innen müssen nicht erst zwischen zwei Apps switchen, um sich einen Song abzuspeichern, und es bietet die Chance für exklusive Ankündigungen über Spotify.

Aber brauchen wir wirklich noch mehr Kurzvideo-Plattformen? Wohl kaum. Insbesondere da Spotify keine Social App ist. Niemand geht auf Spotify, um sich Videos anzuschauen – schließlich gibt es dafür schon TikTok. Man geht auf Spotify, um Musik zu hören. Es ist ein digitaler CD-Player, nicht mehr und nicht weniger. Zumal es sowieso schon einen absoluten Überfluss an Content gibt und Artists wohl auch in Zukunft auf TikTok versuchen werden, einen viralen Clip zu erreichen. Schließlich haben etliche Beispiele wie etwa Lady Gagas „Bloody Mary“ gezeigt, dass virale TikTok-Hits einen massiven Einfluss auf das Streaming haben. Ob man damit jetzt eine treue Fanbase aufbauen kann, ist die andere Frage.

Außer Frage steht aber, dass sich TikTok bereits als Tool zur Musikentdeckung in der Gen Z durchgesetzt hat und man mit Musik-Content auf TikTok durchaus eine breite Masse erreichen kann. Dank der „For You Page“ können alle möglichen Leute erreicht werden, von denen der Algorithmus denkt, dass sie an deinem Content interessiert sein könnten. So erreichst du deine Zielgruppe plus Nutzer:innen darüber hinaus. Und für einen kleinen Anstoß im Spotify-Algorithmus ist das sicherlich nicht verkehrt.

Am Ende ist „Clips“ nur eine weitere Funktion, für die Bands zusätzlichen Inhalt produzieren müssen. Für Artists mit einem riesigen Team im Rücken sicherlich kein Problem und eine gute Möglichkeit, exklusiven Inhalt zu bieten, für eine DIY-Band aber schon ein Problem.