Im November 2021 sollte es mit dem Astroworld Festival endlich wieder richtig losgehen. Die Freude über die Rückkehr des Festivals wird aber stattdessen überschattet: Während eines Auftritts bricht eine Massenpanik aus, zehn Menschen sterben. Das versetzt nicht nur die HipHop-Szene in Aufruhr.
Am 5. November findet in Houston, Texas, zum dritten Mal das HipHop-Open-Air-Festival Astroworld statt, das 2018 durch den Rapper Travis Scott ins Leben gerufen wurde. Nachdem das Festival 2020 wegen Corona nicht stattfinden konnte, soll es 2021 wieder losgehen. Doch als am Abend der Hauptact, Travis Scott selbst, auftritt und die Menschen von der Second Stage Richtung Hauptbühne strömen, befinden sich ganze 50.000 Menschen im Publikum. Es kommt zu einem dichten Gedränge, das in einer Massenpanik endet. Zehn Menschen sterben, mehr als 300 Menschen werden verletzt. Das Internet wird mit Spekulationen, Vorwürfen und Bildmaterial geflutet.
Nur kurz nach der Tragödie trendet das Thema bereits auf Twitter, unzählige Bilder und Videos von den Geschehnissen machen die Runde. Darunter wird auch immer wieder der Vorwurf laut, Travis Scott hätte die Tragödie verhindern können, wenn er nur das Konzert abgebrochen hätte. Sein Auftritt ging noch ganze vierzig Minuten weiter, nachdem die Polizei die Veranstaltung bereits zu einem „Mass Casualty Event“ erklärt hatte – ein Ereignis mit mehreren Toten.
Die Ursache für die Massenpanik ist – Stand Dezember – noch ungeklärt. Dennoch hagelte es bereits etliche Klagen gegen den Konzertveranstalter Live Nation und auch gegen Travis Scott selbst. Empört und erschüttert zeigten sich die Menschen vor allem auf Social Media, wo etliche Videos vom Festival viral gingen. Darunter auch ein Clip, in dem man Travis Scott auf einer Plattform stehen sieht, während das Publikum lauthals „Stop the show“ schreit.
Einige Travis Scott-Fanboys eilten dem Rapper zur Hilfe – auf seinen Shows würde es öfter wild zu gehen, seine Konzerte wären bekannt für „Raging“, was man in unserer Szene wohl eher als Moshen oder Pogen bezeichnen würde. Doch diese Ausrede ließen Szene-TikToker nicht lange auf sich sitzen. In kürzester Zeit gingen etliche Videos viral, in denen Bands Konzerte abbrachen, nachdem sie in der Crowd Belästigungen, Arschlöcher oder Leute entdeckten, die offenbar Hilfe brauchten. So ging beispielsweise ein Video von RAGE AGAINST THE MACHINE-Sänger Zack de la Rocha viral, der einen Auftritt abbrach, um einen Übergriff auf einen weiblichen Fan zu stoppen. Oder ein Video von Kurt Cobain, wo auch er seine Show unterbrach, um einen Übergriff zu beenden und anschließend den Angreifer absolut bloßzustellen. Oder Billie Joe Armstrong, der während eines Konzerts 2006 kurzerhand auf einen Typen im Publikum draufsprang, der übergriffig wurde. Es sollte deutlich werden, was TikTok-User mit diesen Videos zeigen wollten. Nämlich dass Künstler durchaus mitkriegen, was im Publikum abgeht.
„Raging“ – Moshen – ist keine Ausrede dafür, wenn Menschen verletzt werden oder die Sicherheit der Crowd gefährdet wird. Nicht umsonst gibt es in der Szene unausgesprochene Regeln, an die sich alle halten. Oder zumindest halten sich die Leute daran, die keine Arschlöcher sind. Etwa dass man Leuten hoch hilft, wenn sie im Moshpit hinfallen. Dass man aufpasst, dass niemand niedergetrampelt wird. Dass man sichergeht, dass keiner im Pit verletzt wird. Was nicht heißen soll, dass es bei einem Punk-Konzert absolut ausgeschlossen ist, dass es zu einer Massenpanik kommen könnte. Aber: Es ist kaum vorstellbar, dass es solche Szenen wie beim Astroworld Festival gibt. So zeigt ein hunderttausendfach gesehenes Handyvideo, wie Männer auf einen Rettungswagen klettern, um Travis Scott besser sehen zu können, während die Sanitäter versuchen, zu den Verletzten durchzukommen.
Aber zum Glück ist Travis Scott durch seine Beziehung zu Kylie Jenner Teil der Kardashian-Familie. Die wird alles in ihrer Macht stehende tun, um auch diese „schlechte Publicity“ unter den Teppich zu kehren und das mediale Interesse und die Aufmerksamkeit von TikTok auf weniger heikle Themen zu lenken. Es wird sich zeigen, welche Konsequenzen – falls überhaupt – diese Tragödie nach sich ziehen wird.
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