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HEAVEN SHALL BURN

Of Truth And Sacrifice

Zimperlich waren sie ja noch nie. Auch „The Wanderer“ (2016) als bislang letztes Album oder ihre anerkannten Meisterwerke „Iconoclast“ (2008), „Invictus“ (2010) und „Veto“ (2013) waren schon opulente Plattenbiester.

Die letztgenannten bilden gar eine Trilogie. Doch „Of Truth And Sacrifice“ schlägt dem Metal- und Metalcore-Fass nur den Boden aus. Wer die bereits episch angehauchten Klänge des „March of retribution“ als Intro hört, der hört die Einführung in einen Monolithen aus 19 Songs, die einem in den darauf folgenden fast 100 Minuten (!) um die Ohren knallen und in die Magengrube fahren.

„Of Truth And Sacrifice“ ist ein einziges Fest des Wummerns und Dröhnens, des Schreiens und Krachens. Es klingt, wie die Welt derzeit ist: aus den Fugen geraten. Größenwahnsinnig. Zerstörerisch.

Irrsinnig. Aber eben auch irrsinnig gut in alldem. Hier sitzt jedes Riff. Jede Zeile. Das neue HEAVEN SHALL BURN-Album ist wie eine dicke Steinplatte, in die sämtliche Sünden der Menschheit geschlagen wurden und die nun vom Himmel fällt, auf dem Boden zerbirst und alles zum Wackeln bringt.

Fremdenhass, Unterdrückung, Machtmissbrauch, Umweltzerstörung, religiöser Fanatismus, Heimatlosigkeit – alles kommt auf den Tisch. Gleiches gilt auch für die Musik: Gebremst wird nur selten, etwa in „My heart and the ocean“.

„Thoughts and prayers“, „Eradicate“ rasen hingegen voran. „Uebermacht“ spielt zu Beginn mit elektronischen Versatzstücken, ehe es als Predigt über einen hereinbricht. „Expatriate“ ist garniert mit Klassikverweisen.

Und alles klingt dennoch stimmig. Durchdacht und mit Leidenschaft zusammengeleimt. Im Interview sagt Bassist Maik Weichert, dass „Of Truth And Sacrifice“ zwar rein zufällig zum Doppelalbum geraten, am Ende aber sogleich auch als Statement gedacht gewesen sei.

Nach dem Motto: Jetzt haben wir schon mal alles rausgelassen, jetzt bleibt das auch so. Sollen die Leute mal gucken, was sie damit anfangen. Und wer dieses Mammutwerk hört, kann das sehr gut verstehen.

Es spricht aus jeder Zeile, jeder Note: Diese Band – die ja nach wie vor aus „Hobbymusikern mit Hauptberufen“ besteht – wäre wohl einfach geplatzt, wenn sie „Of Truth And Sacrifice“ nicht so, genau so hätte aufnehmen und veröffentlichen können.

„Of Truth And Sacrifice“ ist eine Eruption der Wut, des Hasses, des „Bewegt euch! Tut etwas! Lasst nicht zu, dass alles vor die Hunde geht.“ Und es ist in all seiner Aggression ein Manifest tiefer Menschlichkeit.

Vor allem aber ist „Truth And Sacrifice“ Opulenz in Perfektion, der man sich zu widmen sich nicht scheuen sollte – weil es so viel zu entdecken und verstehen gibt. Ketzerisch könnte man auch sagen: Wacken, wo HEAVEN SHALL BURN ja schon abräumten, wird bei der nächsten Mega-Show definitiv überfordert sein.

Diese Band ist zu groß für ein Festival wie dieses.