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MELVINS

Tarantula Heart

Bei den 1983 gegründeten MELVINS muss ich immer etwas amüsiert an die Jahre 1993 bis 1996 zurückdenken, als diese für drei Platten beim Major Atlantic gelandet waren, wie so viele andere Vertreter der Grunge-Ära der Neunziger Jahre. Im Zuge des immensen Erfolgs von NIRVANA vernebelte Geldgier oft den realistischen Blick auf das tatsächliche kommerzielle Potenzial der betreffenden Bands, siehe auch MUDHONEY. „Houdini“ und „Stoner Witch“ mögen zu den „kommerziellsten“ Platten der MELVINS gehören, aber mit „Stag“ war dann die Geduld bei Atlantic erschöpft und die Hoffnung auf einen NIRVANA-Nachfolger verflogen. Amüsant war in diesem Zusammenhang auch die vermarktungstechnische Hilflosigkeit, denn man versuchte die MELVINS als Metal-Act unters Volk zu bringen, auch wenn deren Metal-Anteile weit unter dem lagen und liegen, was ein durchschnittliches Metal-Publikum toleriert, was auch für ihre Akzeptanz bei Alternative-Rock-Fans gilt. Seitdem kochen die MELVINS ihr spezielles Grunge-Sludge-Doom-Süppchen, das mal mehr, mal weniger extrem ausfällt. Im letzten Jahr erschien ihr THROBBING GRISTLE-Tribute-Album „Throbbing Jazz Gristle Funk Hits“ auf Amphetamine Reptile, jetzt folgt das reguläre Album „Tarantula Heart“ auf Ipecac. Und bereits der 19-minütige Eröffnungsstrack „Pain equals funny“ zeigt die gesamte Bandbreite des MELVINS-Schaffens, zwischen wuchtigen Riffs, erstaunlich eingängigen Momenten und kompletten stilistischen Auflösungserscheinungen, wo THROBBING GRISTLE wirklich nicht mehr weit sind. Die MELVINS in Vollendung im konstruktiven Destruktionsmodus zwischen Genie und Wahnsinn.