MELVINS

Everybody Loves Sausages

Man kann nicht gerade behaupten, dass die MELVINS in den letzten Jahren schlechte Platten gemacht hätten. Aber irgendwie konnte mich der Sludgerock der Herren Buzz Osborne und Dale Crover, die seit Anfang der Achtziger der Motor der MELVINS sind, nicht mehr wirklich überraschen, auch wenn mich ihr letztes, selbst für diese Band recht weirdes Album „Freak Puke“ von 2012 in dieser Hinsicht Lügen strafen mag.

Dem folgt jetzt „Everybody Loves Sausages“, auf dem die MELVINS ihnen wichtigen Bands und Songs Tribut zollen. Schon beim Überfliegen der Tracklist wird klar, dass „Everybody Loves Sausages“ sicherlich keine ganz alltägliche Coverversionen-Platte ist, denn die MELVINS lassen diese Songs auf eigenwillige wie subjektive Weise Revue passieren.

Den Anfang macht „Warhead“ von VENOM, 1984 als Single erschienen, was noch mal verdeutlicht, dass sich gerade diese Band auch in Nicht-Metal-Kreisen immer großer Beliebtheit erfreute und bei den MELVINS stilistisch deutlich ihre Spuren hinterlassen hat.

Mit Scott Kelly von NEUROSIS am Gesang – ein durchaus würdiger Ersatz für das kehlige Knurren von Cronos. Gefolgt vom zuckrigen QUEEN-Song „Best friend“ von „A Night At The Opera“ – der Gegensatz könnte kaum extremer sein.

Die Hammond-Orgel des QUEEN-Originals wird hier durch ein cheesy klingendes Billig-Keyboard ersetzt, aber letztendlich ist „Best friend“ mehr schräge Hommage als respektlose Parodie. Im Anschluss gibt es mit „Black Betty“ den Schrecken jeder Dorfdisco, zumindest was die Version von RAM JAM angeht, denn die eigentlichen Ursprünge des Songs reichen wohl bis ins 18.

Jahrhundert zurück. Bei „Set it on fire“ von der großartigen australischen Band THE SCIENTISTS singt dann passenderweise Mark Arm von MUDHONEY, denn der Song könnte auch von dessen eigener Band stammen.

Am bemerkenswertesten auf „Everybody Loves Sausages“ dürfte allerdings das epische David Bowie-Stück „Station to station“ sein, ein schönes Beispiel für das damalige avantgardistische Rockverständnis des Thin White Duke, hier vertreten durch JG Thirlwell von FOETUS.

Des weiteren würdigen die MELVINS noch Divine – mit dem gleichnamigen Song des John Water-Films „Female Trouble“ – und die schrägen Hippies THE FUGS sowie die wenig bekannten POP-O-PIES und TALES OF TERROR, letztere laut Kurt Cobain und Mark Arm ein Einfluss für die Grunge-Szene.

„Attitude“ von THE KINKS erfährt eine punkige Rundumerneuerung, und für „Art School“ von THE JAM tauchte der frühere AmRep-Labelboss Tom Hazelmyer aus der Versenkung auf. Und beim grandiosen „In every dream home a heartache“ von ROXY MUSIC steckt Gastsänger Jello Biafra das Original Bryan Ferry förmlich in die Zwangsjacke, während er in der Gummizelle seine Vocals einsingt – gruselig.

Zum Abschluss gibt es etwas von den Industrial-Pionieren THROBBING GRISTLE. Für King Buzzo sind sie die beste Band aller Zeiten, mit „Heathen earth“ hat er eine komplette Platte (von der die MELVINS mal „Dreammachine“ „gecovert“ hatten) auf vier Minuten reduziert hat.

Darf man das? Aber diese Frage kommt zu diesem Zeitpunkt schon zu spät, zumal das gerade der Witz an „Everybody Loves Sausages“ ist.