Das dritte Album hieß „Nimm drei“, das achte „Gib acht!“ und Nummer zehn trug den Titel „10“ – „3D“ ist jetzt auch nicht viel kreativer. Sei’s verziehen, immerhin ist die edle Covergrafik authentisch passend zum Albumtitel. Kreativität können Gunnar und Band eben eher beim Songwriting. Diese Qualitäten beweisen sie zum Beispiel in „Was zur Hölle“ mit einem mal anderen Blick auf die Beschissenheit der aktuellen Welt. Die Single gab’s vorab und war auf der letzten Tour schon zu hören. Auch musikalisch ist „3D“ kein Vergleich mehr zu „Nimm drei“, das dritte Album ist mittlerweile auch fast 25 Jahre alt. Insgesamt ist „3D“ wieder eine bunte Mischung aus kräftigem Punkrock („Brennt alles nieder“, „Zusammen“) und Balladen („Abends halb zehn“, „Alles nur Chemie“). Ersteres Stück erinnert schmerzhaft an Ereignisse wie jene in Hanau, Solingen und Rostock-Lichtenhagen und man merkt, wie präsent letztere beide noch immer sind. Irgendwie haben Gunnar und Krel, Holger und Stefan auch nach mehr als dreißig Jahren hauptsächlich noch immer keine Lust auf Gute-Laune-Musik. Das hält die Band trotz Konfetti-Kanonen-Konzerten auf immer größer werdenden Bühnen sympathisch und authentisch. Durch die DRITTE WAHL-Biografie zieht sich aber auch die Regel: Mindestens eine Ballade pro Album und Mut zu einem albernen Track. Den Haken hinter diese To-Do-Liste machen DRITTE WAHL diesmal mit „Elektro Merten“, „Abends halb zehn“ und „Alles nur Chemie“. Letzterer ist tatsächlich eine wenig aussagende Liebesschnulze, während bei „Elektro Merten“ eine Mischung aus Kapitalismuskritik und Schwermut mitschwingt. Und dann ist da noch der alberne Track, der ist in meinen Augen „Wenn ich groß bin“. Auch wenn die Intention dahinter nicht belanglos ist: lang geschmiedete Pläne, die mal wieder nicht in die Tat umgesetzt werden. Und da merke ich wieder: Es sind genau solche netten Geschichten jenseits von Straßen- und Dosenbierschlachten, die DRITTE WAHL noch immer liebenswert machen. Die Herangehensweise als Frage-Antwort-Spiel ist dabei durchaus Geschmackssache. Das Highlight von „3D“ hätte es fast nicht mal aufs Album geschafft: Der Track „Zusammen“ kommt auf der CD als Bonustrack und zur LP als 7“. Im Netz hat der Song für Missverständnisse und hitzige Diskussionen gesorgt. Es geht subtil um den Zusammenhalt innerhalb einer Szene, einer Gruppe, einer Gemeinschaft, der zwar oft besungen und beschwört, aber in der Realität dann doch oft vermisst wird. Dies ist eine der wenigen „Wohoo“-Hymnen der Rostocker. Und genau das ist zusammen mit dem Nonsens-Text („Wenn wir zusammen sind, dann sind wir zusammen“) ein gelungener Arschtritt für all jene, die zwar viel über Zusammenhalt singen, aber doch nicht viel zu sagen haben – und das gibt es auch im Punkrock viel zu häufig. Schön also, dass DRITTE WAHL auch auf „3D“ noch immer viel zu sagen hat.
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