Vier Jahre sind seit dem letzten KMPFSPRT-Album vergangen. Vier Jahre, in denen viel passiert ist und die die Welt ordentlich auf den Kopf gestellt haben. Wir sprechen mit Gitarrist, Sänger und Songschreiber David Schumann über das vierte Album „Euphorie und Panik“.
Warum hat es dieses Mal etwas länger mit einem neuen Album gedauert? Lag es an der Seven Inch, der Pandemie oder dem Schlagzeugerwechsel?
Alles drei, aber wir haben auch nie gesagt, dass wir alle zwei Jahre ein neues Album aufnehmen wollen. Meistens haben Richard und ich für uns geschrieben, uns dann getroffen und unsere Arbeit zusammengeführt. Dies war aus pandemischen Gründen nicht so einfach und mit der Seven Inch hat es sich auch so angefühlt, als hätte man ein ganzen Stück Arbeit geleistet. So eine EP zu machen ist ja auch wie einen Berg besteigen. Du kletterst einen steilen Weg hoch, der viel Energie kostet, dann rutschst du auf der anderen Seite runter und danach musst du erstmal wieder was erleben, um über etwas schreiben zu können.
Ihr startet die Platte mit einem Zitat von GORILLA BISCUITS. Haben sich die Erfahrungen, die ihr mit eurer Hardcore-Platte gesammelt habt, auf dieses Album ausgewirkt?
Wir beginnen die Platte mit einem Zitat aus „Start today“, dies ist eine geile Transition von der Seven Inch zum Album. So ein Augenzwinkern an alle, die das Gesamtwerk unserer Band betrachten. Musikalisch ist jetzt nichts dabei, was härter ist als das, was wir sonst gemacht haben. Von der Seven Inch ist aber hängengeblieben, dass wir auch mal Riffs mit Powerchords geschrieben haben, die kannst du auf den ersten drei Alben mit der Lupe suchen.
Ihr habt mit Produzent Kurt Ebelhäuser aufgenommen, der sich durch seine Arbeit mit den DONOTS, ADAM ANGST oder PASCOW auszeichnet – wie war die Zusammenarbeit?
Man könnte sagen, dass Kurt damals die DONOTS gerettet hat, als sie sich in einer musikalischen Krise befunden haben. Bei uns war es etwas anders, weil wir mit fertigen Songs zu ihm gegangen sind, aber die Einflüsse von Kurt sind mit Gold nicht aufzuwiegen – ich habe selten so ein musikalisches Genie getroffen. Er hat ein Ohr und Gefühl dafür, was ein Song braucht, aber auch, was ein Song nicht braucht. Wir haben die Alben davor mit Freunden produziert, die zwar Input gegeben haben, aber deren eigentlicher Job es war uns aufzunehmen. Wir hatten Angst, dass ein Produzent uns reinredet. Ich hatte bei Kurt auch Schiss, weil er eine starke Meinung hat. Das Gegenteil war dann der Fall. Kurt war super hilfsbereit und so sollte ein Produzent sein, er schaut, wo deine Stärken sind, und kitzelt sie aus dir raus. Er hat innerhalb der Songs aufgeräumt. Gerade beim Gesang hat es mir unfassbar geholfen und etwas aus mir rausgeholt, von dem ich nicht wusste, dass es da ist.
Ihr habt ja auf eurem Hot Seat jemand neuen – Jan ist nun am Schlagzeug. Wie hat es sich auf den Sound ausgewirkt?
Jan bringt ganz andere Einflüsse mit, weil er musikalisch aus einer anderen Ecke kommt. Am Anfang mussten wir uns finden, aber was er dann zum Album beigetragen hat und spielt, ist fantastisch. Er ist sehr gut, aber ordnet seine Drums den Songs unter. Als man sich nur zu zweit treffen konnte, habe ich echt viel Zeit mit ihm im Proberaum verbracht und wir haben an den Tracks gearbeitet. In der Vergangenheit hatte ich bei den Demos meist schon Drums am Computer vorprogrammiert, diesmal ist es organischer entstanden.
Ich nehme das Album etwas zweigeteilt wahr – der erster Teil ist eher sozialkritisch, ab der Hälfte wird es persönlicher. War dies geplant?
Nein, wir haben es nicht geplant, auch nicht bewusst persönlich oder politisch zu werden. Wir haben einfach geschrieben, was aus uns herauskommt. Man kann es auch nicht direkt 50/50 aufteilen. Wir hatten mal kurz überlegt, eine Seite mit härteren Songs und eine mit softeren zu machen, aber diese Idee haben wir schnell aufgegeben, zugunsten von einem stimmigen wie abwechslungsreichen Album. Während des Lockdowns sind viele sowohl persönliche als auch politische Texte entstanden, die unser Inneres nach außen tragen.
Eurer erste Single „Schottergarte Eden“ ist ja schon mal ein starkes Statement gegen die Querdenker-Bewegung.
Ja, es ist einfach crazy. Vor Jahren hätte es das nicht gegeben, dass der harte Nazis neben dem tanzenden Hippie-Opa steht und dieser dann kein Problem damit hat. Das finde ich brutal und es macht mich wütend.
Ein spannendes Thema, finde ich, ist bei „Schwanenkampf“ verarbeitet. Dort werden quasi die eigenen alten Helden an den Pranger gestellt, die in Ungnade gefallen sind.
Es ist ein Text von Dennis, aber ich kann mich komplett damit identifizieren. Ich finde es traurig, dass es unfassbar viele Menschen gibt, deren Kunst mir viel bedeutet, die aber das Gegenteil von dem tun, was sie predigen. Da geht um Bands, die sich hassen, aber noch ein Album machen, weil es Geld bringt. Und die nennen sich Punk. Man kann den Song aus vielen Richtungen deuten. Ich weiß nicht mal, wie Dennis das interpretiert. Ich finde es aber gut, dass er Raum für Interpretation lässt.
Es heißt ja auch in einem Song, dass sich Punk wieder lohnen muss. Ist es auch eine Kritik an Kommerzialisierung des Genres?
Es geht darum, dass sich Bands wie kleine Startups präsentieren. Man weiß, dass es Bullshit ist – als Punkband muss man es niemandem recht machen. Wo ist das Zerstören von alten Denkmustern? Wo ist das Antikapitalistische? Sie lassen vermissen, worum es im Punk geht. Dabei geht es aber nicht um bestimmte Bands. Wir sind auch Teil des Systems, aber versuchen, Grenzen zu ziehen. Aber es gibt zu viele Popbands, die den Punk spielen, statt es zu sein.
Liegt es vielleicht daran, dass sich auch die Musikrichtungen immer mehr vermischen und aus ihren Schubladen ausbrechen?
Genres habe sich schon immer vermischt, musikalisch sollte es auch keine Grenzen geben und alles sollte erlaubt sein, aber man sollte trotzdem eine klare Haltung haben.
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