KMPFSPRT

Jugend mutiert

Man könnte es kurz machen. Man könnte sagen: Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn die Songtexte einer Band auch als Sprüche taugen, die man mit einem dicken, schwarzen Edding oder Sprühfarbe auf Tische, Wände und Mauern hinterlassen kann.

KMPFSPRT sind so eine Band. Also sind sie gut. Punkt. Indes damit würde man dieser Band aus Köln nicht mal im Ansatz gerecht werden. Denn KMPFSPRT haben nicht nur tolle Songtexte, sie sind auch als Gesamtpaket sensationell.

Mehr noch, sie sind derzeit in Sachen „Punk aus Deutschland“ respektive „deutschsprachiger Punk“ einsame Spitze. Da sind ein paar Sätze mehr fällig. Nochmal Punkt. Ihre Anfang 2013 veröffentlichte EP mit dem doppelt unmöglichen Namen „Das ist doch kein Name für ’ne Band“ war ja schon begeisternd.

Von „Affengeld“ und obercoolen Sonnenbrillenträgern, die meinen, die Welt drehe sich als Discokugel nur um sie, sangen sie da mit einer Aggressivität und einem Sarkasmus, die sich gewaschen hatten.

Überdies hatten KMPFSPRT auch noch Melodien und Gewaltriffs drauf, die dem Hörer vor Begeisterung den Unterkiefer runterklappen ließen. Da hatten sich irgendwie HOT WATER MUSIC mit den frühen MUFF POTTER zusammengetan und als in diesem Moment besten Referenzen der Welt ein neues, aufregendes Punk-Dingsda ausgespuckt, das sich anschickte, die Szene von hinten aufzurollen.

Der einzige Nachteil: KMPFSPRT hatten ein Jahr lang streng genommen nur sechs Songs im Gepäck. Über die Anlage kann man die ja auf Dauerschleife hören. Live aber ist nach einer Runde Schluss.

Der Hunger nach mehr war also sehr groß. Und jetzt kommt „Jugend mutiert“ und stillt ihn. Nein. Stimmt auch nicht: Dieses Debütalbum schraubt sich so unwiderstehlich in die Gehörgänge, dass man bereits nach ein paar Sekunden schon wieder an den Nachfolger denkt.

Das Gute muss doch weitergehen. Immer weiter und weiter. Und das hier ist verdammt gut. Der Tritt in den Allerwertesten gleich zu Beginn in „Nachsicht“ zum Beispiel: „Ich bin die Nacht, du bist der Tag.

Ich mache alles, was du nicht wagst!“ Der Schlag in die Yuppie- und Vernunft-Fresse all derer, die sich über die Querdenker dieser Welt lustig machen und doch nur arme Würstchen sind: „Es geht alles noch schlimmer: Ich könnte Banker sein!“ („All my friends are dads“).

Die beste Kritik, die es bis dato an all jenen besinnungslosen FREI.WILD-Jüngern gab, die gleichzeitig vorgeben, Punk zu mögen: „Auch wenn wir die gleiche Sprache sprechen, sind wir nicht im gleichen Club.

Ich will nicht, dass du tanzt. Ich will nicht, dass du singst. Denn dieses Lied ist nicht für dich!“ („Musikdienstverweigerer“). Oder aber die unverschämt-vorlaute Aufforderung in „Theorie der guten Chance“: „Wenn die Welt uns nicht versteht, dann muss die Welt halt lernen.“ Dazu hauen KMPFSPRT einmal mehr Hooklines raus, die so gekonnt und lässig und draufgängerisch und wundervoll vorbeirauschen, dass „Jugend mutiert“ eine Blaupause dafür sein könnte, wie Punk heute und morgen klingen muss – „Punk 2014 ff.“ quasi.

Man muss ja aufpassen mit dem Begriff „Klassiker“. Aber das hier ist ganz großes Kino. Für den Status als eines der „Alben des Jahres“ muss und wird das am Ende reichen. Die Welt wird es schon lernen.