KMPFSPRT

Foto© by Michael Winkler / Der Pakt

Make Cologne punk again

Mit dem Abriss des allseits geliebten Underground in Köln-Ehrenfeld setzte die Stadt der fortlaufenden Gentrifizierung die Krone auf. KMPFSPRT machten es sich mit ihrer neuen Seven Inch zur Aufgabe, gegen pseudo-hippe Neubauten, mangelnden Punk und Nazipack in der mit Karneval assoziierten Stadt zu kämpfen. Gitarrist David gibt uns ein paar Einblicke ins neue Werk.

Eure neue 10-Track-EP ist selbstbetitelt. Liegt euch dieses Werk besonders am Herzen?

Na ja, es ist eben kein Album, sondern eine Seven Inch. Wir hatten nicht das Gefühl, dass man dafür unbedingt einen Titel haben muss. Außerdem ist diese Seven Inch unsere erste und vorerst letzte, von daher war es okay, sie einfach „KMPFSPRT“ zu nennen. Wir hatten vorher mal über den Titel „Alle Wege führen zum Dom“ nachgedacht, aber dadurch wäre sie irgendwie in die Humor-Schiene gerutscht und das wollten wir bei der Seven Inch nicht.

Dafür gibt’s ja jetzt einen Song namens „Alle Wege führen zum Dom“ auf der Platte.
Genau. Wenn man einen Song nach dem Album benennt oder andersherum, wird dem natürlich immer ein sehr hoher Stellenwert beigemessen und das finde ich in der Regel nicht richtig.

Die Seven Inch nimmt inhaltlich eure Heimatstadt Köln in den Fokus. Was steckt dahinter?
Wir wollten schon seit langem etwas über Köln schreiben und zwar in einer Art und Weise, wie es Kölner Bands eigentlich nie tun. Wenn man sich das in anderen Städten anschaut: Hamburg hat total coole Punk- und Indie-Songs und das ist ein Teil der Hamburger Identität. Aber wenn du an Köln denkst, denkst du immer nur an diese Karnevalsbands mit ihren schunkeligen Schlager-Songs. Wir wollten Köln auch mal auf die Punk-Landkarte setzen und uns von dieser starken Karnevalsfokussierung distanzieren. Darüber hinaus wollten wir eine Hommage an unsere Heimat kreieren – an den Ort, an dem wir großgeworden sind und den wir lieben.

Stimmt, Köln ist tatsächlich sehr vorbelastet, obwohl es wirklich starke Konzerte und Clubs dort gibt.
Eben! Besonders, was alternative Musik angeht, ist Köln ganz weit vorne. Früher habe ich bei Underdog Records gearbeitet und da haben wir oft Konzerte in Köln veranstaltet – HOT WATER MUSIC, JIMMY EAT WORLD, ALKALINE­ TRIO und so. Im Backstage haben diese Bands von Welt unter sich immer gesagt, dass Köln das Highlight der Tour war. Darauf war ich als Kölner natürlich stolz. Wir haben hier eine verdammt starke Szene.

Sehe ich genauso. Konzerte in Köln kann man selten toppen und ich trauere immer noch dem Underground nach.
Oh ja, wir trauern alle dem Underground nach. Das war wirklich die beste Location für Live-Musik. Ich weiß noch, wie bei HOT WATER MUSIC einmal der Schweiß von der Decke getropft ist. Ich glaube, jeder, der da war, wird sich für immer daran erinnern, und die Hälfte der Leute hat sich wahrscheinlich danach eine Gitarre gekauft, um selbst Musik zu machen.

Punk ist und war ja schon immer ein sehr politisches Genre. Habt ihr euch für die EP von aktuellen politischen Geschehnissen inspirieren lassen?
Ja, absolut. Eigentlich ist alles, was wir machen, stark durch aktuelle, politische Ereignisse geprägt und das war bei der EP auch nicht anders. Ein gutes Beispiel sind die Songs „I hate Ehrenfeld“ oder „Black Jeans. Black Shirt. Bläck Fööss.“, die diese Gentrifizierung angreifen, die zum Abriss des Underground und zweier Proberaumkomplexe beigetragen hat. Dass durch so was gesellschaftliche Hotspots vernichtet werden und Bands einfach auf der Straße stehen, das sind eben wichtige Themen für uns. Dann gibt es noch den Song „Nazis raus aus Köln“ – viel politischer kann man nicht mehr werden, haha! Hier findet sich auch die Zeile „Nazis vor dem WDR“, weil ich mich noch gut daran erinnere, wie vor wenigen Monaten die ganzen Nazi-Schläger vor dem WDR-Gebäude standen, dort „Lügenpresse“ und ihre dummen Parolen geschrien und Leute angegriffen haben. Und obwohl sogar einer mit Messer dastand, haben die Bullen nichts gemacht und das sind eben gesellschaftliche Dinge, die wir nicht hinnehmen wollen. Deshalb schreiben wir darüber.

Inwieweit kann Punk deiner Meinung nach dabei helfen, gesellschaftliche Veränderung zu bringen?
Punk kann im kleinen Rahmen etwas ändern. Ich denke nicht, dass Musik die Welt verändern kann. Diese Behauptung wäre ziemlich blind. Dafür brauchen wir eine viel größere Bewegung, auch außerhalb der Musik, wie man jetzt an den „Black Lives Matter“-Protesten sehen kann, die wirklich etwas ändern. Leute müssen aktiv auf die Straße gehen und ihrer Stimme Gehör verschaffen. Was Punk aber machen kann, ist, Individuen dazu zu bringen nachzudenken. Das ist ja bei uns allen passiert. Wir waren alle nur normale Kids, die durchs Skaten oder was auch immer mit Punk in Berührung gekommen sind. Und damals mit 14 hörte man dann vielleicht die Texte von BAD RELIGION, BLACK FLAG oder MINOR THREAT und fing an, sich Gedanken zu machen. Wir als Band sind alle Vegetarier und ich glaube ohne „Cats and dogs“ von GORILLA BISCUITS wäre das nicht so schnell passiert. Diese Musik politisiert extrem stark und kann Menschen beispielsweise dazu bringen, gegen Nazis auf die Straße zu gehen. Wenn man so was bei manchen Leuten erreicht, hat man durchaus schon etwas gewonnen.

Zurück nach Köln. Wie würdest du die Lage in eurer Heimatstadt bezüglich Rassismus, Polizeigewalt und so weiter beurteilen? Wart ihr auf Demos unterwegs?
Prinzipiell finde ich, dass Köln sehr stabil gegen Nazis ist. Das ist etwas, was ich an dieser Stadt sehr liebe; sie hat eine sehr tolerante und bunte Grundhaltung. Und wenn hier die Nazis irgendwo demonstrieren, dann hast du direkt eine riesige Gegendemo. Auch wenn man sich die Zahl der Demonstranten auf beispielsweise „Black Lives Matter“-Demos in Köln anschaut, merkt man, wie hoch die Bereitschaft hier ist, für solche Themen auf die Straße zu gehen. Wir waren auf all diesen Demos. Wenn es irgendwo Nazi-Proteste gibt, sind wir natürlich bei den Gegendemos am Start. Das Schöne an Köln ist eben, dass man sich als Nazi nirgendwo hinstellen und seine Parolen brüllen kann, ohne heftigsten Gegenwind zu ernten.