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TURBONEGRO

RockNRoll Machine

Die Band aus Fleisch und Blut ist nicht mehr, TURBONEGRO sind den Weg alles Menschlichen im 21. Jahrhundert gegangen und wurden digitalisiert, sind, bedroht von körperlichem Verfall und Sterblichkeit, nicht einfach zu einer, sind zu DER „RockNRoll Machine“ mutiert, „half flesh, half chrome“, wie Tony Sylvester im Intro fabuliert.

20 Jahre nach „Apocalypse Dudes“ (1998), sechs Jahre nach „Sexual Harassment“ (2012), hat diese neue Verkörperung der einstigen Denim-Demons aus Oslo nun doch ein neues Album aufgenommen, nachdem Knut „Euroboy“ Schreiner 2016 noch darüber sinnierte, ob es dazu überhaupt je kommen würde: „Ich denke nicht, dass die Welt ein weiteres schlechtes TURBONEGRO-Album braucht“, sagte er damals, und „Ich meine das so, dass es ein Album sein muss, dass es wirklich wert ist, gehört zu werden.“ Singles wolle man stattdessen veröffentlichen, mit „Hot for Nietzsche“ war im November 2015 eine erste erschienen, im Mai 2016 folgte „Special Education“, und im November 2017, zur Einstimmung auf das neue Album, „RockNRoll Machine“, jetzt eingebettet in die dreiteilige „The Rock and Roll Machine Suite“, die noch vor dem oben erwähnten gesprochenen Intro mit bombastischen Synthie-Sounds losgeht.

Synthies? Ja, Keyboarder Haakon-Marius, den die Band, so erzählt Bassist Rune im Interview, 2015 eigentlich nur für die Aufnahmen zu „Hot for Nietzsche“ ins Studio holte, ist mittlerweile festes Bandmitglied und prägt den Albumsound markant.

Rune: „Das neue Album ist klar vom Metal, aber auch dem Hardcore der späten Siebziger und frühen Achtziger beeinflusst. Einigen Leuten wird es sicher etwas zu cheesy sein, mit zu viel Synthesizer, aber wir wären ja nicht TURBONEGRO, wenn wir den Leuten nicht ans Bein pinkeln würden.“ Und das tun sie definitiv, sofern man etwas naiv und simpel strukturiert ist und von den Norwegern auf ewig eine Wiederholung von „Apocalypse Dudes“ erwartet.

Perfekt dafür geeignet ist etwa „Skinhead Rock & Roll“, das mitnichten eine klassische Oi!-Nummer ist, sondern loslegt wie ein Mash-up aus den beiden VAN HALEN-Nummern „Jump“ und „Panama“.

Dreist, aber lustig. Genau wie das mit mächtig Früh-Achtziger Hardrock-Ballast à la SAGA oder ASIA aufwartende „John Carpenter powder ballad“ – kann man machen, muss man aber nicht mögen.

Seit TURBONEGRO für alle Beteiligten nur noch eine Art Hobby ist, haben sie sich musikalisch völlig freigeschwommen, betrachten in ihrer schon immer extrem ausgeprägten Zitierfreudigkeit die Band als Spielwiese.

Darauf kann und muss man sich einlassen (wollen), oder man hört nur noch die alten Platten und trauert, gekleidet in eine der immer noch unfassbar peinlichen „Turbojugend Hinterposemuckel“-Jeansjacken, um die Jungs-abende in denimblau.

Ich jedenfalls habe meinen Spaß mit diesem Album: It’s only rock’n’roll, but I like it.