Die Erwartungen waren hoch, die Anspannung groß: Würden TURBONEGRO es schaffen, mit ihrer zweiten Platte nach der Wiedervereinigung den Anspruch an sich selbst einzulösen, so was wie die beste Band der Welt zu sein? Fakt ist, dass seit Zeiten von "Ass Cobra" (1996) und vor allem "Apocalypse Dudes" (1998) die Erwartungen an die Norweger sehr hoch sind, jedoch nach geglückter Reunion nicht wenige Fans und Kritiker von "Scandinavian Leather" etwas enttäuscht waren.
Etwas unlocker, etwas uninspiriert war die Platte, richtige Begeisterung wollte nicht aufkommen, aber man freute sich, dass die Band wieder da war, die Konzerte sind ja schließlich eine sichere Bank.
Und mit etwas Abstand war dann auch aus dem Umfeld der Band zu hören, dass diese rückblickend selbst nicht so wirklich zufrieden war. Klar war also Band wie Fans, dass alle es mit dem neuen Werk würden wissen wollen.
Haben Chris, Happy Tom, Hank, Euroboy und Pal Pot es also geschafft, mit "Party Animals" dem eigenen hohen Anspruch gerecht zu werden? Die Antwortet lautet: Im Prinzip ja. Mit dem Verhältnis zu TRBNGR ist es wie mit einer langjährigen Beziehung: Das Kribbeln im Bauch, das man hat, wenn man frisch verliebt ist, das stellt sich auch hier nicht wieder ein, das ist ein Gefühl, das man bei "Apocalypse Dudes" letztmals hatte, als allen Beteiligten schon im Studio, noch vor der Veröffentlichung (und hey, ich war dabei) klar war, dass da gerade Musikgeschichte geschrieben wird.
So was passiert einfach, so was kann auch ein Happy Tom nicht planen, und "Party Animals" ist daraus die logische Konsequenz. Ein meiner Meinung nach rundum gelungenes Album, das aber exakt zwei Reaktionen auslöst: Die überzeugten Fans werden richtig begeistert sein, weil die Scheibe all ihre Erwartungen erfüllt: ein Feuerwerk von mitgröltauglichen Songs, manche davon richtige Hits, die einfach und ohne großes Nachdenken und Reflektieren Spaß machen.
Und die Kritiker, die "Ass Cobra" und "Apocalypse Dudes" schätzen, aber auf die Reunion gut hätten verzichten können und entsprechend "Party Animals" als Abklatsch, als schwachen und nicht geglückten Versuch sehen, daran anzuknüpfen.
Tja, und ich stehe irgendwie zwischen den Fronten, und doch, bei der Frage, ob Daumen hoch oder runter, geht der Daumen nach oben. Die Osloer Meister des musikalischen Zitierens haben es nämlich einmal mehr geschafft, ein gigantisches Rätselbild zu erschaffen, voller mal mehr, mal weniger verschlüsselter Hinweise auf Vorbilder und Inspirationen, die man ohne Hilfe eines Kunsthistorikers oder der Band selbst nicht wirklich entschlüsseln kann (das beiliegende Presseinfo mit einem fiktiven Gespräch zweier Kritiker über die einzelnen Songs leistet da Hilfestellung, und es würde mich sehr wundern, käme dieser Text nicht direkt von der Band).
Oder, um es anders auszudrücken: TURBONEGRO haben mal wieder geklaut wie die Raben. Aber sie sind Meisterdiebe, und die kommen nicht nur in Filmen damit durch. Ehrliches Handwerk eben. "All my friends are dead" ist der kalkulierte Partyhit, der schon auf Konzerten mitgegrölt wurde, bevor die Platte raus war.
"Blow me like the wind" ist textlich so platt, dass man doch erstaunt ist (naja, bei Fans, die "I got erection" grölen, schockt das nicht weiter), aber auch der funktioniert. "City of Satan" und "Final warning", bombastische Songs, eingespielt mit dem norwegischen Radio-Orchester, könnten aus einem James Bond-Soundtrack sein.
"Death from above" und "Wasted again", die beiden Punksmasher. "If you see Kaye", was sich gesungen, haha, Zufall, wie "F.U.C.K." anhört. "Babylon forever", ein typischer Turbo-Song, grölig, aber auch majestätisch.
Fazit: Aus dem Stand finden sich hier gleich mehrere herausragende Songs mit Hitpotential, nicht mehr und nicht weniger haben wir erwartet, und so ist es TURBONEGRO mit Koproduzent Steve McDonald (einst bei der L.A.-Punklegende REDD KROSS) auf jeden Fall geglückt, dem eigenen Anspruch gerecht zu werden.
Was sonst noch zum Album zu sagen ist, das steht im Interview hier im Heft. (47:43) (8)
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