PASCOW

Diene der Party

Drumauftakt, zwo-drei-vier! Melodische Rhythmusgitarren, straighter Bass, schreiender Sänger mit Brille. Okay, das mit der Brille kann man nicht hören, oder doch? Alex Pascow singt von der Diskrepanz zwischen Lebenstraum und Alltagsrealität, wenn sich Routine einschleicht, wo früher Neugier herrschte.

Solche Zustände kann man aushalten, muss man aber nicht. „Der größte Trick des Teufels war es, sich so klar zu zeigen!“ singt Alex im Titelsong „Diene der Party!“, dessen auffälligstes Merkmal neben dem langsam treibenden Shuffle, das knarzige Bassintro ist.

Und überhaupt: So gut, wie auf dieser Platte, hat die Band noch nie geklungen: Schlagzeug und Bass spielen schnörkellos, aber mit Punch und Druck, ausgewogen und simpel – banddienlich, sagt man auch dazu.

Die Gitarren schöpfen aus einer niemals versiegenden Quelle von Punkrock-Arrangements, die dezent zitieren, ohne ihren eigenwilligen PASCOW-typischen Charme zu verlieren. Dies zeigt sich auch in dem penetrant zweistimmigen Gitarrensolo bei „Im Raumanzug“ und dem Mut, weniger Gain in die Verzerrung zu drehen und die Saiten gerne lange ausklingen zu lassen.

Man merkt der Platte zu jedem Zeitpunkt eine rundum professionelle Herangehensweise an, ja, es ist wie immer, denn mit jeder weiteren Veröffentlichung schafft es das Gimbweiler Quartett, noch eine Schippe draufzulegen.

Der größte Unterschied zwischen dem Vorgänger und der neuen, fünften Platte „Diene der Party“ ist wohl die Gelassenheit der einzelnen Musiker im Einspielen ihrer Instrumente. Endlich erhält der Bass im Gesamtsound die tragende Rolle, die er verdient.

„Castle Rock“ beendet die erste Seite ungewöhnlich groovend, schleppend, irgendwie britisch und entpuppt sich als wahres Highlight, wahrscheinlich weil es sich in der Struktur wohl sortiert und außergewöhnlich diszipliniert zeigt.

Erneut entschied man sich für Kurt Ebelhäuser als Produzenten und ließ sich insgesamt zwanzig Tage Zeit, den „Alles muss kaputt sein“-Nachfolger aufzunehmen. Das merkt man der Platte auch stets an, es gibt keine Langweiler, keine Durchhänger und keine Lückenfüller.

„Merkel-Jugend“ ist nicht nur der witzigste Songtitel der Platte, sondern auch personifizierte Abrechnung mit dem marktwirtschaftlichen Diktat, das immer zu Lasten des Einzelnen geht, so lange bis man mit seinen „Aufstiegsplänen durchhängt.

Wo könnten wir wohl sein?“. Textlich wird Alex auf „Diene der Party“ ungewöhnlich konkret, „Lettre Noir“ und „Zwickau sehen und sterben“ rechnen mit der NSU- und Grauzonen-Debatte ab, während „Smells like twen spirit“ eine lupenreines Liebeslied ist.

Die anderen Lieder drehen sich um Obergriffe wie Szenekritik („Gespenster“ und „Verratzt“), Kindheitserinnerung („Zeit des Erwachens“ und „Briefe an Patti Smith“) und Existenzängste. Hört sich nach Methode an? Nach Rezept? Das wäre zu einfach und würde nichts taugen, um die Qualität von PASCOW zu erklären.

Es ist wie immer: Punk als Ventil, Punk als Fluchtort und Punk als Hoffnung – was soll man im Nirgendwo zwischen Idar-Oberstein und St. Wendel auch Besseres machen? (Diese Band war auf der Ox-CD #112 zu hören.)