PASCOW

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My way is the Heimweh

Ende 2015 kam die Anfrage: „Joachim, willst du an einem Film über PASCOW mitmachen?“ Klar wollte ich, und so saß ich im Januar 2016 in Düsseldorf in einem leerstehen Büro, und wurde von Andi und Kay, den beiden Filmemachern, wie einige andere Freunde und Mitstreiter auch, über mein Verhältnis zur Band befragt. Anschließend interviewte ich die Pascows, und dieses Interview, das in Teilen für die frei nach David Lynch „Lost Heimweh“ betitelte Banddoku verwendet wurde, findet sich hier nun in verschriftlichter Form. Ein spannendes Dokument zu einer Band, die für mich lange schon eine der besten Punkformationen des Landes ist. Die DVD-Box, bestehend aus Film, 10“ und Buch, erscheint im Januar als Split-Release von Kidnap Music und Rookie Records.

Wie kamt ihr als Band darauf, eine Filmdokumentation in Angriff zu nehmen?

Alex: Die Idee, mal irgendwas anderes zu machen, stand seit der letzten Platte im Raum. Sprich, den Rhythmus Album-Tour-Album-Tour irgendwie zu durchbrechen. Und da wir ja beim Album „Diene der Party“ auch schon dieses Buchprojekt hatten, von dem wir im Nachhinein sagen, das war echt eine feine Sache und in der Form neu, haben wir gedacht, irgendwas mit Film wäre auch nett. In welcher Form das alles passieren würde, hat sich erst im Laufe des letzten Jahres ergeben. Aber wichtig war uns, dass wir uns nach der letzten Platte erst mal selbst eine kleine Auszeit verschaffen wollten, um zu überlegen, wie es mit uns weitergeht. Ob die Band generell weitermacht und ob wir noch mal eine neue Platte aufnehmen werden. Aber wir wollten jetzt nicht drei Jahre Pause einlegen, weil wir schon Bock haben, irgendwas zu machen, und da schien dieses Filmprojekt eine gute Idee. Da hatten wir mit Kay und später auch Andi gleich die richtigen Leute, die wir fragen konnten. Und dann haben wir ein paar Ideen gesammelt und jetzt sitzen wir hier.

Wie es mit der Band weitergeht, ob es mit der Band weitergeht, das klingt für den Fan erst mal total bedrohlich. Wie kann man auf die Idee kommen aufzuhören, wo es doch gerade so gut läuft, wo einen jeder super findet und eigentlich alles so ist, wie man es Band schließlich haben will, wo man drauf hinarbeitet? Woher kommen diese Zweifel, warum das Erreichte infrage stellen?

Ollo: Ich denke, den absoluten Tiefpunkt, was das angeht, also diese Existenzfrage, das hatten wir nach dem Erscheinen von „Alles muss kaputt sein“. Nachdem wir zum ersten Mal wirklich so einen Peak erreicht hatten, einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht hatten, mit der Platte zweieinhalb Jahre auf Tour waren – und dann in dieses Loch gefallen sind. Nach dem Motto: Die Konzerte zu unserer Platte sind gespielt. Wie geht’s weiter? Geht es überhaupt weiter? Was können wir noch leisten? Was wollen wir noch leisten? Ist es vielleicht nicht geschickter zu sagen: Okay, bis hier hin war es super ...

„Macht’s gut und danke für den Fisch.“

Ollo: Genau. Auf Wiedersehen. Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber ich glaube, da gab es auch allgemein in der Band so einen leichten Durchhänger. Man hat beim Proben und Schreiben neuer Songs gemerkt, dass sich das wirklich ultralange hingezogen hat. Richtig drüber reden wollte erst auch keiner. An Alex ist dann sehr viel hängengeblieben, was das Songwriting und das Texten und so anging, irgendwie war der Wurm drin. Auch so ein Punkt war, dass wir einen Studiotermin ausgemacht hatten, der aber von Ebelhäuser gecancelt wurde wegen einer Doppelbelegung. Wir hatten das Gefühl, gerade greift hier kein Rad in das andere und es läuft extrem schwerfällig. Und dann gab es dieses Gespräch: Okay, machen wir jetzt weiter? Entweder Arschbacken zusammenkneifen und jetzt das Album aufnehmen oder wir hören sofort auf, aber ohne großen Schnickschnack von wegen Abschiedstournee, sondern es ist Schluss und gut ist. Ab dem Zeitpunkt wurde es dann wieder besser, wir haben die Arschbacken zusammengekniffen. Ich glaube, dadurch ist uns noch mal bewusst geworden, dass so eine Band keine Selbstverständlichkeit ist. Also weder das, was wir damit erreicht haben, noch diese Band am Laufen zu halten. Ich würde es mit einer Beziehung vergleichen ...

Das ist das Stichwort: Beziehungsarbeit. Jeder von uns, der in einer langjährigen Beziehung ist, der kennt Ups and Downs. Gleichzeitig merkt man, man muss auch etwas dafür tun. Den Alltag bekommt man ja hin seit so und so vielen Jahren – aber warum eigentlich? Diese Sinnfrage, warum ist man eigentlich zusammen? Was also ist für euch der Kick, als Band zusammen zu sein?

Flo: Wie soll ich das sagen? Die halten es mit mir aus. Ich glaube nicht, dass ich noch mal eine Band finde, die mich als Mensch so einfach erträgt. Haha. Ja, ist doch so!

Alex: Ich glaube, hier spreche ich zumindest für Sven und mich als Songwriter: Es geht darum, immer wieder neue Songs zu schreiben. Das ist für mich jeweils der Höhepunkt, also der Moment, in dem ein Song funktioniert.

Sven: Ja, bis er dann funktioniert. Das ist auch so ein Ding: Man hat eine Platte gemacht, die kommt gut an, man geht auf Tour. Das ist alles schön und man kann so die Früchte der Arbeit ernten, und dabei vergisst du wie anstrengend es eigentlich war, bis du es dahin geschafft hast. Und irgendwann ist es vorbei und es geht alles wieder von vorne los. Das ist sehr mühsam. Von uns macht das ja keiner hauptberuflich, sprich: man hat noch alles andere drumherum und das muss man auch am Laufen halten. Und dann auf Knopfdruck kreativ sein zu können, das gestaltet sich manchmal sehr schwierig. Dann kommt noch hinzu, dass der eine von dem anderen enttäuscht ist, weil irgendwas in der Probe nicht so läuft oder man ständig von vorne anfangen muss, weil keiner sich die Songs merken kann, und so weiter und sofort. Und das kann teilweise schon echt frustrierend sein. Bei der letzten Platte hatten wir genau den Punkt erreicht. Und auf der anderen Seite, als wir dann diese Krise hatten, hat jeder noch mal für sich entdecken müssen, was ist denn überhaupt cool. So wie du jetzt gefragt hast: Was ist cool an der Band und warum machen wir das? Und dann haben wir uns alle wieder zusammengerissen und dachten auch wieder, das passt gut und das ist ja auch etwas Besonderes, was wir über die Jahre hin erreicht haben. Also haben wir beschlossen, wir reißen uns jetzt zusammen und sehen zu, dass wir das auf jeden Fall noch auf die Reihe kriegen. Weil es sich auch einfach lohnt. Und weil es natürlich Spaß macht.

Es gibt dieses Brecht-Zitat von den „Mühen der Ebenen“. Geht es also darum, den Bandalltag besser geregelt zu bekommen? Auf der Bühne, beim Ruhrpott Rodeo zum Beispiel, sind da draußen zwei- oder dreitausend Leute, die einen vollkommen abfeiern, man spielt eine geniale Show und es kickt total – und danach folgt das Loch. Oder wie ist das?

Ollo: Auf Tour geht’s eigentlich immer gut. Das ist auch der Grund, warum es uns solange gibt, da wir sehr gut den Touralltag miteinander meistern können. Wir streiten uns auf Tour eigentlich nie, im Proberaum aber ständig. Das ist aber wieder ein Entwicklungsprozess, früher gab es oft diese Nachtourdepression. Wo du sonntags heim gekommen bist und gedacht hast: Boah ... Morgen arbeiten gehen und die Realität ist schon wieder da. Mit der Band unterwegs sein, ist wie ein Urlaub. Zumindest ein Urlaub für den Kopf. Weil man wirklich viele Alltagssorgen hinter sich lassen kann und auf die einfachen Sachen im Leben fokussiert ist. Da fragt sich keiner, welche Rechnung muss bezahlt werden oder was koche ich heute Abend oder wie ist die Stimmung zu Hause. Man denkt wirklich nur von einem Tag zum nächsten. Was das Leben sehr einfach macht.

Sven: Das mit der Nachtourdepression war früher schlimmer, weil man da noch jung war und dachte: Ach wäre das cool, jetzt nur noch von der Musik zu leben. Von dem Gedanken haben wir uns, glaube ich, alle verabschiedet. Wir betrachten das alle als Luxus, wenn wir mit der Band irgendwo hinfahren. und die Leute kennen die Musik. Das ist schon Wahnsinn. Wenn man dann ein Konzert spielt und Spaß hat, das ist einfach was ganz Besonderes. Und ob da jetzt beim Ruhrpott Rodeo ein paar tausend oder aber ein paar hundert oder nur eine Handvoll Leute da sind, das ist uns in dem Moment schon immer egal gewesen. Du kannst außerdem auf einer Riesenbühne ein richtiges Scheißkonzert haben und vor ein paar Leuten ein richtig gutes. Oder umgekehrt. Das hat mit der Anzahl der Leute nichts zu tun.

Alex: Du erwartest die Nachtourdepression inzwischen bereits. Du weißt, dass sie kommt. Wenn du das zum ersten Mal durchmachst, dann denkst du: Hilfe, was läuft jetzt schief? Aber ziemlich bald weißt du genau, nach ein paar Tagen hört das von allein auf. Es gibt Selbstheilungskräfte, die dich da wieder rausholen. Das nimmt ganz viel Druck weg.

Was ist das Angenehme am Touren? Ist das so eine Art „Betreutes Wohnen“? Die Verantwortung wird dir abgenommen?

Ollo: Genau. Wir haben ja eine Booking-Agentur und von der bekommen wir einen Zettel, da steht genau drauf, wo wir hinfahren müssen, wann wir da sein müssen und wo wir schlafen. Damit ist schon mal ein Großteil der Fragen abgehandelt. Und wie das Konzert wird, das ergibt sich dann ja am Abend. Das ist nichts, worüber man sich im Vorfeld groß Gedanken machen muss, wenn man sich entsprechend vorbereitet hat. Das ist auch ein Stück weit das, was uns auf der Straße hält.

Sven, du sagtest gerade: Irgendwann haben wir uns davon verabschiedet, dass wir das jemals professionell als Vollzeitjob machen werden. Lass uns mal darüber sprechen. Für Außenstehende sind PASCOW ja schon eine große deutsche Punkband. Gleichzeitig ist es für euch nur ein „Hobby“, auch was die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Band betrifft. Da unterscheiden sich die Außenwahrnehmung und die Selbstwahrnehmung der Band und die Möglichkeiten, damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wann kam dieser Moment, als ihr erkennen musstet, das wird einfach ein Hobby bleiben?

Sven: Eigentlich finde ich es gar nicht schlecht, dass es ein Hobby ist oder bleibt. Klar, du kannst nicht so viel Zeit investieren, wie du gerne möchtest, aber du bist davon abgesehen total unabhängig. Es gibt so schon viele Zwänge im normalen Leben, und wenn du jetzt noch sagen würdest: Wir müssen mit der Band so und so viel Kohle reinfahren im Monat, damit wir davon leben können, hast du schon wieder Zwänge, musst Kompromisse eingehen. Und das ist ja das Schöne, dass wir das nicht müssen. Wir können uns jederzeit alle möglichen Angebote angucken und sagen: Nee, machen wir nicht, oder machen wir doch. Unabhängig davon, ob das jetzt wirtschaftlich ist oder nicht. Das ist der Vorteil daran.

Alex: Humberto, unser Booker, und Jürgen von Rookie Records haben uns mal gefragt, ob wir uns vorstellen könnten, das professionell zu machen. Wir haben eine Woche überlegt, aber es war im Endeffekt keiner dafür.

Ollo: Ich glaube, es nimmt auch emotional gewaltig den Druck raus. Wir haben die absolute persönliche Freiheit in dem, was wir machen können, weil wir einfach komplett losgelöst sind von finanziellem Erfolg. Ich stelle mir immer vor, ich will irgendwie von dieser Musik leben und gehe stramm auf die vierzig zu und weiß, ich mache eine Art von Musik, die man vielleicht jetzt nicht unbedingt weitere dreißig bis vierzig Jahre in dieser Form machen kann, vielleicht auch weil der Körper irgendwann nicht mehr will ... Dieses Damoklesschwert, was kommt danach, das gibt es bei uns nicht. Auch als wir ganz offen darüber geredet haben, ob wir aufhören würden, Musik zu machen, oder uns vielleicht neu orientieren in der Musik, da hatten wir die absolute Wahlfreiheit und wussten, dass das Leben in diesem Fall größtenteils genauso weitergeht wie bisher.

Alex: Durch die Krise vor der letzten Platte ist die Endlichkeit dieser Band auf jeden Fall ein Thema. Seitdem verstehen wir auch, dass es diese Band nicht ewig geben wird. Wir haben dann entschieden, wir machen solange weiter, wie wir Ideen und Bock haben und solange wir das auf der Bühne auch noch körperlich machen können. Solange es echt ist und Energie hat. Denn die Band besteht eigentlich nur aus Energie, was Live-Auftritte angeht. Und wenn das nicht mehr der Fall ist, hören wir auf. Wenn wir keine Ideen mehr haben oder das nicht mehr umsetzten können. Diese Diskussion war auch unabhängig von finanziellen Aspekten. Denn wenn du das beruflich machst, sagt man eher: Okay, solange ich keinen Plan B habe, ziehe ich das mit der Band lieber noch ein bisschen weiter durch, auch wenn es dann vielleicht nur noch 80% von dem ist, was es ursprünglich mal war. Ich habe möglicherweise keine Alternativen. Und das wollten wir nicht.

Ollo: Ich glaube, seitdem sind wir ein Stück weit dankbarer, weil wir das nicht als selbstverständlich voraussetzen, was wir so erleben, und wissen, es könnte morgen vorbei sein. Vielleicht ist es auch das, was, um auf die erste Frage zurückzukommen, zu diesem Film geführt hat. Dass klar ist, weiter dreißig Jahre werden wir das mit Sicherheit nicht mehr machen.

Warum eigentlich nicht? Fühlt man sich zu dann alt für Punk? Was hat euch diese Endlichkeit vor Augen geführt?

Ollo: Ich glaube, wir sehen uns nicht als Band, die in 25 Jahren noch auf einem Festival auftritt mit Songs, die wir schon seit vierzig Jahren spielen. Ich glaube, wir erwarten von dieser Musik, die wir machen, eine gewisse Frische, auch eine Inspiration, und wir können uns aktuell nicht vorstellen, die in dreißig Jahren noch zu haben. Wir haben immer gesagt, wir hören auf, wenn wir keine neuen Songs mehr schreiben können. Weil wir nicht auf so einem Alte-Punkbands-Auffang-Festival spielen möchten. Nach dem Motto: Wir haben eine Band ausgegraben, die seit dreißig oder zwanzig Jahren nirgends mehr gespielt hat, klasse! Dazu wollen wir nicht gehören.

Alex: Ich würde das immer am Songwriting festmachen. Solange da noch was Neues kommt, mit dem wir irgendwie zufrieden sind, machen wir weiter, aber alleine aus Nostalgie würden wir die Band auf keinen Fall weitermachen.

Sven: Ich hätte auch keinen Bock darauf, nur gebucht zu werden, damit wir die ersten zwei Platten spielen oder so was. Das wäre überhaupt nicht mein Ding. Oder man steht im Proberaum und kriegt nichts mehr auf die Kette. Oder nur noch was, wo man sagt, klingt ganz okay, ist aber auch nichts Neues. Oder auf die Bühne zu gehen und es ist einem irgendwie peinlich, weil man körperlich oder was die Energie angeht, nichts mehr auf die Reihe kriegt. Und das kann ja jederzeit passieren. Die letzte Platte könnte immer wirklich die letzte gewesen sein.

Alex: In dem Film geht es auch darum, dass wir irgendwann gesagt haben, wir wissen nicht genau, wie es mit der Band weitergeht. Ihr könnt das Ganze mit der Kamera begleiten. Ihr könnt die Diskussion mitnehmen. Ihr könntet mit jeden von uns mal einzeln reden, jeder hat auch seine eigene Meinung. Als wir mit dem Filmprojekt angefangen haben, stand es schon ein bisschen im Raum, dass es das letzte Projekt von uns sein könnte. Das hat sich erst im Laufe der „Lost Heimweh“-Tour entschieden, dass wir danach weitermachen. Wir wissen noch nicht in welcher Form, ob wir jetzt eine Schippe drauflegen und wir noch mal richtig Gas geben, ob wir es noch mal genauso machen wie bei der „Diene der Party“-Tour . Oder sagen, wir fahren das Ganze ein bisschen mehr auf so eine D.I.Y.-Schiene zurück, das ist jetzt noch nicht klar. Aber am Ende der Tour war sicher, es wird noch was geben. Seitdem haben wir angefangen, neue Songs zu schreiben, was ganz gut funktioniert.

Es gibt Bands, die sehen sich nur, wenn sie ein Konzert spielen, und ansonsten lebt jeder sein eigenes Leben und es verbindet sie nicht viel miteinander. Wie wichtig ist euch der persönliche Kontakt untereinander?

Ollo: Alex und ich haben, weil wir Brüder sind, ja mehr oder weniger schon tagtäglich miteinander zu tun. Ansonsten ist der ständige Kontakt nicht zwingend gegeben. Der Sven und der Florian ... Wir sehen uns meistens im Zusammenhang mit der Band oder wenn es um Konzerte geht oder wenn einer von uns Geburtstag hat. Es ist nicht so, dass wir jeden Abend noch skypen oder SMS hin- und herschicken und fragen: „Wie war dein Tag?“

Alex: Aber es ist schon so, dass alle Bandangelegenheiten zusammen besprochen werden. Es läuft nicht so, der eine schreibt die Songs, der andere kümmert sich um das Booking oder wie auch immer. Die Songs schreiben wir zusammen und derjenige, der mit der Idee ankommt, der ist erstmal der Bestimmer sozusagen, aber alle sind daran beteiligt. Es taucht auch keiner mit komplett fertigen Songs auf. Und so ist das eigentlich bei allen Entscheidungen in der Band.

Ollo: Es wird eigentlich auch nie irgendwas gegen den Willen eines Einzelnen durchgesetzt. Wenn drei oder für etwas wollen und einer ist wirklich extrem dagegen, dann ...

Alex: Außer bei Flo, haha. Das ist der Neue.

Flo: Wir haben ja auch über die Band regelmäßigen Kontakt. Wir treffen uns mindestens einmal die Woche und das ist für eine Band, die das als Hobby macht, schon relativ viel.

Ollo: Es reicht dann auch, euch einmal in der Woche zu sehen.

Alex: Man muss auch dazusagen, dass wir nicht wirklich die Mördermusiker sind. Wir müssen echt proben, um so einen gewissen Standard zu halten. Es gibt Bands, die proben nie, treffen sich zu den Konzerten, spielen eine gute Show. Das können wir nicht machen, also vom Können her. Wir sind auch besser geworden, aber davon, nicht zu proben und trotzdem ein gutes Konzert spielen, sind wir Lichtjahre entfernt. Haha, das wird sich auch nicht mehr ändern.

Flo: Bei euch.

Der Proberaum ist der geografische Fixpunkt der Band. Auf welche Städte seid ihr verteilt mittlerweile? Wie weit ist die Anreise?

Sven: Ich wohne vier, fünf Kilometer entfernt. Ich bin am nächsten dran, dann dürfte Alex kommen, dann Flo und dann Ollo, der hat die weiteste Anreise.

Ollo: Ich habe 75 Kilometer one way.

Flo: Bei mir sind’s knapp vierzig.

Alex: Das muss man auch sagen, wir hatten ja auch ein paar Besetzungswechsel am Bass und Ollo hat auch schon in der Nähe von Heilbronn gewohnt. Aber es war immer so, egal welche Entscheidung jemand beruflich getroffen hat, wir haben immer geschaut, dass jeder so in der Reichweite bleibt, damit wir proben können. Es ist keiner nach Hamburg gezogen oder so ... Das war im Nachhinein auch Glück, aber auch die bewusste Entscheidung von jedem, die Band nicht aufs Spiel zu setzen, egal durch welche Entscheidung.

Also scheint euch die Band bislang immer so viel bedeutet zu haben, dass ihr deren Fortbestand letztlich anderes untergeordnet habt.

Sven: Ja klar, es geht ja gar nicht anders. Man kann nicht alles haben. Für anderes fällt Zeit weg, die man dann für die Band zur Verfügung haben muss. Ich denke, jedem hier liegt die Band so am Herzen, dass er alles dafür tut, das es weitergehen kann, solange es Spaß macht. Das ist die Grundvoraussetzung.

Ollo: Es ist wirklich so, dass die Band für alle die längste freiwillige Beziehung im Leben ist. Also ich bin noch nicht so lange mit meiner besseren Hälfte liiert, wie ich mit dieser Band liiert bin, um das mal so auszudrücken.

Flo: Für mich muss es noch ein paar Jahre gehen, bis ich diese Grenze überschritten habe, aber es ist auch jetzt schon verdammt lange.

Ollo: Da wiederholt sich das Muster im Vergleich mit einer privaten Beziehung. Da ist es auch so, man trifft vielleicht in jungen Jahren die Entscheidung wegzugehen und dann muss man sich überlegen, bleibe ich in dem Umkreis, wo ich zumindest eine Wochenendbeziehung aufrechterhalten kann, oder ist es mir egal. Und unterbewusst war es bei PASCOW wahrscheinlich dasselbe, dass man das nicht komplett aufs Spiel setzten wollte. Oder dass einer vorschlägt, jetzt spielt mal ein oder zwei Jahre jemand anderes mein Instrument. Wenn morgen einer von uns erklären würde, er hört auf, ich glaube, dann wär’s das wohl. Ob wir uns das jetzt antun, wieder jemand Neues in die Band zu holen, das wäre einfach die Frage. Jetzt haben wir eine Konstellation, mit der wir im Großen und Ganzen sehr glücklich sind.

Es gibt Bands, bei denen alles von einer Person abhängt. Der Sänger, Songwriter, der vorne am Mikro steht, wo es im Zweifelsfall egal ist, wer da noch mitspielt. Bei Jens Rachut ist es immer der Jens Rachut mit seiner neuen Band, auch wenn da super Menschen mitspielen. Und dann gibt es eben diese „Gang-Bands“ wie euch, wo es die Einheit ist, die die Band ausmacht.

Ollo: In gewisser Hinsicht würde ich sagen, dass doch vieles an Alex hängenbleibt, dass er wahrscheinlich derjenige ist, der sich am meisten darum kümmert. Aber es gibt wirklich auch viele Sachen, die wir gemeinschaftlich entscheiden. Ich habe mich jahrelang ums Booking gekümmert, und Flo hat auch seinen Teil beigetragen. Wäre es nur Alex mit einem Gefolge von Ja-Sagern gewesen, ich weiß nicht, ob er dann mit PASCOW so weit gekommen wäre. Es gab ja auch Dinge, die Alex vielleicht im ersten Moment nicht so geheuer waren, aber wo er gesagt hat: Okay, wenn die anderen drei dafür sind, trage ich das mit. Auch wirtschaftlich bedeutende Entscheidungen, etwa die Booking-Agentur und das Label betreffend, die sich im Nachhinein eigentlich immer als richtig rausgestellt haben. Also ein Stück weit nimmt da auch jeder den anderen mal an die Hand und führt ihn zu Sachen hin. Ich glaube, diese Ergänzung der einzelnen Komponenten, das hat den Ausschlag gegeben.

Alex: Ich habe auch, ich glaube, das war sogar im Ox, mal ein Interview mit IGNITE gelesen, in dem hat Zoli Téglás, der Sänger, gesagt: Die guten Platten werden immer nur von einem Team gemacht und wenn du nicht als Gang zusammenhältst, machst du keine guten Platten. Und wenn eine Band das verliert, werden die Platten auch schlechter. Ich glaube, da ist schon was dran, diese Power hast du nur, wenn du das als Einheit machst. Er hat das dann, glaube ich, am Beispiel von METALLICA festgemacht, die alten Platten waren super, aber irgendwann hat jeder nur noch seinen Kram verfolgt und man hat zwar noch weiterhin Musik gemacht, aber es kam nichts mehr dabei raus. Ich schätze, es ist einfach so, dass man zusammenfinden muss, um etwas Außergewöhnliches zu erreichen.

Es gibt Freundeskreise, die seit ihrer Jugend zusammenhängen, auf alle Festivals zusammen fahren, die ständig alles über die anderen wissen, diese totale kumpelige Cliquennummer. Freundinnen können kommen und gehen, doch die Jungs-Clique bleibt bestehen. Ist PASCOW so was für euch oder gibt es soziale Netzwerke darüber hinaus, die die gleiche Bedeutung haben oder gar noch wichtiger sind?

Alex: Bei mir gibt es nur die direkte Beziehung, Freundin, Kind. Dann kommen die Arbeit und die Band. Für ein anderes soziales Netzwerk abgesehen vom Familienleben bleibt einfach gar keine Zeit.

Ollo: Bei mir schon, vielleicht weil ich auch ein Stück entfernt wohne. Da existiert durchaus eine Parallelwelt. So wahnsinnig intensiv, dass wir immer alles übereinander wissen, ist es jetzt nicht. Das kommt mir aber auch ganz gesund vor.

Sven: Als wir mit „Nächster Halt gefliester Boden“ unterwegs waren oder mit „Alles muss kaputt sein“, war das die Platte, mit der wir die meisten Konzerte gespielt haben. Innerhalb eines Jahres kamen wir auf vierzig bis fünfzig Dates, so viel wie noch nie. Da bist du auch mal froh, ein bisschen Abstand zu gewinnen. Das ist auch wichtig, damit man wieder neu anfangen und sich auf ein Konzert oder eine Tour freuen kann.

Flo: Wobei man festhalten muss, dass es trotzdem nie zu irgendwelchen Spannungen kam.

Sven: Nee, nicht wirklich, aber wenn, das schadet auch nichts. Wenn man jeden Tag rund um die Uhr mehr oder weniger die Marotten der anderen erträgt oder sie mal einen zu viel im Tee haben oder keine Ahnung was passiert, ist man auch irgendwann genervt. Und zwar jeder von jedem, das gab es auch schon. Dann ist es auch schön, wenn die Tour vorbei ist. Aber wenn sich die Wogen irgendwann geglättet haben, freut man sich wieder darauf, zusammen im Proberaum zu stehen oder loszufahren. Aber auch nach einer Tour, bei der alles geil war, finde ich es erstmal schön, Feierabend zu haben. Nicht ständig irgendwo aufzuwachen und vielleicht einen dicken Kopf zu haben, weil wir jetzt wieder lange Party machen mussten, weil der Ollo unbedingt noch irgendwo hinwollte oder so.

Ollo: Ja, gerade ich, haha.

Lass uns über den Titel „Lost Heimweh“ sprechen. Heimweh, das hat man als Achtjähriger, wenn man im Schullandheim oder mit den Pfadfindern weg ist, dann weint man und die Betreuer müssen Mama anrufen und es ist total schlimm. „Lost Heimweh“, was ist das für ein Phänomen? Heißt das, ihr kommt aus einer ländlichen provinziellen Ecke, seid in die Welt aufgebrochen mit der Band, habt damit das Heimweh überwunden?

Alex: Es hört sich jetzt vielleicht ein bisschen hippiemäßig an, aber es ist echt so, dass man Heimat nicht an einem Ort festmachen kann. Du fährst nach Hamburg und fühlst dich dort auch zu Hause oder auch in Düsseldorf, wo wir oft waren.

Flo: Nach Jahren in der Band kenne ich Heimwehgefühle nur noch, wenn ich zu lange zu Hause war und das Unterwegssein vermisse. Das ist viel schlimmer als umgekehrt.

Ollo: Das „Lost Heimweh“ kommt daher, weil einen das ständig begleitet hat. Im Alltag hat man ein bisschen dieses Leben mit der Band vermisst, und wenn man mit der Band unterwegs war, dann hat einem wiederum das Zuhause, die Partnerschaft, das Kind gefehlt. Wenn du dich nicht für eins entscheiden willst, musst du damit klarkommen, dass du immer ein Gefühl von Heimweh hast, weil du nie alles gleichzeitig haben kannst. Dadurch hat das Heimweh mit der Zeit an Intensität verloren.

Die Band hat ihre Wurzeln in Gimbweiler in Rheinland-Pfalz, an der Grenze zum Saarland. Ein Dorf mit vierhundert Einwohner, wo der Hund begraben ist. Entweder bleibt man da und ist damit zufrieden. Oder man sagt, ich muss gelegentlich mal rauskommen, dann kann ich es hier auch aushalten, aber ich muss einfach auch was anderes sehen, den Horizont erweitern.

Alex: Absolut. Man kann natürlich viel lesen über alternative Lebenskonzepte, über Openmindedness, aber es ist etwas ganz anderes, das zu sehen und zu erfahren. Als wir zum ersten Mal ein wirkliches AZ oder ein besetztes Haus gesehen und gemerkt haben, so kann man tatsächlich leben, so funktioniert das, dann macht es irgendwie total den Kopf frei. Auch zu sehen, dass es andere Meinungen gibt zu irgendwelchen Sachen, die muss man ja nicht unbedingt immer teilen. Aber für eine gewisse Zeit ein Teil dessen zu sein, das ist nicht vergleichbar damit, etwas darüber zu lesen oder sich das im Fernsehen anzugucken. Das muss man sehen, spüren. Deshalb sagen wir auch immer mal bei Konzerten, lass uns mal dahin fahren, auch wenn da vielleicht nur fünfzig Leute kommen, aber da waren wir noch nie, mal gucken wie es dort ist. Und so lief das auch bei der „Lost Heimweh“-Tour, wir wollten lieber in kleineren Läden spielen. Da zahlen wir im Endeffekt womöglich drauf, aber egal, das wollen wir mal sehen. Lass uns nicht immer auf Nummer sicher gehen. Das war eigentlich von Anfang an so. Dass wir gesagt haben, das Reisen ist mit das Schönste an der Band, natürlich abgesehen von den Konzerten.

Stichwort „Lost Heimweh“-Tour: Es ging euch auch darum, subkulturelle Zentren, die Läden abseits des Mainstreams zu supporten mit solchen Konzerten. Was bedeutet es in der PASCOW-Welt, dass es solche Orte gibt jenseits der stromlinienförmigen „kommerziellen Subkultur“, die ja für Bands praktischerweise in Deutschland existiert.

Ollo: Die haben uns einfach geprägt. Wir haben Zeit unserer Existenz viel, viel öfter in diesen Läden gespielt als in größeren Clubs oder in diesen stromlinienförmigen Läden. Klar, als alles ein bisschen größer geworden ist, mussten wir einfach aufgrund der Kapazitäten in größere Läden gehen, die auch mitunter ihren Charme haben. Dort lernst du vielleicht neue Gegebenheiten kennen, du merkst, dass da auch nicht alles scheiße ist. Aber die Intensität ist mitunter in diesen kleineren D.I.Y.-Schuppen doch irgendwie höher durch diese Nähe zum Publikum. Es ist manchmal einfach schön, in einen Laden zu kommen und zu fragen, okay, wie passen wir jetzt alle vier da auf die Bühne drauf und wie viel Leute gehen hier rein? Na ja, schauen wir mal. Es ist mehr Abenteuer.

Alex: Das war Teil des Konzepts für den Film. Wir wollten uns nicht auf großen Bühnen präsentieren, sondern den Leuten, die diese Läden vielleicht nicht kennen, aber PASCOW mittlerweile auf dem Schirm haben, zeigen, wo die Wiege dieser Szene ist. Genau da kommen wir her. Wir sind uns nicht zu fein, dort noch mal hinzugehen und hier passiert richtig was. Deswegen war es uns auch wichtig, dass diese Läden mit in dem Film vorkommen. Deswegen gab’s auch immer Interviews mit den Betreibern, um die Geschichte dieser Läden zu zeigen. Viele existieren es ja schon seit zwanzig Jahren oder so. Komfortabler wäre es wahrscheinlich gewesen, einfach in Hamburg, Berlin und Bochum irgendwelche 500er-Läden zu buchen. Da wäre alles perfekt, wir hätten jeden Abend tolle Live-Aufnahmen, aber es wäre auch irgendwie immer alles das Gleiche. Und so war es jeden Tag was anderes, konzeptuell und von der Weltanschauung her. Nimm als Beispiel die Au in Frankfurt und das Bla in Bonn, die würde ich beide als authentische Läden bezeichnen, trotzdem sind sie komplett verschieden. Aber beide sind wichtig für die Szene.

Es gibt die unterschiedlichsten Rock-Dokus und Bandporträts. Nun seid ihr ja nicht nur die Protagonisten des Films, sondern auch Co-Produzenten. Hattet ihr bestimmte Musikfilme im Sinn, die euch als Vorbild dienten? Und warum braucht man das überhaupt, eine Band so für die Ewigkeit zu konservieren?

Alex: Ich glaube, es wird einmal wichtig. Deswegen wollten wir die Bandgeschichte erzählen, solange es die Band noch gibt, das sollte nicht postum geschehen. Ursprünglich war das Konzept noch, mehr Chaos in den Film zu bringen, mehr unvorhergesehe Szenen Wir wollten auf keinen Fall auf Nummer sicher gehen. Wir wollten auch keinen PASCOW-Promofilm. Ich habe oft an „Another State of Mind“ gedacht, den Film aus den Achtzigern über SOCIAL DISTORTION und YOUTH BRIGADE, mit Tourabbruch und so, nur jetzt natürlich moderner. Oder „Backstage Passport“ von NOFX. Ich finde gut, wenn du eine Band auch mal scheitern siehst. Jetzt nicht komplett scheitern, aber in gewissen Situationen, wenn du merkst, hier funktioniert irgendwas nicht. Das fand ich immer ehrlicher als ...

Ollo: ... als die perfekte Rockshow.

Alex: Genau. Wenn alles immer toll ist. Heile Welt und so. Wir fanden es eben besser, im wahrsten Sinne die Hosen runterzulassen ...

Ollo: Eine Blaupause an sich gab’s nicht. Wir haben ja auch damit gerechnet, dass das in die Hose gehen kann. Dass wir feststellen, wir fühlen uns nicht wohl, wenn jemand eine Kamera auf uns richtet. Oder dass wir sagen, das ist totaler Blödsinn, was wir hier um uns herum passiert. Ich glaube, das hängt auch ganz viel mit den beiden stillen Kameraden zusammen, Andi und Kay. Dass das auch Menschen umsetzten, mit denen man auf einer Wellenlänge liegt. Wenn wir jetzt die ganze Zeit so einen hippen Kameramann und Regisseur im Schlepp gehabt hätten, die gern mal das Besondere oder richtig Action sehen würden, die ankämen mit: „Spritz mal Bier in die Kamera!“ oder so, dann wäre die ganze Sache auch ziemlich schnell beendet gewesen.

Sven: Es sollte authentisch sein. So authentisch und ehrlich, wie es irgendwie geht, wenn Kameras dabei sind.

Manche solcher Bandporträts leben davon, dass der Filmemacher ein relativ bekannter Regisseur ist, mit einem ganz eigenen Blick. Wäret ihr bereit gewesen, euch darauf einzulassen, diesen fremden Blick auf euch zu gestatten? Auf die Gefahr hin, dass derjenige dann etwas in euch sieht, wo ihr nachher sagt, das sind ja gar nicht wir?

Ollo: Uns da jemanden vollkommen anzuvertrauen, das hätte ich, glaube ich, nicht gemacht. Das ist so wie bei unseren Platten, die kündigen auch immer erst an, sobald wir wissen, wir sind damit zufrieden. Und genauso ist es hier auch. Du merkst das ja im Prozess, ob das, was da entsteht, gut oder nicht gut ist. Wie das Gesamtprodukt letztlich aussehen wird, das sehen wir dann. Aber im Endeffekt hätten wir immer noch die Option zu sagen: Halt, Stop, geht nicht, wir reduzieren das jetzt auf zwanzig Minuten Material und der Rest bleibt für immer weggeschlossen. Wenn du jemandem nicht 100% vertraust, kann der ja auch ein Image von dir aufbauen, das du absolut nicht haben willst und wie du dich selbst auch nicht siehst. Ich glaube, das ist noch viel schlimmer.

Alex: Andi und Kay haben schon 200 Stunden Aufnahmen von der Band. Die haben uns jetzt in der Hand, sie können die Band so darstellen oder so. Sie haben auch die Macht, uns die Entscheidung abzunehmen, ob wir weitermachen. Was die alles mitgenommen haben, da sind schon ein paar heikle Sachen dabei gewesen ... Na ja, wir sind definitiv total gespannt, wie deren Blick auf die Band ist wie der Film ausfallen wird. Wir wissen, dass sie ein Auge für besondere Momente haben, dass sie das visuell richtig gut machen. Aber alles, was wir so erlebt haben, die Tour, und die Vorbereitung und den Film, was sie daraus nachher machen, komprimiert auf anderthalb Stunden ... Da werden wir ja selber total überrascht. Es kann auch der Moment des Erwachens sein. Haha.

Sven: Sich jemand anderem auszuliefern, eine fremde Sicht der Dinge zuzulassen, bei irgendeinem bekanntem Regisseur zum Beispiel, dabei hätte ich erstmal kein besonders gutes Gefühl. Und wenn überhaupt, müsste man sich das am Schluss anschauen und sagen ja oder nein. Dann nicht ohne Entscheidungsgewalt, von wegen das erscheint jetzt so, egal was die Band davon hält. So hätte ich das auf gar keinen Fall machen wollen. Selbst jetzt kann es ja noch passieren, das wir am Schluss sagen: Oh Mann, was für ein Scheiß, das bringen wir auf gar keinen Fall raus.

Wird es denn ein Screening für die Familie geben? Im Zweifelsfall bekommen Familie, Eltern, Partner immer nur ganz kleine Ausschnitte von der Band mit. Aber so das ganze große Bild, was diese Band ist, was sie für euch darstellt, das können sie ja eigentlich gar nicht haben. Ist das auch eine Gelegenheit, um zu sagen: Guckt mal Mama, Papa, dann verstehst du vielleicht mal, was das alles für mich bedeutet und warum ich so viele Wochenenden weg war und Jahre meines Lebens damit verschwendet habe?

Ollo: Ich denke schon. Alex und ich haben Kinder, vielleicht auch im Hinblick darauf: Hier guck mal, der Papa war jetzt oft weg, aber es hatte auch ein Grund. Heute meiner kleinen Tochter zu erklären, warum ich morgens ins Auto gestiegen bin und ganzen Tag nicht zu Hause war, das versteht sie nicht. Das wird sie auch die nächsten Jahre nicht verstehen können. Sie versteht, dass ich nicht da bin, und sie versteht, dass ich arbeiten gehen muss, aber vielleicht wird der Film ihr irgendwann vermitteln, warum das so war. Das hast du schon sehr gut erkannt. Ich schätze auch, dass sogar viele Außenstehende mehr über die Band wissen oder davon mitbekommen als die eigene Partnerin. Oder wie diese Band überhaupt so wahrgenommen wird. Das ist vielleicht eine Möglichkeit für sie, das so mitzuerleben, wie man das selbst sonst tut.

Alex: Und das betrifft nicht nur die engere Familie, sondern auch ganz viele Bekannte, Freunde von früher, die können sich oft überhaupt gar nicht vorstellen, was wir so machen. Die wissen nicht, wie groß ist die Band, was machen wir, wie sieht der Alltag aus. Ich glaube, das waren auch so die Ersten, denen wir davon erzählt haben, die fanden das total interessant. Die gehen nicht auf unsere Konzerte und sind auch kein Teil der Szene und verstehen das auch gar nicht so...

Ollo: Andererseits gibt es viele, die denken, dass PASCOW seit acht Jahren keine Gitarre mehr selbst gestimmt haben. Die glauben, dass das ein gewaltiges Rockprojekt ist und wir alles hinterhergetragen bekommen. Da wäre es schön, denen mal zu zeigen, wie die Realität bei einer mittelmäßig begabten Combo wie uns so aussieht.

Sven: Die werden alle bitter enttäuscht sein, haha.