MUFF POTTER

Schrei, wenn du brennst CD / Bordsteinkantengeschichten CD

Wie lange eine Band bereits schon existiert (und analog dazu, wie alt man schon geworden ist) erkennt man immer an der Wiederveröffentlichung von Platten, bei denen die typischen Reaktion lautet "Hä? Die ist doch noch gar nicht so lange raus!" Doch ist sie, sind sie! "Schrei, wenn du brennst" wurde einst in Ox #31 besprochen, "Bordsteinkantengeschichten in Ox #39, und in meiner Zeitrechnung ist das verdammt lange her ...

Dass sie acht Jahre später immer noch zusammen sind und quasi sowas wie Berufspunks wurden (hehehehe), das hätte sich Nagel und Co. damals wohl kaum vorstellen können, als sie "Schrei ..." veröffentlichten, aber so ist das eben im Leben.

Und es gibt nun echt schlimmeres als wenn eine Band wie diese etwas Konstanz beweist, nicht nach zwei Platten das Handtuch wirft, allen Widrigkeiten zum Trotz. "Schrei, wenn du brennst" also, eine der Platten, deren Backcover besser ist als das Cover, irgendwie haben sich die Fotos mit dem weißen, schrottigen Band-Opel Ascona in die Erinnerung gebrannt, das bekritzelte Vehikel, auf dessen Motorhaube die Tracklist geschrieben wurde.

Was gab es damals nicht in Oberhausen für Stress mit PC-Deppen wegen "Fernbedient", wie brillant analysiert "Der Sound der Neunziger" die damalige Musikszene (und ist auch heute noch aktuell), wie streckt man mit "Nach der Hubertusmesse" dem Jagdsport den Mittelfinger entgegen.

Verdammt viel Wut ist bei dieser Platte im Spiel, man ist noch viel agressiver als heute, aber erstaunlicherweise ist die Produktion von Dirk Kusche auch nach heutigen Maßstäben wirklich exzellent.

Wer die Platte noch nicht hat, sollte sie schleunigst in seinen Besitz bringen. Gleiches gilt für "Bordsteinkantengeschichten", und auch die ist schon beinahe fünf Jahre raus. Veröffentlicht in Zusammenarbeit mit Teenage Rebel, waren MUFF POTTER hier etwas gereift, nicht mehr so angepisst wütend, sondern eher nachdrücklich, erinnerten immer wieder an die famosen HOT WATER MUSIC.

"Unkaputtbar", "100 Kilo" oder "Gefühlsbonzentreffen" sind nur drei der zwölf Songs, die die Formation aus Rheine hierfür aufgenommen hat und die sich seitdem bei zig Konzerten so dermaßen ins Hirn gefressen haben, dass man selbst verblüfft ist, wie gut man sie kennt.

Doch, doch, doch, eine ganz hervorragende Band, und sollte es Menschen geben, die nur "Heute wird gewonnen, bitte" besitzen, so lege ich denen kurz vor Erscheinen des fünften Albums auf jeden Fall noch den Erwerb dieses Meisterwerks hier nahe.