Wenn ein Musiker und Songwriter wie David Schumann von KMPFSPRT beim Interview vor einem sitzt und sagt, dass seine Band auf deren neuen Album endlich wieder so klinge, wie sie klingen solle, nachdem sie in den vergangenen Jahren ein wenig den roten Faden der Musik verloren habe, dann schießen einem als Musikjournalist natürlich Fragen durch den Kopf. Wie meint er das denn jetzt? Begeht er gerade Verrat an der eigenen Truppe? Wie kommt er zu dieser Einschätzung? War davor wirklich alles schlechter? Und dann legt man die Platte nochmal ein. Und hört nochmal zu. Und kann an keiner Stelle abkürzen und weiterdrücken. Weil einem dann – wie bei jedem weiteren Hördurchgang von „Euphorie und Panik“ – nämlich klar wird: Dieser Mann hat recht! Die Platten davor waren nicht schlecht. Ganz und gar nicht. Jede einzelne von ihnen hat ihre Daseinsberechtigung und ihre Hymnen. Und auch „Gaijin“ als Vorgänger mit seiner grundsätzlichen düsteren, melancholischen Attitüde und einer Jahrhundert-Zeile wie „Wir tragen Schwarz, weil es dunkler nicht geht“, die auf jede Wand gesprüht werden will, war ein Meilenstein für diese Band. Indes: „Euphorie und Panik“ ist tatsächlich noch eine Stufe darüber anzusiedeln. Es ist zwingend. Es ist ein unerbittlicher Ritt der Intensität und der Dringlichkeit und mit einer Dramaturgie, die auf maximale Wirkung abzielt und genau diese maximale Wirkung auch erzielt: „Scherben, Stein, Papier“ ist der erste Song und haut einen um in seiner Wut. „Punk muss sich wieder lohnen“ folgt – und klatscht einem, noch am Boden liegend, das nächste Killer-Arrangement ins Gesicht. „Vom Augenwischer zum Millionär“ ist der dritte Schlag und ganz nebenbei vielleicht sogar der, nun ja, most sexy Song, den KMPFSPRT je aufnahmen in den dutzend Jahren, die es sie nun schon gibt. Und es geht einfach so weiter. Bis zum Schluss. Bis zum letzten Ton. „Euphorie und Panik“ kennt keine Pause. Lässt keine Pause zu. Dieses Album ist kompromisslos. Es ist eine Dampfwalze des melodischen Punkrocks und eine Flutwelle an Hooklines, die sich überschlägt und spritzt und rauscht und dröhnt und sich ergießt. Und es ist auch textlich überragend – allem voran im Anti-Querdenker-Song „Schottergarten Eden“, der Irrsinn und Wahn mittels jener Ästhetik beschreibt, die Sätze entfalten können, wenn sie mit viel Hingabe und dem Sinn für Wortwitz erdacht und zusammengesetzt werden: „Dein Führer schreibt ein Telegram(m)“ – besser geht es nicht. Ach ja: Und dann ist da auch noch dieses Saxofon in „Löwen-Emoji“. Und der Hardcore in „Schwanenkampf“ und am Ende von „Regen wie der Lärm von Zügen“. Und es stellt sich dann, wenn die zwölf Songs durchgerauscht sind, die nächste Frage. Die Frage nach „Wie jetzt?!?“ Und sie lautet: Wo haben sie das alles ausgegraben und hergeholt?
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