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FRANK TURNER

Be More Kind

Wenn Frank Turner einen freundlich bittet, sich nicht so viele Sorgen zu machen, dann will man dieser Bitte nur allzu gern folgen. Seine Stimme ist so beruhigend und er ist nun mal ein alter Charmebolzen, da machste nix.

Blöd nur, dass auch er sich ernsthaft Sorgen macht. Seine bisherigen Platten waren eher von persönlichen Befindlichkeiten geprägt, das wird nun anders. Der Sommer 2016 war der Auslöser. Der Wahlkampf in den USA lief auch Hochtouren, als Frank Turner mit FLOGGING MOLLY dort auf Tour war.

Er folgte seinem Bauchgefühl, legte das Album über vergessene Frauen in der Geschichte beiseite (das kommt als Nächstes und ich kann gar nicht oft genug sagen, wie gespannt ich darauf bin!) und schrieb zum ersten Mal eine explizit politische Platte.

Der erste Song „1933“ gibt zumindest inhaltlich den Ton an. Für Frank Turner fühlt sich diese Zeit an wie ein historischer Wendepunkt und wir sind ja nicht blöd: wahrscheinlich hat er recht.

Diese Sorgen und Ängste sind nicht nur in seinen Texten zu hören, auch musikalisch wird er ruhiger. „1933“ ist der mit Abstand rumpeligste Song, „Be more kind“ und „The life boat“ sind leise und zurückgenommen und selbst „Make America great again“ (Frank Turner liebt die USA und ja, das scheint seltsam, aber im Interview hat er uns erklärt, wieso), ein Stück, dessen Titel etwas Großes erwarten lässt, klingt ungewohnt nachdenklich.

Frank Turners Antwort auf die alltäglichen schlechten Nachrichten ist jedoch recht einfach: Seid netter zueinander, hört euch zu und klärt eure Probleme wie Erwachsene. Denn es ist ja nicht alles schrecklich.

Wir müssen das jetzt zusammen durchstehen und versuchen, die Idioten auf die richtige Seite zu holen. Irgendwie geht das schon. Bei all dem Elend auf „Be More Kind“ gibt es auch gute Neuigkeiten: Privat geht es Frank Turner ausgezeichnet! Er ist glücklich verliebt, hat ein Haus und eine Katze.

Die Frank-Turner-Ultras unter euch, die seine Songs bei ihrer Hochzeit spielen wollen, bekommen also endlich mal ein Liebeslied, das sich tatsächlich für solch einen Anlass eignet. In „Going nowhere“ findet Frank Turner wunderschöne Metaphern für die große Liebe.

Er vergleicht sich mit einem Plattenspieler und einem alten Ohrensessel. Das ist furchtbar kitschig, klar, aber deutlich beruhigender als die Tragik der alten Platten. Frank Turner bleibt der Goldjunge des Punk.

Die Songs von „Be More Kind“ werden live gut funktionieren, seine Worte spenden Trost und regen – hoffentlich – die richtigen Leute zum Nachdenken an, Fans in den USA hat er zur Genüge. Dem Sound hätte weniger Politur allerdings gutgetan.

Übel nehmen kann man es ihm aber auch nicht. Denn wie gesagt: Wenn Frank Turner sagt, dass alles gut ist, glaubt man ihm das gern.