In der deutschen Punkrock-Szene sorgen ZSK seit Jahren für Furore. Sie spielen sich auf gut Deutsch gesagt den Arsch ab und werden nicht müde, aufzustehen und Aktionen gegen Nazis und die Ungerechtigkeiten dieser Welt zu starten. ZSK sind der Beweis, dass eine starke politische Meinung und eingängige Punkrock-Hymnen eben auch zusammen funktionieren können. Wir möchten von Frontmann und Vordenker Joshi mehr über das demnächst erscheinende Album „HassLiebe“ erfahren und einen Einblick in die Arbeitsweise von ZSK erhalten.
Ihr seid kürzlich mit RISE AGAINST auf Tour gewesen. Das passt ja ziemlich gut, weil da zwei Bands mit starker politischer Meinung im Rockzirkus angekommen sind. Wie habt ihr die Tour erlebt?
Ich bin riesiger RISE AGAINST-Fan und als der Anruf damals kam, war das Ganze absolut unwirklich und ich hatte erst an einen Telefonscherz gedacht. Wir haben ja alle Deutschlanddaten mitspielen dürfen und bei der kleinsten Show davon waren 7.500 Leute, das war so krass. Die haben so positiv auf uns reagiert. RISE AGAINST haben es uns aber auch total leicht gemacht. Man hat ja immer Angst, wenn man mal auf die eigenen Helden trifft, dass man enttäuscht wird. Aber bei RISE AGAINST ist das absolut nicht der Fall. Band wie auch Crew sind total offen und unfassbar herzlich. Es war eine absolut überragende Erfahrung.
Am 10.02.2023 erscheint euer neues Album „HassLiebe“. Ihr seid schon so lange dabei und habt euch nie verbiegen lassen. Wie fühlt es sich an trotz eurer politischen Meinung die sicherlich nicht jedem passt auf das hoffentlich erfolgreichste Jahr in eurer Bandgeschichte zuzusteuern?
Sagen wir es mal so: Ja, wir machen uns nicht nur Freunde mit dem, was wir tun. Ich glaube auch, wir könnten es viel einfacher haben. Wir müssten nur zu allem die Schnauze halten und bloß noch über Fußball, Ficken und Alkohol singen. Damit machst du dich halt weniger angreifbar. Das ist aber nicht mein Verständnis von Punkrock. Wir machen einfach immer die Dinge, die uns wichtig sind und die wir für richtig halten. Es wird immer die Leute geben, die sagen, wir wären nicht politisch genug, und es wird immer die Leute geben, die sagen, wir wären zu politisch. Wir machen ja nicht Musik, um jedem zu gefallen. Vor allem anderen machen wir erst mal die Musik, die uns gefällt. Ich glaube und hoffe dabei, dass diese Ehrlichkeit auch bei dem Hörer ankommt. Es ist auch total unglaublich, wie immer neue Generationen an Fans nachkommen! Wenn man bedenkt, wie lange es uns schon gibt. Du triffst immer ein neues Publikum an. Viele 16-Jährige sieht man mittlerweile in den ersten Reihen auf unseren Konzerten. Da ist es uns auch wichtig, dies zu fördern und zu unterstützen. Mir schreiben zum Beispiel ganz viele Kids, die gerade ihre erste Band gegründet haben, und bitten um Tipps. Ich würde das niemals ablehnen oder als eine Last ansehen und versuche, ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Ich glaube, viele unserer Texte funktionieren auch für junge Leute so sehr, weil sie einfach aus unserem Leben kommen. Wir waren selbst mal in der gleichen Situation.
Mit eurem letzten Album „Ende der Welt“ seid ihr in Deutschland auf Platz drei der Charts gelandet. Ist diesmal Platz eins das erklärte Ziel?
Ganz und gar nicht. Wir hatten damals irrsinniges Glück und es kommt ja auch immer darauf an, wer zur gleichen Zeit etwas veröffentlicht. Man muss sagen, wir haben eine wahnsinnig treue Fanbase, und das ist am Ende des Tages das wichtigste. Die Fanbase kauft das Boxset und kauft das Album in physischer Form. Ohne diese absolute Zuneigung wäre ein Charteinstieg niemals möglich gewesen. Was die Charts angeht, klar ist das alles super und klar kommen deswegen ein paar mehr Leute auf die Shows, aber es ist eben auch nicht mehr so wie früher, als dir mit einer Top-Ten-Platzierung plötzlich die Welt zu Füßen lag.
Was hat sich seither konkret verändert?
Erst mal war vieles absolut deprimierend. Du hast da dieses total erfolgreiche Album und kannst die zugehörige Tour einfach nicht spielen. Du kannst nicht herausfinden, wie die Songs live ankommen. Irgendwann waren wenigstens ein paar Open Airs möglich. Und ein Jahr später endlich die Tour und dann zu sehen, dass die Songs total gut ankommen, war super. Aber wir waren in der komfortablen Situation, uns nicht auflösen zu müssen, und haben eben gesagt, scheiß drauf, dann schreiben wir einfach direkt ein neues Album, quasi mangels Alternativen.
Wie stehst du zum gegenwärtigen Zustand des Musikgeschäfts mit all seinen Irrungen und Wirrungen?
Ich glaube, heute ist noch gar nicht wirklich abzusehen, wie viel Einfluss die Streaming-Industrie, auf lange Sicht, auf die Musik haben wird. Das ist ja heute alles schon irre. Vielleicht hat der Punkrock-Bereich da noch ein wenig Glück, dass es so ein Fanlager gibt. Ich meine, Musikproduzenten haben im Kopf, nach 15 Sekunden steigt der Hörer statistisch gesehen aus, also muss es in den ersten 15 Sekunden schon so knallen, dass der Hörer nicht sofort die Aufmerksamkeit verliert. Die Songs werden nun auch immer kürzer und wo vorher vielleicht am Ende noch ein doppelter Refrain war, musst du nun den Titel stattdessen noch mal hören, und zack! hat der einen Klick mehr. Das geht mir alles tierisch auf die Nerven. Ich denke so oft, ich will einfach nur Musik machen, ohne alle die Dinge drumherum. Du musst als Band so eine Medienmaschine sein. Natürlich ist der Kontakt zu den Fans super und du kannst viele Leute erreichen, aber auf der anderen Seite musst du auch konstant abliefern. Wenn nicht in der gleichen Nacht nach dem Konzert noch die Konzertfotos hochgeladen werden, dann werden schon die ersten Leute nervös. Fluch und Segen zugleich eben.
Könntest du trotz deiner emotionalen Nähe zu „HassLiebe“ einen Lieblingssong vom Album nennen?
Mein Favorit ist „HassLiebe“, alleine schon vom Live-Faktor her. Kein Mensch hat dieses Stück auf der letzten Tour gekannt und trotzdem sind die Leute immer von Anfang an mitgegangen. Und natürlich mag ich auch einen ruhigeren Song mit „Ich höre dich atmen“, der uns wirklich gut gelungen ist und auch noch mal eine andere Facette von uns zeigt. Den Track hatte ich auf Akustikgitarre geschrieben und das ist für mich so eine Gänsehautnummer. Ich hoffe, das geht anderen Leuten auch so. Ich mag es einfach, wenn ein Album sehr unterschiedliche Songs hat, und das ist bei „Hass Liebe“ einfach so. Durch meine Stimme bleibt zwar alles immer unter diesem Regenschirm ZSK, aber es sind ganz viele verschiedene Ebenen, die uns als Band repräsentieren, enthalten.
Wie DIY kann eine Band 2022 noch sein?
Wir haben sehr früh angefangen, die Aufgaben auf viele verschiedene Schultern zu verteilen .Wenn ich alles selbst machen würde, müsste mein Tag fünfzig Stunden haben. Das wäre unmöglich. Aber DIY definiert sich für uns auch einfach darüber, die Dinge in die Hände von Leuten zu geben, die die Vision der Band verstehen und mittragen. Die Frage sollte ja eher sein, wie sehr interessieren dich die Dinge, die du aus der Hand gibst? Und da ist es bei uns einfach so: Es wird keine Entscheidung getroffen, ohne dass sie nicht von der Band abgesegnet ist. Ich denke mir jedes Shirt-Design aus, ich denke mir jedes Coverartwork aus und arbeite dann eng mit dem Grafikdesigner zusammen, bis es eben passt. Wir werden niemals die Band sein, der die Plattenfirma drei Cover vorlegt und wir müssen uns dann für eins entscheiden. Auf so eine Scheiße habe ich gar keinen Bock. Uns sagt auch niemand, welche Single wir auskoppeln sollen. Da lassen wir uns nicht reinreden. Wenn wir eine Tour in Israel spielen wollen, auch wenn uns jeder sagt, das ist finanziell völlig dumm, machen wir es trotzdem, wenn wir es für richtig und wichtig halten. Wenn wir nicht mehr machen können, was wir wollen, dann ist das für mich auch kein Punk mehr. Natürlich unterliegt man gewissen Zwängen und muss sich an gewisse Spielregeln halten, aber trotzdem lassen wir uns viele Dinge einfach nicht nehmen.
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