Sie sind aus der deutschsprachigen Punkrock-Szene nicht mehr wegzudenken. Der selbst ernannte Punk’n’Roll der Truppe aus dem Düsseldorfer Raum steht seit über zwanzig Jahren für mal gut gelaunten, mal melancholisch-nostalgischen, aber immer ehrlichen und authentischen Sound. Im Gespräch mit Sänger Sebi geht es um das neue Album „Lass die Hunde warten“, Szenebefindlichkeiten und den Neid auf Überlebenskünstler.
Hi Sebi, warst du heute schon mit deinem Hund draußen oder hast du ihn warten lassen?
Äh, nein. Heute war das eigentlich der Plan, aber dann ist meine Frau mal gegangen, weil wir ja ein tolles Interview führen wollen, haha.
Euer neues Album erscheint zeitgemäß auch als Kassette in kleiner Auflage, wie ich gesehen habe. Ist das ein rein nostalgisches Gimmick oder glaubst du, dass es auch Leute gibt mit Tapedeck, die das auch wirklich noch so konsumieren?
Es ist rein nostalgisch, denke ich. Es ist einfach geil, so eine Kassette da stehen zu haben. Ich habe auch noch einen Player zu Hause und werde sie auch mal reinschmeißen; mal gucken, wie das so klingt, aber ich glaube, es sieht einfach nur toll aus.
Jetzt habe ich zwei Zitate für dich. Nicht von dir, eher random ausgewählt. Das eine lautet: „Das nächste Album ist das Beste unserer gesamten Karriere.“ Und das zweite ist: „Die nächste Platte ist die härteste und zugleich melodischste, die wir je veröffentlicht haben.“ Mit welcher dieser Plattitüden kannst du heute hier dienen?
Mit der ersten, denke ich. Auf uns bezogen ist das natürlich ganz aktuell, weil man auch mittendrin war im Songwritingprozess. Man legt in dem Moment auch sehr viel Persönliches und Frisches mit rein in die Scheibe. Es ist, glaube ich, immer das aktuelle Album, das man gerade am meisten feiert. Man zweifelt auch am meisten daran, weil man sich teilweise auch daran satthört. Dann ist man auch wieder unzufrieden mit dem Songwriting. Und dann ist es wieder geil und spielt es Leuten vor und denkt, ja komm, ist schon geil, oder? Wie findest du das? Nee, mit Nummer eins würde ich gehen. Ja, das ist auch die ehrliche Antwort. Neue Alben sind ja auch immer Momentaufnahmen. Wie tick jemand gerade, wie bin ich drauf, so wie ich drauf bin, so schreibe ich ja auch. Das wird ja in dem Moment präsentiert und rausgelassen. Und das ist eigentlich, wenn man ehrlich ist, in dem Sinne auch das Beste, was man momentan abliefern kann. Ich glaube, das zweite ist eher so etwas, was sich sehr oft auch widerspricht bei Bands, sage ich mal, wenn sie von der härtesten Platte überhaupt sprechen.
Das Album schwankt, wie oft bei euch finde ich, thematisch zwischen einem Teil Nostalgie und einem Teil Aufbruchsstimmung, wobei ich diesmal den Zeiger eher in die zweitere Richtung setzen würde. Wie würdest du das einordnen?
Eigentlich ist die Message, es ist schon viel Scheiße passiert und es passiert immer mehr und lass mal neu starten, aber alles wird gut. Mach dir keine Sorgen. Lass die Hunde mal warten. Lass die mal warten, das ist auch sinngemäß so gemeint. Das wird schon.
Gibt es einen Song, auf den du besonders stolz bist?
Wir haben bei der Platte das erste Mal mit externen Leuten zusammengearbeitet, Nico Feelisch hat „Tag am Meer“ mitgeschrieben. Bei „Pferdekotzen“ war unser Produzent Tim Schulte mit dran, die beiden Songs also mal außen vor. „Zugvögel“ ist eine schöne Nummer, von der Thematik und von der Melodie her sehr schön. Und „Disco“ gefällt mir auch sehr gut. Das ist ein Song, der lag die ganze Zeit herum, weil wir nicht auf einen Nenner gekommen sind, was die Strophe betrifft. Es ging einfach nicht weiter. Und dann dachten wir uns, na, scheiß drauf, nehmen wir ihn halt nicht. Ich so nein, der Refrain ist so stark, ich versuche das noch mal. Und dann habe ich mich zu Hause hin gesetzt ein, zwei Tage, und doch noch was hinbekommen. Ja, auf den bin ich auch ganz stolz.
Gibt es eine besondere Hintergrundgeschichte zu dem Song?
Der Grundgedanke ist, dass das dieser typische Loser ist, der zu Hause sitzt und alle sagen ihm, mach doch mal, du musst mal was tun, sonst wird das doch nichts. Und der ist aber noch so frei zu sagen, mach du mal deine Steuererklärung – ich gehe in die Disco. So ein Überlebenskünstler, den jeder wahrscheinlich schon mal kannte oder so auch im Freundeskreis hatte. Und man sich fragt, was man selber eigentlich falsch gemacht hat, wenn so jemand bei allem, was er tut, es irgendwie doch noch alles auf die Kette kriegt.
Und man fragt sich, na ja gut, wäre ich vielleicht auch mal ein bisschen öfter in den Club gegangen, hätte das Leben vielleicht auch ein bisschen mehr genossen.
Genau. Aber Existenzängste spielen immer mit. Gerade wenn du Familie hast oder deine Miete zahlen musst und irgendwie am Leben bleiben willst. Das spielt immer mit. Diese Freiheit zu sagen, den Mut zu haben, was anderes zu machen, den hat eben auch nicht jeder.
Bist du jemand, der die Kommentarspalten auf Social Media verfolgt? Interessiert euch das? Wie geht ihr mit diesen ganzen Genrediskussionen bei euch um, ist das ein Thema für euch?
Ich lese das schon. Und wenn es negativ ist, was da steht, wäre es gelogen, wenn ich sage, das lasse ich nicht an mich heran. Mich juckt es dann auch, teilweise etwas Böses zu schreiben, wenn es denn ungerecht ist, aber das mache ich natürlich nicht. Und zu dem anderen: Das ist mir wirklich egal. In erster Linie machen wir Musik, die uns gefällt, und versuchen mit unseren Möglichkeiten das am besten darzubieten, was wir können und was uns selber gefällt. Wenn einer sagt, aber das ist doch kein van Gogh, das klingt ja poppig. Ja, scheiße, dann klingt es poppig. Aber es ist doch geil. Warum denn nicht? Die alten Scheiben existieren ja weiterhin, kann ja jeder die erste Platte hören, sollen sie das machen, das ist für mich auch okay.
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