KREATOR

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Vernunftbands gibt es schon genug

Zugegeben: Ich war in Sachen Thrash kein „early adopter“. 1986 entdeckte ich zwar D.R.I., aber dann ging es für mich Richtung Hardcore und nicht gen Thrash. KREATOR nahm ich über viele Jahre eher am Rande wahr – und auch Sänger und Gitarrist Mille, obwohl wir in den Neunzigern in Essen auf die gleichen kleinen Punk- und Hardcore-Konzerte gingen. 2008 dann trafen wir uns via Ox-Kollege Tom Küppers in Essen zum Essen und zum ersten Ox-Interview. Seitdem blieben wir im Gespräch, es folgten einige weitere Interviews und Essen (in Essen und Solingen), und ohne Milles Insistieren wäre ich vielleicht nicht vegan geworden. Und nun also die erste Ox-Coverstory für KREATOR, die sich seit ihrer Gründung 1984 in Essen-Altenessen zur weltweiten Thrash-Marke entwickelt haben – ohne Trennung, ohne Skandale.

Eine Metal-Band auf dem Cover eines Punk- und Hardcore-Heftes? Das geht, schon alleine deshalb, weil ein nicht geringer Teil der fürs Ox-Schreibenden wie auch der Leser:innen KREATOR-Platten im Regal stehen hat – die Trennlinie zwischen Hardcore und Thrash Metal war nie besonders scharf gezogen, schon in der Frühphase der Band nicht, als sie auf dem Aggressive Rockproduktionen-Zwillingslabel Noise veröffentlichte. Und so nahmen Mille und ich den für das späte Frühjahr 2022 anstehenden Release des 15. Albums „Hate über alles“ zum Anlass für ein weiteres langes Gespräch. Dieses ergab Einblicke in eine Künstlerwelt, in der das Aufnehmen eines Albums nicht aus zwei Wochenenden im Kellerstudio besteht, wo hunderttausende Fans in aller Welt nach dem neuen Longplayer dürsten, wo die Erwartungen aller Beteiligten enorm groß sind und sich einer, der Songwriter, über viele Monate, wenn nicht sogar Jahre, fast schon aufreibt im Drang, in erster Linie seine eigenen Erwartungen zu erfüllen und künstlerische Höchstleistungen zu erbringen. Dieses Interview fand im Dezember 2021 in Essen statt, ein paar Tage zuvor hatte ich das Album hören dürfen. Begleitet wurde ich von Uschi, die an manch entscheidender Stelle nachhakte.

Bereitest du dich auf Interviews vor? Überlegst du dir, was du zu bestimmten Dingen erzählen wirst? Oder lässt du das einfach auf dich zukommen?
Also ich überlege, was ich nicht erzählen werde. Es gibt immer mal so Fragen, was Songs betrifft: Was bedeutet dieser Text? Was soll das heißen? Und was hast du dir dabei gedacht? Das ist für mich immer schwierig. Manche Texte sind eindeutig und manche eben nicht. Und dann sage ich lieber gar nichts dazu. Die Leute sollen das auf sich wirken lassen und ihre eigenen Gedanken kreisen lassen, um Sinn in den Songs zu entdecken oder eben nicht. Ansonsten will ich mich immer vorbereiten, aber meistens kommt mir irgendwas dazwischen. Und gerade bei diesem Interview hier habe ich mich nicht vorbereitet.

Ich habe heute morgen erneut das wirklich sehr gute Interview gelesen, das Götz Kühnemund im Frühjahr 2021 für das Deaf Forever mit dir gemacht hast. Da merkt man, dass ihr euch auf Basis einer langen Freundschaft aufeinander eingelassen habt. Man lässt die interviewende Person relativ nahe an sich ran. Man kann dabei gewinnen, und dann ist es für beide Seiten ein schönes Gespräch. Ist es dir schon passiert, dass du das Gefühl hattest, dich zu sehr geöffnet zu haben?
Ja, ich hatte das letztens. Da hatte ich einen Podcast gemacht, mit einer befreundeten Person. Und im Nachhinein habe ich gedacht, ich habe da zu viel Privates erzählt, und deshalb versuche ich jetzt, bestimmte Dinge einfach außen vor zu lassen. Nicht, um mich besonders mysteriös erscheinen zu lassen, sondern einfach, weil ich denke, manche Sachen müssen auch privat sein. Aber ich finde es eigentlich gut, wenn man wie wir jetzt oder ich mit Götz auf so einer persönlicheren Ebene ist. Wenn es mehr als die 08/15-Fragen sind. Und wenn ein Interview eine andere Seite von mir zum Vorschein bringt als die Figur, die ich mit meiner Kunst, dieser Musik und dieser Band auf die Bühne bringe. Aber ich finde, es muss auch einen Teil meiner Persönlichkeit geben, der einfach nur für mich bleibt. Dieses Bedürfnis erkenne ich mit den Jahren immer mehr.

Du liest selbst sehr gerne Musikerbiografien. Was interessiert dich daran? Ich glaube, niemand kann sich davon freimachen, so ein gewisses voyeuristisches Bedürfnis zu haben. Man freut sich, wenn die Schreibenden auch mal kleine private Einblicke geben, mag Stellen, wo man denkt, man kommt dieser Person ein ganzes Stück näher. Man weiß aber trotzdem nicht, wie das Buch geschrieben wurde, ob diese Person den Leser wirklich nah ranlässt oder wie kontrolliert oder inszeniert es ist.
Ich finde, der Mittelweg ist gut. Ich habe letztens eine Biografie gelesen von einem ziemlich bekannten Musiker, der sehr „rumgefant“ hat, der ultra auf Fanboy gemacht hat. In jedem zweiten Kapitel hat er erzählt, wen er alles getroffen hat, und das fand ich sehr sympathisch auf der menschlichen Ebene. Aber ich fand es auch uninteressant, weil ich mich fragte, wo ist denn jetzt noch der Künstler, der über seine Inspiration spricht und so weiter. Eine Biografie fand ich in letzter Zeit wirklich interessant, das war die von Rob Halford von JUDAS PRIEST. Weil da eine Seite zum Vorschein gekommen ist, die wirklich privat ist, und wo ich auch mal schlucken musste, weil mir gar nicht bewusst war, wie es ihm in den Siebzigern, Achtzigern erging, weil Homosexuelle da noch ganz andere Probleme hatten als heutzutage. Dass das völlig tabuisiert wurde und man aufpassen musste, dass man nicht verprügelt wurde. Das kam in diesem Buch gut rüber. Andererseits habe ich Bücher gelesen, wo die Leute einfach nur verbittert sind. Das finde ich immer traurig, da höre ich dann auf, das Buch zu lesen, das will ich nicht hören. Es gibt bei solchen Autobiografien Leute, die können gut erzählen, dann ist es für mich interessant und dann freue ich mich darüber, dass ich was aus deren Leben erfahre. Und bei diesem Fanboy, da fehlte mir das Persönliche. Ich kann nicht pauschal sagen, was mich an so einer Autobiografie „voyeuristisch aufhorchen“ lässt. Ich finde es gut, wenn Leute Dinge erzählen, die sie nicht in jedem Interview sagen, und dann kommt man der Person etwas näher, obwohl das zum Teil wahrscheinlich auch nur inszeniert ist. Siehe etwa die MÖTLEY CRÜE-Biografie.

Das ist genau der Punkt. Was ist echt in Zeiten von Social Media und von Instagram, von Photoshop? Letztlich kann man auch so eine Biografie „photoshoppen“ oder sich da wie bei Instagram inszenieren. Und da gibt es möglicherweise noch einen Ghostwriter. Andererseits gibt es als Kontrast zur Autobiografie auch noch Biografien von außenstehenden Autor:innen, die von außen einen Blick auf die Person haben.
Ich finde es nicht besonders sexy, wenn die Leute zu viele Interna ausplaudern, wo vielleicht ein Bandmitglied, eine Person, die im Umfeld ist, gar nicht damit einverstanden ist. Auf der anderen Seite ist es auch schnell langweilig, wenn du dich wirklich nur von Album zu Album hangelst. Bei der Bruce Dickinson-Bio, ohne das jetzt bewerten zu wollen, habe ich gemerkt, der kommt aus einer anderen Welt. Der ist eher wohlbehütet mit Fechtunterricht und so aufgewachsen. Dazu hatte ich keinen Bezug. Anders als etwa Rob Halford, der ja, glaube ich, ein Arbeiterkind ist. Aber das ist für jeden anders. Ich finde es gut, dass es solche Bücher überhaupt gibt, weil die meistens interessant sind. Und wenn ich merke, das Buch ist langweilig, dann lese ich es auch nicht zu Ende.

Ich schreibe mir meist keine Fragen auf für Interviews, weil Gespräche dann oft zu statisch werden. Weil das ein langer Text werden soll, bin ich davon abgewichen. Eine der Fragen auf meinem Blatt ist: Seit wann ist Metal eigentlich so reflektiert geworden? Wenn ich jetzt mal ein Klischee strapazieren darf, wart ihr in den Achtzigern ja nur ein paar Kids aus Altenessen, die Thrash Metal spielten, Spaß haben wollten, saufen, Party ... Aber wann fing man an, sich selbst und sein Tun wirklich zu hinterfragen? Moment, wer sind wir eigentlich? Was machen wir da? Wie sehen uns andere? Wie wollen wir uns jetzt verhalten?
Beim dritten Album hat sich das geändert, würde ich sagen. Bei den ersten beiden Alben habe ich mir noch so Fantasiegeschichten ausgedacht. Und beim dritten habe ich schon so Songs wie „Toxic trace“ geschrieben, die sich mit Umweltproblemen befasst haben. Warum das jetzt so war, weiß ich nicht. Und ob das wirklich damit zu tun hatte, ob mich das damals irgendwie tangierte, wie mich andere Leute sehen, das weiß ich auch nicht. Ich denke, das hat etwas mit persönlicher Entwicklung zu tun. Als Mensch bin ich heute einfach reflektierter, als ich es als Zwanzigjähriger war. Vielleicht hängt es mit dem Alter zusammen und mit der Erfahrung, die man macht, dass man nicht mehr einfach irgendwas raushaut. Es gibt auch noch stumpfe Momente in meinem Leben, aber die haben in meiner Musik und dem, was ich raushaue, nichts zu suchen. Trotzdem ist das, was ich mache, nicht gefaket, weil alles, was ich sage, stimmt so. Ich bin heute nicht mehr so „Sturm und Drang“ wie mit Mitte zwanzig, ist doch klar. Wäre ja auch traurig, wenn es noch so wäre – vielleicht sogar tragisch.

Aber es gibt Leute in der Branche, die mit Mitte fünfzig genauso impulsiv reagieren, wie sie es mit fünfzehn getan haben. Sei es, was ihren Umgang mit dem anderen Geschlecht oder mit Partner:innen, mit anderen Menschen, mit Drogen, mit Alkohol und Ähnlichem betrifft. Die man für ihre Radikalität in gewisser Weise bewundert, doch gleichzeitig merkt man, dass das nur noch traurig ist. Etwa bei Marilyn Manson war der Weg von der Ikone zur tragischen Gestalt wohl sehr kurz.
Das mag sein. Ich bin weit davon entfernt, ein perfektes Leben zu führen. Das zu behaupten, wäre Quatsch. Und ich bin nicht so reflektiert, wie es vielleicht scheint. Ich habe chaotische Momente. Vielleicht auch tragische Momente. Aber ich bin keine tragische Figur. Das ist der Unterschied. Man muss irgendwo filtern und versuchen, eine gute Balance zu schaffen. Es kann nicht immer alles super sein. Nur weil wir jetzt im fortgeschrittenen Alter sind, heißt das ja nicht, dass wir alles richtig machen. Ich finde wichtig, wie du dich nach außen gibst. Du musst wissen, wann die Party vorbei ist. Muss ich jeden Exzess mitmachen? Ich finde Exzesse zum Teil immer noch wichtig. Dass man auch mal ausbricht aus der Vernunft. Aber ich finde es tragisch, wenn man es regelmäßig macht. Das hat was mit meinem Lebensstil zu tun, mit Gesundheit. Man weiß einfach, dass man ab einem bestimmten Alter nicht mehr so unzerstörbar ist, wie man mit zwanzig noch dachte. Und das verstehen manche vielleicht nicht. Ich glaube, dass das psychische Schäden verursachen kann und man gar nicht mehr checkt, wie sich die Welt um dich herum verändert hat. Stichwort Marilyn Manson: Wenn man sich die Howard Stern-TV-Shows mal anschaut, was der vor zehn oder fünfzehn Jahren noch gebracht hat, das war für den und sein Umfeld völlig normal. Jetzt hat aber Marilyn Manson verschiedene „Schüsse“ nicht gehört und das backfired jetzt. Du musst dich einfach immer mit den Entwicklungen beschäftigen, aber wenn du in deiner eigenen Blase lebst und nicht so richtig mitbekommst, dass bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr so gut sind, dann wird es vielleicht tragisch.

Da sind wir aber wieder bei dieser Frage: Wann wurde Metal eigentlich so reflektiert? Wobei wir diese Frage durchaus auch auf Punk beziehen könnten. Aber es geht ja hier um eine Metal-Band. Diese Exzesse und Partys, über die man natürlich gerne rückblickend in Autobiografien und Interviews liest, bringt heute gefühlt keiner mehr in echt. Dieses unkontrollierte, total wilde Ausrasten war ja auch ein konstituierendes Element von Punk und Hardcore. Aber irgendwann kam der Moment, ab dem das eigentlich nur noch eine Inszenierung auf der Bühne war. Auch was ihr auf der Bühne macht, das habt ihr ja einst relativ unüberlegt abgerissen. Heute ist das eher choreografiert.
Ja, das ist richtig. Ich habe das nie so verstanden, dass Metal unbedingt Exzess sein muss oder unkontrolliert. Ich finde, diese Energie, die da freigesetzt wird, die muss ungezügelt sein, die muss ohne Grenzen sein. Das muss so hart sein, dass es nicht mehr geht und auch wirklich schmerzt und brutal ist, und extrem. Extrem traurig, extrem heavy, extrem schnell. Es muss immer ein Gefühl vermittelt werden, und ich habe es nie so gesehen, dass das nur Exzess ist. Selbst als ich ganz jung war und mit sechzehn, siebzehn die Band gegründet habe, ging es mir in erster Linie um die Musik und um die Inszenierung. Für mich war die Inszenierung immer schon wichtig, und da gehört für mich eine bestimmte Bühnenpräsenz und Bühnenpersona dazu, die ich verkörpern will. Früher konnte ich noch verkatert auf die Bühne gehen, aber ich bin nie betrunken aufgetreten. Nie. Einmal habe ich Drogen genommen, bevor ich auf die Bühne gimg, weil jemand zu mir sagte, dann könne ich besser spielen. Das habe ich danach nie wieder gemacht. Das wird mir auch heute nicht mehr passieren, weil ich diese Erfahrungen gesammelt habe. Auf Tour trinke ich nicht, weil es mir einfach zu wichtig ist, dass ich wirklich 100% geben kann. Und 100% kriege ich heute nur noch raus, wenn ich körperlich und geistig 100% bei der Sache bin. Das wird mit den Jahren schwieriger, das muss man einfach sehen. Wenn du bestimmte Leute siehst, so Straight Edger, die machen die extremsten Shows auf der Bühne, die brauchen den Exzess nicht. Also der Exzess wird überbewertet für diese Art von Musik. Ich habe das nie so gesehen. Ich fand bei Punk-Konzerten immer die Essenz wichtig, die Message, und dass mich das berührt. Ich habe wenige Konzerte extrem betrunken gesehen. Wenn ich zum Konzert gegangen bin, war das für mich schon Rausch genug. Ich glaube nicht, dass es ein Qualitätsmerkmal ist, wenn du den Exzess mit in die Musik bringen musst. Bei manchen gehört der Exzess vielleicht dazu, aber ich glaube, das täuscht oft. Ich dachte immer, Mick Jagger sei so ein Drogentyp gewesen, aber der hatte nur eine kurze Phase, da hat der ein bisschen mit Drogen herumexperimentiert. Danach war das für den überflüssig. Heute steht er mit Mitte siebzig auf der Bühne und bewegt sich besser als so mancher Dreißigjähriger. Das ist auch mein Ziel.

Im Metal geht es wie im Punk, wobei das da anders verbalisiert wird, darum „real“ und „true“ zu sein. Was denkst du wie, wie eure Fans ticken? Wenn ich mir bei euren Social-Media-Profilen die Kommentare durchlese, dann gibt es da schon so einige Leute, für die seid ihr das einzig Wahre, Echte, die sind Fans und total begeistert. Was erwarten die von euch, was ist für die KREATOR?
Da muss ich dieses völlig überstrapazierte Wort „Authentizität“ bemühen. Das ist das Wichtigste. Wir machen nichts, was wir nicht sind. Selbst in den experimentellen Phasen waren das wir in diesem Moment. Und so ist es auch heute noch. Wenn ich ein Album mache, dann ist es das, was ich im dem Moment fühle. Und das merken die Leute. Ich fake nichts. Was ich da mache, ist das, was ich repräsentieren möchte, was mir Freude bereitet. Das sind die Songs, die ich in den letzten Jahren geschrieben habe. Und wenn ich die dann live bringe, dann hoffe ich, dass die Leute das nachempfinden können. Natürlich gibt es immer diejenigen, und das ist in der Punkwelt auch so, für die sind die ersten drei Platten die besten. Du kannst dich nur auflösen, dann hast du eine Chance da rauszukommen. Aber sobald du als Band ein bisschen mehr Leute ansprichst und ein bisschen länger am Start bist, hast du immer das Problem, dass dich viele Leute genau dafür verurteilen, einfach weil du schon so lange dabei bist. Du kannst ja gar nicht mehr so gut sein wie früher ...

Authentisch zu sein ist also kein Widerspruch dazu, sich auf der Bühne zu inszenieren.
Ich finde nicht. Inszenierung ist kein negatives Wort für mich, ich finde Theatralik wichtig. Ich finde auch dieses zum Teil Überpathetische gut. Bei mir erzeugt das Emotionen. Mir macht das Freude und ich sehe, dass das den Leuten gefällt. Für mich ist es super wichtig, dass ich etwas bei Musik empfinde und fühle. Und das kann man mit Pathos und Inszenierung, mit Theatralik, ganz gut erreichen. Man muss einfach ein bisschen bekloppt sein. Alles andere ist langweilig, weil „Vernunftbands“ gibt es ja genug. Ich habe immer schon Sachen gut gefunden, die völlig over the top waren. Also verrückt nicht im Sinne von geisteskrank, sondern im positiven Sinne. Ich finde, dass es auch so klingen muss, wenn KREATOR Musik machen. Dass das keiner so kann und macht wie du. Ich glaube, dass das die Essenz ist: Etwas zu finden, was keiner macht in dieser Form.

Aber genau an dieser Stelle scheiden sich auch die Geister. Du findest auch im Feuilleton statt, faszinierst Leute von außerhalb der Szene. Gleichzeitig gibt es Menschen, die mit einem gewissen Dünkel auf eine Band wie KREATOR und auf diese Inszenierung und diesen Pathos blicken. Die finden das ... unangenehm oder unintellektuell. Aus genau den gleichen Gründen geht KREATOR für die dann nicht.
Ist doch gut. Musik muss nicht intellektuell sein. Musik muss emotional sein. Intellektuelle Musik kann es auch geben, aber ich bin davon kein Fan. Ich finde, die Texte müssen einen intellektuellen Anspruch haben, wobei das auch immer ein großes Wort ist. Texte müssen emotional berühren. Und ich finde es ok, dass das, was wir machen, nicht allen gefällt.

Im März 2021 beispielsweise erschien eine Artikel über dich und KREATOR in der Süddeutschen Zeitung. Dass du im Feuilleton stattfindest, ist aber keine neue Sache, sondern hat sich die letzten Jahre entwickelt. Das ist ein interessantes Phänomen. Was denkst du, was steckt dahinter, dass es – um ein Klischee zu bemühen – Menschen in schwarzen Anzügen mit schwarzen Rollkragenpullovern und eher zurückhaltendem Auftreten reizt, sich mit jemandem wie dir und einer Band wie KREATOR zu beschäftigen, was ja eigentlich wirklich total outside von deren Box ist?
Das kann ich dir nicht beantworten. Ich hinterfrage es auch nicht. Ich finde nur oft die Gespräche mit diesen Leuten interessant, weil das eben eine andere Sichtweise ist. Weil die Leute vielleicht einen leichten Punk- oder Metal-Hintergrund haben, aber nie nur den Fokus darauf gelegt und sich eher mit anderen Dingen beschäftigt haben. Es ist schön, wenn die irgendwas in uns sehen, das ich so vielleicht nicht sehe. Daraus ergibt sich für mich eine neue Sicht auf die Dinge, weil ich dann auch mich anders sehe, wenn die Menschen mir Fragen stellen zu Punkten, über die ich mir noch nie Gedanken gemacht habe. Und dann entsteht etwas Neues, eine neue Facette.

Man merkt, dass dieses Metal- oder Punk-Ding auf ganz vielen verschiedenen Ebenen funktioniert. 1977 war es natürlich einfach für Punk, ein Bürgerschreck zu sein. Da saßen aber auch noch keine Leute aus unserer Generation mit ähnlicher Sozialisierung an den Stellen, die darüber berichteten.
Vielleicht ist das ja der Punkt. Ich habe letztens noch darüber nachgedacht, weil auf Netflix ständig irgendwelche Punk-Dokus auftauchen, und da wird das Thema immer wieder neu aufgerollt. Ich denke mir dann schon mal: Okay, man kann das auch überstrapazieren. Auf der anderen Seite ist es wichtig für die folgenden Generationen, dass die checken, worum es da ging. Für uns ist es aber ein alter Hut. Kommunikation ist das Ding. Die Leute, die mich interviewen, sind meistens so in unserem Alter, und für die ist dann Punk und Metal vielleicht ein Kulturphänomen, das jetzt anders wahrgenommen wird, weil einfach so viel Zeit vergangen ist und die immer noch da sind. Im besten Fall wird das gut beleuchtet, mit interessanten Fragen und aus einer anderen Sicht. Oder es wird überstrapaziert, wie mit diesen zig Dokus. Da gibt es nicht viele gute, da ist viel Wiederholung. Je länger ein Genre existiert, desto mehr gibt es das.

Musikalisch scheint sich für Außenstehende in diesen Genres nicht viel zu verändern, in der Innensicht ist das aber natürlich anders. Wenn man sich tatsächlich ständig mit der Sache beschäftigt, dann ist es immer noch ... Thrash.
Ja, für uns ist es normal, für Leute von außen sind wir Aliens, und sie versuchen dieses Phänomen zu begreifen, weil sie mitbekommen, dass das populär ist. Ich habe immer das Gefühl, wenn ich mit Leuten aus dem Feuilleton rede, dass sie sehr gut vorbereitet sind, dass es zum Teil sehr interessante Gespräche sind. Dass Metal und Punk und Hardcore, die Dinge, die wir noch als rebellisch empfunden haben, als innovativ und wild, jetzt etabliert sind.

Ein echtes Erlebnis für mich war euer Jubiläumskonzert in der Essener Grugahalle, wo ihr dermaßen abgerissen habt. Das war, als ob ein Hochleistungssportler auf 100 Metern noch mal ein paar Hundertstel rausholt. Wenn man das miterlebt, ist das aber irgendwie „normal“, erst im Kontakt mit „normalen“ Menschen merkst du, wie die Leute erschrocken reagieren auf diese extreme Musik.
Das ist genau das, was ich gerade meinte. Wir haben ja schon alle möglichen Bands gesehen, Noisecore und was weiß ich alles. Für uns ist das nicht so schockierend wie für Leute von außen. Das alles möchte ich aber auch nicht hinterfragen.

Der Zauber, das Geheimnis, muss also erhalten bleiben? So wie man die Zaubertricks von David Copperfield nicht verraten würde, weil sonst die Show keinen Spaß mehr macht?
Genau das meine ich mit Inszenierung, mit Theatralik. Beim letzten Album haben wir ein Clubkonzert gespielt, ohne große Show – das geht auch. Aber das, was man in so einer Halle macht, ist eine andere Hausnummer. Beides hat seine Berechtigung. Ich habe 2021 nicht viele Konzerte gesehen, eines war in einem Jazzclub. Ich mag keinen Jazz, aber der Typ, der da gespielt hat, war gut und war auch Metal-Fan. Das war ein richtig gutes musikalisches Erlebnis, dabei haben die Leute gesessen. Musik berührt einen oder eben nicht, und ich glaube, das ist es, worum es geht. Egal ob extremer Metal oder loungige Klaviermusik. Hauptsache ist, es spricht dich an, Emotionen werden dabei freigesetzt und berühren Menschen.

Welchen Zweck erfüllt ein neues Album für dich, jenseits dessen, dass eine Band so was eben alle paar Jahre macht?
Das ist die Frage, die ich mir auch gestellt habe. Ich schreibe ja permanent Songs, immer, die ganze Zeit. Das ist wie so eine Art Hobby. Ich schreibe ständig. Irgendwann habe ich zwanzig Songs beisammen, dann wähle ich die zehn besten aus und mache ein Album, wie ich das gerne hören würde. Ich bin der Meinung, dass gerade im Metal-Bereich nicht mehr so viel Innovation stattfindet. Und dann bilde ich mir immer ein, wenn ich jetzt ein Album mache, dann ist das innovativ, hahahaha. Das ist das Ziel. So ein Album muss mir gefallen. Ich muss Bock drauf haben, das immer wieder zu hören.

Du hörst dir deine eigenen Platten doch nicht ständig an, oder?
Nein, nicht ständig. Aber im Entstehungsprozess. Wenn du mich jetzt fragen würdest, was ich 2021 am meisten gehört habe, dann würde ich sagen, meine Demos und mein unfertiges Album, um das zu verfeinern und noch ein paar Dinge zu machen, und dann noch an diesem und jenem Text zu feilen und was weiß ich was. Vielleicht kann ich das mit Kochen vergleichen: Du kochst das Gericht einmal und dann machst du das noch einmal, lässt aber das eine weg und machst dafür mehr von was anderem rein. Am Ende des Tages schmeckt es dann richtig gut. Und bei einem Song ist es so, dass du den am Schluss hörst und weißt, du hast alles aus diesem Stück rausgeholt. Viele der Songs auf dem neuen Album gibt es schon seit drei Jahren oder so, davon gibt es fünfzehn verschiedene Versionen, das ist jetzt nicht übertrieben. Und das, was du dann auf dem Album hörst, ist die Essenz, also etwas, wovon ich denke, dass es ausdrückt, was ich sagen wollte. Songs sind für mich immer mit einem Text verbunden, das heißt, ich muss einen guten Text haben, der mir gefällt, und den muss ich dann vertonen. Die finale Version des Songs ist dann die bestmögliche Form, das alles auszudrücken.

Könntest du dir vorstellen, mal so ein Projekt zu machen wie CONVERGE neulich zusammen mit Chelsea Wolfe? Also eine komplett neue Interpretation der eigenen Musik, mit Input von außen, und mit dem Ergebnis, dass das schon ganz anders klingt als „klassische“ CONVERGE-Songs.
Ich denke schon eine ganze Zeit darüber nach. Ich will ein Projekt machen, wo ich mal die ganze Musik aus einem anderen Blickwinkel betrachte. Beim neuen Album hatte ich diverse Gastmusiker:innen dazugeholt und der Austausch war schon sehr inspirierend. Und ich habe mit vielen verschiedenen Leuten und Produzenten gearbeitet, mit denen ich Demos gemacht habe. Ich habe für das Album mit der italienische Band FLESHGOD APOCALYPSE zusammengearbeitet, für drei Lieder holte ich die dazu. Im Endeffekt haben wir das entstandene Material aber nur im Intro verwendet und ein bisschen im letzten Song. Aber ich habe jetzt drei klassische, symphonische Versionen meiner Songs rumliegen ... Weil Francesco von dieser Band sich so viel Mühe gegeben hat, werden wir das wohl später mal als EP rausbringen. Ich finde es interessant, seine Musik mal in so einem klassischen Kontext zu hören. Ob man das dann in Albumlänge braucht, weiß ich nicht, aber es ist auf jeden Fall als Erfahrung wichtig, um etwas über die Essenz deiner Lieder herauszufinden. Auf der musikalischen Ebene entwickelt man sich weiter durch so einen Austausch.

Wie sieht der Song-Mix auf einem KREATOR-Album aus? Wie rubrizierst du Songs im Vorfeld? Gibt es eine Art Bauplan? Höre ich etwa den Opener „Hate über alles“ zum dritten Mal, glaube ich schon fast, ich hätte euch damit bereits fünf Mal live gesehen. Da weiß man doch schon im Vorfeld, da tobt der Saal. Wie gehst du also beim Schreiben und beim Zusammenbauen vor?
Gute Frage, denn ich denke noch im Album-Kontext. Es gibt viele Leute, die denken nur noch im Single-Kontext und da bin ich noch nicht angelangt. Ich bin selber Fan des Album-Formats und ich höre mir auch noch Alben an. Das klingt jetzt fast so, als wäre das was Antiquiertes, sich ein Album anzuhören. Ich bin ja mit meinem Management und mit vielen anderen Leuten in Kontakt, die mir immer wieder was von Spotify-Algorithmen und der Bedeutung von Singles erzählen. Und ich denke mir immer: Ich will das alles nicht! Deswegen mache ich ein Album. Ein Album muss für mich von vorne bis hinten interessant klingen. Das darf nicht langweilig werden. Für das neue Album habe ich zwanzig Songs geschrieben, von den zwanzig sind zehn aufs Album gekommen und diese zehn Songs sind die Essenz. Die zehn anderen sind nicht drauf, weil die zu ähnlich klangen oder ein ähnliches Thema behandelt haben. Für mich ist es ganz wichtig, dass da von den Texten her alles rund ist und für mich alles Sinn ergibt. Manche Bands hätten wahrscheinlich ein Doppelalbum gemacht mit den zwanzig Songs. Dann spreche ich aber verschiedenen Themen doppelt an, denn manchmal fallen dir so ähnliche Sachen ein und die wiederholen sich dann, und das finde ich nicht spannend. Deswegen also mache ich ein Einzelalbum, und von den zehn Songs, die ich übrig habe, kommen dann drei aufs nächste Album. Oder vielleicht auch keiner davon.

Du sagtest vorhin, du schreibst ständig Songs. Wie muss ich mir das vorstellen? Mein Büroalltag ist relativ simpel: Rechner an, Mails bearbeiten, Texte für das neue Heft bearbeiten, Heft raus und alles wieder von vorne. Und wenn ich ein Interview geführt habe, muss ich es abtippen. Mich „zwingt“ also immer irgendwas, das zu tun, was ansteht. Aber dich zwingt ja niemand, dir neue Songs zu überlegen. Wie bringst du dich dazu, kreativ zu sein? Wie kanalisierst du deine Kreativität?
Das ist völlig unterschiedlich. Ich habe so Phasen, wo ich Songs schreibe, und dann beschäftigen die mich die ganze Zeit und dann muss ich die vorproduzieren. Ich sitze hier morgens am Tisch, trinke einen Kaffee und spiele Gitarre und nehme das mit dem Handy auf, erst mal als grobe Idee. Und wenn mich die Idee packt, dann will ich am nächsten Tag auch weiter daran arbeiten. Die Sachen höre ich mir dann an, und wenn das eine super Idee war, dann beschäftigt die mich meistens noch im Schlaf. Dann konkretisiere ich die Idee und mache ein Demo davon.

Klingt simpel, aber was bedeutet das konkret?
Das bedeutet, dass ich dann zu meinem Kumpel Marc Görtz von CALIBAN fahre. In dessen Studio miete ich mich ein und wir produzieren einen Song so vor, dass er vorspielbar ist.

Du spielst Gitarre und singst und der Rest kommt aus der Konserve?
Ja, Schlagzeug und Bass und andere Instrumente werden vorarrangiert und ich höre mir das dann zu Hause an. Zum Beispiel beim neuen Album hatte ich den Titelsong als Ersten geschrieben. Der hatte im Verlauf der Produktion drei oder vier verschiedene Titel und sicher zehn verschiedene Arrangements, mindestens. Von episch bis Geballer war alles dabei. Und ich bin immer wieder zu Marc gefahren und habe gesagt, den einen Song, den müssen wir noch mal machen. Also haben wir alles wieder umgeschmissen. Marc fragte: „Warum machst du das? Der war doch gut.“ Nein, der war noch nicht gut. Und dann machten wir es noch mal. Vielleicht nehme ich einen dieser Parts dann da raus und packe den bei einem anderen Song rein. Das ist wie ein innerliches Puzzlespiel. Andere Songs sind sofort da, da machst du nicht mehr viel dran. Ich kann das gar nicht beschreiben ... so ein Song beschäftigt mich dann den ganzen Tag und ich versuche, den zu knacken. Das sagt man immer so unter Songwritern: „Der Song ist geknackt.“ Ist er dann auch, aber nur für eine gewisse Zeit, und dann hörst du den zu Hause an und merkst, dir schlafen die Füße ein, du musst den noch mal machen. Das ist mein Anspruch, den ich an die Songs habe, und der ist für andere wahrscheinlich gar nicht nachvollziehbar. Deswegen spiele ich die Demos auch niemand vor, bis auf Marc. Der sagt aber: „Der war doch gut. Warum machst du’s denn jetzt noch mal?“ Wenn ich den noch anderen Leuten vorspielen würde und die würden genauso reagieren, dann hätte ich vielleicht gar nicht die Motivation, da noch mal ranzugehen. Für mich sind die hinterher besser. Vielleicht sind ja auch die alten Versionen besser, aber für mich persönlich sind sie es nicht. Ich muss zufrieden sein. Ich muss mir das anhören und sagen, der Song hat jetzt alles. So habe ich das noch nie gehört. Das ist eine Mischung aus unseren alten Sachen und da ist noch was Neues dabei, das habe ich in der Form noch nicht gemacht. Das ist mir wichtig.

Irgendwann sind die Songs alle fertig. Und dann entscheidest du, ihr geht ins Studio, oder wie läuft das?
Also ich habe vielleicht zwanzig Songs geschrieben, von zehn entstehen Demos, und die schicke ich meiner Band. Wir gehen dann zusammen in den Proberaum und bearbeiten die als Band. Da wird herumarrangiert, hier und da eine Tonart verändert, und so weiter. Diesmal hatte ich meinem Produzenten schon vor einem Jahr die Demos geschickt. Wir hatten so viel Zeit durch Corona, dass wir fast schon zu viel daran gearbeitet haben. Wir haben viele Sachen wieder rausgeschmissen, die wir eigentlich schon bearbeitet hatten. Das war eine sehr luxuriöse Situation, so viel an den Songs zu arbeiten, nur um dann letztlich zu einer alten Version zurückzukehren, die eigentlich besser war. Das habe ich jetzt gelernt durch meinen Produzenten Arthur. Er sagte mir, dass es wichtig ist, dass du natürlich bleibst. Ich könnte mich jetzt hier hinsetzen und dir die Songs auf der Gitarre vorspielen, das würde funktionieren. Das muss aus dem Bauch heraus kommen, das hat Arthur gut herausgefiltert beim neuen Album. Der Prozess, um dorthin zu kommen, ist echt manchmal schmerzhaft. In so einer Phase redest du mit jemand, bist aber gar nicht präsent, weil du die ganze Zeit über irgendwelche Harmonien nachdenkst.

Woran merkt man dir das an, wenn du in so einem Modus bist? Wie bist du dann drauf? Launisch oder einfach nur abwesend und hörst gar nicht zu?
Ich bin dann manchmal geistig gar nicht anwesend, ja. Ich bin dann nicht so richtig „im Moment“, weil ich draußen bin in dieser Musikwelt. Vielleicht wirke ich auch manchmal unhöflich, wenn ich einfach so abschweife, aber ich kann das nicht kontrollieren. So eine kreative Arbeit im Kopf, die ist nicht abzuschalten. Manchmal beschäftigt mich das noch beim Einschlafen, und wenn ich am nächsten Morgen aufwache, habe ich die entscheidende Idee. Das ist wirklich die ganze Zeit so ein geistiger Prozess, der nicht aufhört. Jetzt, da das Album fertig ist, ist dieses ständige Nachdenken erst mal weg. Und auch wenn ich jetzt morgens Gitarre spiele und Ideen aufnehme, sind die alle so rudimentär, dass es mich nicht ständig beschäftigt.

Ist das morgendliche Gitarrespielen auch dazu da, um beweglich zu bleiben?
Nein, das hat nichts mit Üben zu tun. Jedes Mal, wenn ich die Gitarre nehme, dann schreibe ich. Das ist nie zum Üben. Ich übe schon, aber das mache ich, wenn wir ein Konzert spielen, dann setze ich mich hin und spiele die Songs mal durch und gehe noch in den Proberaum, damit alles sitzt.

Diese „Besessenheit“ von diesem kreativen Prozess, das klingt in manchen Momenten schon beinahe gefährlich. Man kann ahnen, wenn man ein weniger geerdeter Typ ist als du, dass Leute darüber wirklich austicken können, dass die Suche nach dem perfekten Song zum Wahn werden kann.
Ich habe in meiner Jugend mit LSD experimentiert, aber bald gemerkt, das ist Quatsch, das zu machen, denn ich habe so viel Fantasie, dass das bei mir einen ganz anderen Effekt hatte als bei anderen Leuten. Bei mir war es dann viel zu viel. Und ich brauche das nicht. Ich habe die ganze Zeit meine eigenen Filme im Kopf. Das ist eigentlich ein gutes Ding, aber wie du sagst, das kann auch nach hinten losgehen. Manche Leute haben das Talent, dass sie einfach was spielen und das ist direkt super. Also bei mir ist das nicht so, ich muss dranbleiben und es verfeinern und daran arbeiten. Dieses positiv Besessensein trägt dazu bei, dass das Album dann auch gut wird.

Unterhältst du dich mit anderen Künstlern über dieses sich Hineinsteigern in die kreative Arbeit?
Ich habe da ein paar Leute, mit denen tausche mich aus und die empfinden das ähnlich. Die sind auch sehr auf Details versessen, die kämpfen mit so einer Art Wirrwarr und das muss sich irgendwann entwirren. Und dann ist es klar, dann ist das da, was man ausdrücken will. Das klingt vielleicht, wenn man es am Ende hört, gar nicht so kompliziert, aber der Weg dahin ist es. Das hört sich vielleicht bescheuert an, aber manchmal denkt man, man hat das beste Album der Welt gemacht, doch die Leute sehen das gar nicht so. Dir ist das egal, weil für dich ist es ja gut. All diese Dinge, die ich dir jetzt erzählt habe, die haben nichts mit Erfolgsdruck zu tun. Ich möchte nur, dass mir das am Schluss gefällt. Ich möchte, dass ich mir das anhöre und denke „Wow ...“

Warst du schon immer so oder bist du irgendwann so geworden? Also in dieser kreativen Hinsicht?
Ich glaube, in der Jugend fliegt einem das noch zu. Die ersten Alben waren wirklich noch einfach. In den ersten fünf Jahren haben wir fünf Alben rausgebracht, das ist schon eine ganze Menge. Jetzt brauche ich für ein Album drei, vier Jahre, damit das dieselbe Qualität hat wie ein Album von früher. Aber damals gab es auch noch nicht so viele Bands. Damals gab es nicht so viele Riffs. Damals gab es noch nicht so viele Texte. Du möchtest immer exklusiv sein. Alle Songs, die ich mache, alle Titel, möchte ich im Idealfall nicht schon bei fünf anderen Bands gehört haben. Und da wird es ja immer enger, weil es tausend Millionen Metal-Bands gibt. Und es gibt Google. Und jedes Mal, wenn ich eine Idee für einen Songtitel eingebe, erscheinen da fünf verschiedene Titel von anderen Künstlern, dann muss ich mir einen neuen Titel einfallen lassen. Das ist es, was die Sache noch ein bisschen komplexer und komplizierter macht.

Die Marke KREATOR muss bestmöglich mit Inhalt gefüllt werden – so würden Marketing-Fachleute das ausdrücken.
Ja, das muss stark sein. Als Filmfan sehe ich das ja auch immer wieder. Wenn man sich so bestimmte Regisseure anschaut, wenn die den 15. Teil von einem Film machen und das dann nur noch lame ist. Das möchte ich nicht.

Wenn du so im „Kreativwahn“ bist, wer oder was holt dich dann runter?
Das ist meistens Sport. Oder lesen. Sich mit anderer Musik beschäftigen. Einfach mal raus aus dieser Musikwelt, viel ins Kino gehen. Wobei das pandemiebedingt ja nicht so gut ging die letzten zwei Jahre. Ich versuche, mich mit anderen Dingen beschäftigen, die inspirierend sind. Die neuen Input geben. Wenn ich im „Schreibwahn“ bin, schaue ich gerne irgendwelche Dokus und dann höre ich einen Satz, schreibe ihn auf und verwurste den. Auch Gespräche fließen da ein. Aber der Abstand ist wichtig, ich muss dann irgendwann raus und aufhören. Ich bin auch mal weggefahren, habe eine Gitarre mitgenommen und dachte mir, so am Strand, ganz romantisch, schreibst du ein Album – aber das funktionierte überhaupt nicht. Das geht nicht bei mir. Wenn ich im Entspannungsmodus bin, dann möchte ich alles andere, nur keine Songs schreiben.

Es ist doch der totale Luxus, wenn man sich zum Lebensunterhalt in eine Sache, die einem so wichtig ist und die einen so begeistert, so vollumfänglich hineinstürzen kann. Ist das immer ein Segen oder empfindest du es auch manchmal als Fluch? Wie gehst du mit dieser Leidenschaft um?
Ich habe einfach super Glück, dass das so ist. Ich mache, was mir Spaß macht, und werde dafür noch bezahlt, das ist absurd, wirklich. Ich habe super Glück gehabt. Ich kenne zig Musiker, die sind viel bessere Gitarristen, die können nicht so gut davon leben wie ich. Aber ich glaube, ich habe das Talent, Songs zu schreiben, die Leute berühren. Da kann man einfach nur froh sein, dass es so ist. Ich kenne so viele Leute, Bands, die sich noch mit anderen Dingen beschäftigen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und das ist nicht richtig, weil eigentlich müsste ein Künstler nur Künstler sein können. Aber das gibt diese Gesellschaft nicht her. Und manche sind dann so mit dem Überleben beschäftigt, dass sie den Faden verlieren, es gehen ganz viele Talente dabei drauf, das ist so tragisch. Die haben angefangen, Musik zu machen, es war toll, und dann kommt das Leben dazwischen und sie sind abhängig von einem Job, den sie machen müssen. Sie arbeiten so viel, dass sie abends gar keine Lust mehr haben, Songs zu schreiben, was aber eigentlich wie bei mir deren Aufgabe wäre. Es wäre schön, wenn alle Leute, die dieses Talent haben, das auch ausleben könnten.

Das bedingungslose Grundeinkommen ...
... fände ich super. Wenn ich der Politik einen Vorschlag machen könnte, dann diesen. Das wäre super für solche Leute. Nicht nur für Musiker, sondern auch für Filmemacher, Maler, Töpfer, was weiß ich was. Wenn du irgendwie was machen willst, dann solltest du die Möglichkeit haben, das zu machen. Und so ein bedingungsloses Grundeinkommen bedeutet ja nicht, dass du in Saus und Braus leben kannst. Du musst dir nur nicht mehr um dieses blöde Geld Gedanken machen und einen Job machen, der dich von deiner Kunst abhält.

Speziell in Corona-Zeiten hat man gesehen, wie wichtig das für künstlerisch arbeitende Menschen wäre. Eine etablierte Band wie KREATOR kann natürlich so eine „Dürre“ eher überbrücken.
Also auch ich würde sicher an einen Punkt kommen, an dem ich ins Schwimmen gerate, wenn das nicht irgendwann wieder losgeht. Corona ist tragisch für die Kreativen. Für alle Leute, die darauf angewiesen sind, auf Bühnen zu stehen und auch hinter der Bühne. Mein Gitarrentechniker etwa ist Busfahrer geworden für die Zeit, wo er nicht auf Tour gehen kann. Gerade solche Leute bekommen ja keinerlei Unterstützung.

Wie habt ihr euch als Band motiviert gehalten in den letzten zwei Jahren?
Wir haben versucht, die Zeit optimal zu nutzen. Wir hatten das Album, zwölf Songs, schon 2020 fertig, im Oktober, aber dann kam der zweite Lockdown. Im November wollten wir ins Studio gehen, also haben wir erst mal eine Pause gemacht. Dann habe ich noch weiter an den Songs gearbeitet, denn es zeichnete sich ab, dass unsere Tour nicht stattfinden wird. Das Album Anfang 2021 rauszubringen und dann auf Tour zu gehen, hat auch nicht geklappt. Und so haben wir die Albumveröffentlichung und die ganze Tour ins Jahr 2022 verlegt. Die Tour war ja zunächst für März 2020 geplant ... zum ersten Lockdown.

Im Sommer 2021 habt ihr immerhin auf ein paar Festivals gespielt – im Ausland.
Die waren auch echt super. Leider alle im Ausland, denn in Deutschland ging das in der Form nicht. Das war nur in Belgien, England, Ungarn und Spanien möglich. In Spanien hatten wir eines von diesen Social-Distancing-Konzerten, da haben die Leute an Tischen gesessen. Und wir haben sogar eine Clubshow gespielt in Österreich.

Die Zeit seit dem letzten Album „Gods Of Violence“ von 2017 war auch durch eine personelle Änderungen in der Band bestimmt. Bassist Christian „Speesy“ Giesler, seit 1994 dabei, wurde im September 2019 durch Frédéric Leclercq abgelöst. Schlechtes Timing, der konnte seitdem kaum Live-Erfahrung mit euch sammeln.
Das Tragische an der ganzen Sache war, dass ich 2019 komplett frei gemacht hatte. Wir brauchten eine Pause, wir waren davor zwei Jahre ununterbrochen auf Tour. Also nahm ich mir 2019 frei, um das nächste Album zu schreiben, für das wir Anfang 2020 zu proben beginnen wollten. Und plötzlich ging es los mit Corona ... aber das konnte ja keiner vorhersagen. Zwei Konzerte haben wir dann doch gespielt 2019, in Chile. Und danach haben wir erst mal lange nichts gemacht und dann 2021 sechs Konzerte. Frédéric hat also mittlerweile mit uns acht Konzerte gespielt. Es ist natürlich wenig im Vergleich dazu, was wir sonst so spielen. Aber Frédéric hat sich sehr gut etabliert, der hat auch die Vorproduktion bei den Band-Demos übernommen. Das war eine große Hilfe. Er ist ein geschulter Musiker, das hilft. Die Hälfte besteht aus Autodidakten, die andere Hälfte ist geschult. Der andere „richtige“ Musiker ist Sami. Das ist ausgewogen so. Ventor und ich verkörpern als Autodidakten das Primitive. Die beiden anderen haben diese Finesse, und das macht die Band jetzt aus.

Wie geht man vor, wenn in so einer Band eine Position neu zu besetzen ist?
Das ging ganz schnell. Ich wusste, dass Frédéric in seiner alten Band nicht mehr so glücklich war. Wir sind schon lange befreundet, und ich habe mir immer gedacht, den würde ich gerne in der Band haben. Das ging relativ unkompliziert. Wir haben niemanden sonst ausprobiert. Er ist ein professioneller Musiker, mit dem es menschlich sehr harmonisch ist. Das ist wie eine Beziehung. Das hat sich alles gut entwickelt. Frédéric hat früher in Paris gelebt, jetzt lebt er in Frankreich eher ländlich außerhalb von Paris.

Wo leben die anderen?
Ventor und ich in Essen, Sami in Finnland.

Wie arbeitet man da an einem Album?
Ich hatte die Demos gemacht, und dann haben wir mit der Band zwei Wochen lang in Essen geprobt, jeden Tag. Dann sind die wieder zwei Wochen nach Hause gefahren, dann haben wir wieder geprobt. Das haben wir vier Mal gemacht, also viermal zwei Wochen. Und danach stand das Album so weit.

Aufgenommen habt ihr im Berliner Hansa Studio mit Arthur Rizk als Produzent. Warum der, was ist das für ein Typ?
Ich hatte verschiedene Szenarien durchgespielt. Wir wollten erst auf Nummer sicher gehen und erneut mit Jens Bogren arbeiten, der auch die letzten beiden Alben gemacht hat. Aber irgendwie haben wir gedacht, wir müssen mal was Neues ausprobieren. Arthur Rizk ist mir aufgefallen durch seine Arbeit mit GHOSTEMANE und POWER TRIP. Die fand ich toll. Ein befreundeter Musiker, Michael von ARCH ENEMY, sagte mir, mit dem müsse ich mal was machen. Und dann habe ich ihn mal getroffen, der kommt aus Philadelphia, habe ihn zum Essen eingeladen in ein veganes Restaurant, und wir haben uns darüber unterhalten, wie er Musik empfindet und was für Musik er mag. Ich habe schnell gemerkt, dass er ein großes Wissen über Musik hat. Der kennt wirklich alles. Der ist großer ABBA-Fan, kennt aber auch die bizarrsten Black-Metal-Bands. Er ist Fan von so ganz obskuren Rap-Sachen, aber gleichzeitig von MANOWAR. Seine Arbeit mit GHOSTEMANE finde ich großartig! Die Art und Weise, wie er Musik produziert, ist wirklich sehr emotional. Das hat überhaupt nichts mit Technik zu tun, wirklich gar nichts. Ein gutes Beispiel, und daran sieht man auch, wie das Album entstanden ist: Ich hatte bei dem Album zwei Lieder hintereinander, das eine hörte mit dem Wort „world“ auf, das andere fing damit an. Das wollte ich nicht, aber es war schon fertig gemixt, als ich das merkte. Ich: Arthur, ich muss ich dieses Wort auswechseln. Er: Nimm das einfach mit deinem Handy neu auf! Ich habe ihm das geschickt, er hat das eingesetzt. So ist das Album entstanden, aber auf ganz vielen Ebenen. Wir haben im Hansa Studio mit dem besten Equipment gearbeitet, aber auch mit dem Handy. Das kann der gut, und es ging überhaupt nicht um Technik.

Und das ist so neu und anders?
Bei den ganzen anderen Alben, die ich gemacht habe, haben die Produzenten immer darauf bestanden, dass ich jeden Tag die Saiten wechsle bei meiner Gitarre. Ich glaube, ich habe diesmal bei dem ganzen Album nur einmal die Saiten gewechselt. Es ging mit Arthur nicht so um technische Details. Es ging nicht darum, wie man etwas ganz perfekt macht, sondern es musste rauh sein. Es ging nur um die Performance. Als Beispiel passt auch das Intro, das sollte so ein bisschen klingen wie Ennio Morricone. Ich hatte das digital aufgenommen und im Studio stand dann so eine alte Telecaster mit einem komischen Verstärker rum. Arthur meinte: Setz dich hin und spiel mal was dazu. Ich habe das gemacht und irgendwie fand ich es doof. Aber dann habe ich das drei, vier Mal gemacht – und er sagte: Fertig! Und ja, das war sehr authentisch. Arthur wollte immer dieses Primitive, worauf es eigentlich ankommt. Wenn man sich Alben von uns anhört wie „Endless Pain“, dann ist immer ... alles da. Er ist Fan von den alten Sachen, von „Pleasue To Kill“, und er hat die Roto-Toms zurückgebracht in unseren Sound. Das waren so Dinge, die ich überhaupt nicht mehr auf dem Schirm hatte. Er hat die Essenz der Band herausgearbeitet und hat die perfektioniert, hat alles sehr aus der Fan-Sicht gesehen. Das fand ich super.

Also war er so was wie der Pferdeflüsterer eurer Band.
Ja, so ungefähr. Der hat mir auch spannende Sachen erzählt, wie er die Band empfindet. Dadurch, dass ich kein Englisch-Muttersprachler bin, habe ich für Amerikaner und Engländer einen wahrnehmbaren Akzent ...

„Teutonic accent“ wird das immer gerne genannt.
Genau, und den hat er nicht versucht wegzumachen, sondern er hat den eher gefeaturet. Das hat er bei anderen Künstlern, die etwa aus Spanien oder Brasilien kamen, auch gemacht. Das ist dann das, was die Leute als eigen empfinden. Und das sind Aspekte, die ich gar nicht so auf dem Schirm hatte. Bei den letzten Produktionen ging es immer um perfekte Melodiebögen, um perfekte Auflösung, um schöne Arrangements, um Größe und um Epik.

Das waren eher „Lehrbuch-Produktionen“?
Vielleicht, wenn man es negativ sagen will. Die beiden vorherigen Alben waren so, wie sie sind, auch ganz wichtig. Aber sich neu zu erfinden und ganz neu an die Sache heranzugehen, nachdem man diese beiden Alben gemacht hat, und neue Impulse zu finden, dafür war Arthur ideal. Es war so ein bisschen wie mit Moses Schneider zu arbeiten. Moses hat einen ähnlichen Ansatz, der sagte auch immer, es geht um Emotion, um Attitüde. Es geht nicht um Perfektion. Und das fand ich gut.

Bist du bei all diesen Dingen immer ein geduldiger Typ? Oder gibt es auch Momente, wo du aus der Haut fährst? Wo es einfach mal reicht – oder reicht es dir nie?
Das war bei anderen Produktionen schon mal so, wo die Produzenten zu mir gesagt haben: „Macht das noch mal!“ Nö, das war doch super. „Nein, macht das noch mal. Das muss noch besser werden.“ Und das gab es diesmal gar nicht. Ich eskaliere solche Situationen aber auch nicht. Im Gegenteil. Wenn das der Anspruch des Produzenten ist, dass es perfekt ist, dann will ich das auch. Perfektion und Präzision haben ja einen bestimmten klanglichen Effekt, das ist dann schon so ... whoooaaaa! Wenn man das richtig machen will, dann ist das eine Arbeit, die sehr viel Zeit und Geduld erfordert.

Und du hast immer diese Geduld?
Ich habe immer diese Geduld, eher mehr als zu wenig. Ich habe „Hate über alles“ nie als Arbeit empfunden habe. Ich könnte jetzt noch weitermachen, dachte ich mir, als es fertig war. Aber was sollte ich jetzt noch machen? Das war nicht anstrengend, das Album, das kam einfach so. Ich höre bei diesem Album den Spaß an der Sache. Der Spaß war bei den anderen Alben auch da, aber was die Spontaneität betrifft, war das bei den anderen eher kontrolliert inszeniert, und diesmal war es zwar auch inszeniert, aber auf eine andere Art und Weise, wo man wirklich das völlig Durchgedrehte aus der Band rausgeholt hat. So als Beispiel: Ich hatte den ganzen Gesang aufgenommen, und dann hat Arthur mir den vorgespielt und gesagt, ich solle währenddessen ins Mikro einfach so Geräusche machen, so „Whoooääääähhh!“ und „Uuuuugggghhhh!“ und so. Das hat der dann gefiltert und zum Teil benutzt auf dem Album. Der hat den Spaß wieder reingebracht in die Musik. Das war wichtig, weil das ist alles sowieso ernst genug, die textlichen Themen. Das darf nicht so schwer sein, man muss Bock haben, das zu hören. Das hat er aus uns herausgekitzelt.

Also ist es wichtig, sich so einen Coach zu holen – in gewisser Weise ist so ein Produzent das doch.
Ja! Deswegen habe ich Arthur gerade mit Moses Schneider verglichen. Moses war ähnlich, der hat bestimmte Aufnahmerituale zelebriert.

Inwiefern besteht die Gefahr, dass man sich als Band nur mit „Erfüllungsgehilfen“ umgibt und dann einfach auf „Nummer sicher“ geht? Dass man der Meinung ist, man ist ja gut und weiß, was man will, man also nur jemanden braucht, der Knöpfchen dreht und das technisch umsetzt?
Das ist eine gute Frage, weil das war schon fast so. Wir hatten die Demos diesmal so ausproduziert, dass sie wirklich schon so gut waren, dass ich mir gedacht habe, warum gehen wir jetzt noch ins Hansa Studio und geben Geld aus? Das klingt doch schon super! Aber wenn ich jetzt die Demos vergleiche mit dem Album, das ist ein Quantensprung! Deswegen ist ein Produzent wichtig. Bestimmt können das andere Bands auch alles selber machen, aber bei uns funktioniert es nicht. Beim Film ist das auch so: Der eine schreibt das Drehbuch, der andere ist der Regisseur. Und so ist das bei uns mit der Musik: Der Produzent packt das alles in einen guten Rahmen. Diesen Quantensprung in Sachen Performance und Sound hätte ich so alleine nicht geschafft. So gerne ich die Demos gemocht habe: Ich würde mir die nie wieder anhören, jetzt, da ich die fertigen Songs kenne.

Besteht aber nicht auch die Gefahr, an einem Produzenten zu geraten, der eine Platte macht, wie er sie gerne haben will, und ihr euch mit etwas Abstand gar nicht mehr darin erkennt?
Klar. Das ist uns schon passiert. Ich habe genau diese Erfahrung bereits gemacht, deswegen haben wir mit Arthur gearbeitet. Ich arbeite immer höchstens zweimal mit einem Produzenten und das reicht. Dann wird das zu übergriffig. Dann kommt diese Denke bei denen, „Das ist meine Band.“ Nein, ist es nicht, das ist meine Band!

Sprechen wir mal konkret über das Album. Das geht los mit dem Intro „Sergio Corbucci is dead“. Corbucci, so verrät mir Wikipedia, „was an Italian film director, screenwriter and producer. He directed both very violent Spaghetti Westerns and bloodless Bud Spencer and Terence Hill action comedies.“ Und tot ist der schon seit dreißig Jahren.
Ja, das ist natürlich ein Quatschtitel. Intros müssen immer einen Titel haben und ich da das so etwas an Ennio Morricone angelehnt. Ich wollte einen etwas obskureren Regisseur verewigen und fand das lustig. Sonst haben wir ja nie Humor ...

Und du bist ein großer Fan von Bud Spencer und Terence Hill ...?
Das war ich mal als Kind, aber heutzutage kann man sich das nicht mehr antun.

Der Albumtitel „Hate über alles“, der zugleich der Titel des Album-Openers ist, zitiert offensichtlich den DEAD KENNEDYS-Klassiker „California über alles“, wofür Jello Biafra vor über vierzig Jahren wiederum den Anfang der ersten Strophe des Deutschlandlieds zitierte, dessen dritten Strophe der Text der deutschen Nationalhymne ist. Der Titel ist eine krasse Ansage. Und auch der erste deutsche Titel eines KREATOR-Albums.
... ein halb deutscher Titel. „Hass über alles“ wäre auch möglich gewesen, aber „Hate über alles“ als Tribut an den DEAD KENNEDYS-Song fand ich besser. Es geht im Text um Hatespeech, um Internet-Bullying, dass kein Diskurs mehr stattfindet, sondern sich nur noch angeschrien wird. Und das fand ich einen guten Opener, einen guten Albumtitel. Ich finde, das ist ein sehr catchy Titel, und das Thema hat mich schon lange beschäftigt. Das war jetzt der Zeitpunkt, dazu was zu machen. Ich finde, dass es einer der besten Songs des Albums ist, und obwohl es ein deutscher Titel ist, funktioniert es sehr gut, es ist ein Statement. Das kann man aber natürlich auch anders sehen. Was die Texte für mich bedeuten, ist ja nur die eine Seite der Story. Für mich ist es ein Statement, in welcher Zeit wir leben. Wenn du dir den Text aber durchliest, würdest du nicht unbedingt draufkommen, dass es darum geht. Für mich geht es darum, wie gerade kommuniziert wird, wo das Niveau des Diskurses angelangt ist. Dass eigentlich kein Diskurs mehr stattfindet, sondern nur noch rumgeschrien wird und sich nur noch verbal an die Kehle gegangen wird. Der Titel passt super zu KREATOR.

Das Album wird aber weltweit wahrgenommen. In den USA ist Hatespeech spätestens seit Trump ein Thema, und so hat jedes Land seinen Diskurs und seine Diskussionen. Besteht dieser internationale Anspruch?
Also ich finde, das ist schon übertragbar auf alle möglichen totalitären Strukturen, gerade auch im Zusammenhang mit dem Cover, mit diesen roten Flaggen. Flaggen mit Blut getränkt. Die Farben der totalitären Systeme, sowohl das kommunistische wie auch der Nazis, die sind meistens rot. Aber ich möchte vermeiden, diese Texte alle zu erklären, weil ich finde, die sollen Bilder im Kopf erzeugen, Gefühle auslösen. Und dann vielleicht auch für die, die das hören, etwas anderes bedeuten, als sie für mich bedeuten.

Welchen Anspruch hast du an deine englischsprachigen Texte als Nicht-Muttersprachler?
Wie gesagt, ich habe den Anspruch, dass sie ein Gefühl und Bilder erzeugen. Wenn ich die Songs schreibe, filtert sich oft erst am Ende, wenn ich den Song schon längst fertig habe, die Bedeutung raus. Und die kann eine andere sein, als sie es für dich ist. Das will ich offen lassen. Ich finde es blöd, wenn man alles erklärt. Auch bei Gedichten finde ich es wichtig, dass eine eigene Interpretationen möglich ist. Andererseits ist die Bedeutung bei „Dying planet“ klar, da geht es um die Zerstörung der Natur. Und bei „Midnight sun“ zum Beispiel geht es um den Film „Midsummer“.

Ohne deinen Texten Tiefgang abzusprechen, ist es doch so, dass auch jemand etwa in Chile, der nicht englischer Muttersprachler ist, trotzdem mit diesen Texten was anfangen können soll. Sie sind nicht einfach, aber haben eine gewisse Klarheit.
Ja, das ist mir ganz wichtig. Ich möchte, dass die Texte die Leute berühren, und dafür benutze ich klare Worte. Das finde ich besser, als sich sehr komplex auszudrücken. In den Versen drifte ich schon mal etwas ab, aber im Refrain muss ich sehr klar sein, um das abzurunden. Mit dem Refrain ergibt sich die Farbe des Songs, so würde ich das ausdrücken. Beim Titelsong ist das exakt so.

Und du willst ja sicher auch, wenn du auf der Bühne stehst, dass bei so einem Refrain die Fäuste in der Luft sind und du die geöffneten Münder der mitsingenden Fans siehst.
Das ist wichtig! Das ist mein Anspruch. Ich bin Fan von eingängigen, catchy Songs, das war ich schon immer. Deshalb finde ich MISFITS besser als DREAM THEATER, auch wenn mir da viele Musiker wahrscheinlich widersprechen werden. Nein, für mich sind MISFITS und RAMONES besser. Ich finde es wichtig, dass Songs klar sind, es darf nicht zu kompliziert sein. Trotzdem ist „Dying planet“ musikalisch ultra komplex – für uns. Solche Momente haben wir schon auch. Insgesamt müssen es aber klare, nachvollziehbare Statements sein.

Für DIE TOTEN HOSEN ist TV Smith der Checker, wenn es um englische Texte geht. Wie ist das bei dir?
Ich habe diesmal Arthur gehabt und der hat kaum was verändert. Letztens habe ich die Linernotes geschrieben für die Special Edition, da habe ich mir einen Lektor geholt. Der hat aber nicht viel gemacht. Ich kann mich auf Englisch schon relativ gut ausdrücken, nach all den Jahren. Arthur sagte, dass jemand, der nicht Muttersprachler ist, die Sprache ganz anders nutzt. Die Poesie ist da eine ganz andere, die gehen das anders an. Ich bin da also etwas unbefangener, wobei ich, wenn ich englische Texte schreibe, die auf Englisch im Kopf habe, die übersetze ich nicht erst aus dem Deutschen. Ich träume auf Englisch, wenn ich in Amerika auf Tour bin, ansonsten träume ich meistens auf Deutsch. Aus denselben unterbewussten Sphären, wo die Träume herkommen, kommt auch die Inspiration her und von daher benutze ich das anders als meine Muttersprache.

Bands wie KRAFTWERK oder RAMMSTEIN funktionieren im Ausland auch deshalb gut, weil die Leute dieses „Teutonische“ mögen. KREATOR, the teutonic thrash titans ...
Genau so ist das. Gerade am Anfang, als wir die ersten US-Touren gemacht haben, wollten wir ganz international und sehr amerikanisch sein. Wir haben versucht, uns mit diesen Bands dort zu vergleichen und irgendwie auf ein Level zu bringen. Doch eigentlich ist das Quatsch. Du musst deine eigene Identität finden und dich nicht mit anderen vergleichen. Nur weil du auf Englisch singst, musst du nicht klingen wie eine amerikanische Band. Ich habe es nicht so mit Nationalität, aber wir sind eben eine deutsche Band und haben auch so einen deutschen Klang.

Beim neuen Album speziell ist mir aufgefallen ist, dass deine Stimme immer klar vom Instrumentalen abgesetzt ist. Über weite Strecken kann man die Texte verstehen.
Das war mir bei dieser Produktion wichtig. Das war eine Sache, die ich Arthur ans Herz gelegt hatte: Ich will, dass die Leute verstehen, was ich singe. Was sie damit machen, ist nicht meine Sache.

Du hast bei zwei Songs „guest vocals“: Bei „Conquer and destroy“ Drangsal und bei „Midnight sun“ Sofia Portanet. Du hast von jeher ein breitgefächertes Musikinteresse und hast dir nicht irgendwelche berühmten Metal-Sänger:innen dazugeholt, sondern zwei Menschen, die ein typisches Metal-Publikum eher nicht auf dem Schirm hat.
Das war auch ein Grund. Ich mag sowohl die Stimme von Drangsal wie auch die von Sophia – ich finde, das passt und ergänzt sich. Max aka Drangsal hat mir auch beim Intro geholfen, diese hohe Stimme, das ist er. Wir wollten erst eine weibliche Stimme, aber er konnte das auch sehr gut. Ich mag diesen Austausch, ich übertreibe es aber nicht mit solchen Features. Live gab es das ja auch schon, etwa mit Dagobert. Das sind meist befreundete Leute, die ich gut finde und mit denen ich zusammenarbeite.

Sofia Portanet ist ein gutes Stichwort. Im eingangs erwähnten Deaf Forever-Interview ging es darum, wer dich inspiriert hat: Alles nur Männer ...
Echt? Wow. Dabei höre ich meist eher Musik von Künstlerinnen. Nee, das ist ja Quatsch, da habe ich das wahrscheinlich vergessen bei diesem Interview. Mein Musikgeschmack geht echt eher in diese Richtung, ich finde viele Sängerinnen toll.

Das Coverartwork ist von Eliran Kantor, aber ich habe es bisher nicht gesehen ...
Eliran gestaltet gerade recht viele Metal-Cover, aber ich wollte schon lange was mit ihm machen. So sieht das Cover aus ... [Er holt sein Smartphone aus der Tasche.]

Ein Dämon, jemand wird gepfählt, drum herum hängen rote Fahnen. Schön, blutrünstig, obwohl eigentlich kein Blut fließt. Das hat was von einem Schlachtengemälde.
Genau das war der Anspruch, den wir diesmal hatten. Es sollte etwas zeitloser sein. Dadurch, dass wir mit dem Titelsong so ein aktuelles Thema aufgegriffen haben und dann mit so einem fast schon mittelalterlichen Schlachtengemälde als Cover arbeiten, suggeriert das für mich, dass die Themen des Albums auch zu einer anderen Zeit schon hätten stattfinden können.

„Crush the tyrants“ ist ein weiterer Titel des Albums. Autoritäre Systeme ziehen sich als Thema durchs Album, oder kommt mir das nur so vor?
Nein, das ist definitiv so: Bei „Hate über alles“ singe ich aus der Ich-Perspektive und bei „Crush the tyrants“ geht es um dieses Unity-Gefühl, das ich auf dem letzten Album auch schon thematisiert hatte.

Tyrannenmord also? Wann killt eine Ökoaktivistengruppe endlich Bolsonaro?
Es ist wichtig, dass man in solchen Texten nicht solche Gewaltfantasien hat und nicht zu Gewalt aufruft. Ich finde es gut, wenn man den Leuten das Gefühl gibt, dass sie nicht mit ihren Gedanken alleine sind.

Es geht also um Empowerment.
Genau. So sind ja auch diese ganzen Subkultur-Szenen entstanden sind, also weil man sich mit Gleichgesinnten zusammengetan hat und Dinge infrage stellt. Und das ist bei „Crush the tyrants“ sehr einfach ausgedrückt die Message.

„Dying planet“ mit der Zeile „Our future is certain /A catastrophic ending“ ist dann dein „Parents for Future“-Song?
Hahahahaha, ein bisschen vielleicht.

Aber natürlich klassischer im Thrash-Metal-Stil, also dystopisch. Es kann ja nicht gut enden.
Ja, es kann nicht gut enden. Das ist ja so Spoken-Word-mäßig, und wenn du dir dieses Gedicht ganz durchliest, hatte das so ein Arche Noah-Motiv: Die Zivilisation bricht zusammen, alles geht den Bach runter, aber dann entsteht etwas Neues. Das ist also eigentlich positiv. Erst mal haben Menschen überlebt, es findet ein Aufbau statt, aber dann fangen die Probleme wieder von vorne an. Erst wird etwas aufgebaut, um es dann zu zerstören. Ich glaube, das liegt in der Natur des Menschen.

„Become immortal“ ist, wie mir scheint, überraschenderweise dein erster autobiografischer Song. Du, damals mit fünfzehn, sechzehn, siebzehn.
Darum geht es. Und mich hat der Song in gewisser Weise auch überrascht. Ich habe noch nie einen autobiografischen Text geschrieben. Und ich finde, er ist gut gelungen. Es ist kein nostalgischer Text à la „Früher war alles besser“, sondern es geht darum, wie es früher war. Ich glaube, darin können sich viele Leute wiederfinden, die damals diese Musik gehört haben. Also Menschen in unserem Alter. Aber auch junge Menschen, die die Anfänge dieser Bewegung gut finden. Es ist ein sehr einfacher Text, der ist sehr klar und sehr deutlich und damit wahrscheinlich der einfachste des Albums.

Über dieses Thema haben wir noch nie gesprochen, aber wenn wir schon von deiner Jugend sprechen gerade: Wir wissen beide, wie die Siebziger und Achtziger waren. Du mit dem Nachnamen Petrozza, damals waren die Italiener halt die „Spaghettis“. Hast du als in Deutschland geborener Jugendlicher Diskriminierungserfahrungen gemacht?
Ich bin in einem Viertel aufgewachsen, wo die meisten Leute nicht aus Deutschland waren. Es gab untereinander Kommunikationsprobleme. Meine Freunde kamen aus der Türkei oder was weiß ich woher und die haben alle Deutsch gesprochen, aber die Eltern von denen oft nicht. Ich war oft bei Freunden zu Hause und dann gab es da Sprachbarrieren und natürlich auch kulturelle Unterschiede. Das waren andere Zeiten, da haben die Leute noch mehr an einem Strang gezogen, gerade in der Arbeiterklasse. Die einzige Diskriminierung, die ich erlebt habe, war, dass ich als Grundschüler in den Italienischunterricht musste, weil die davon ausgegangen sind, dass ich Italienisch spreche. Italienischunterricht bedeutete aber nicht, dass ich da die Sprache lernen sollte, sondern dass ich als deutschsprachiges Kind, das nur Deutsch sprach, in eine Klasse kam, wo etwa der Matheunterricht nur auf Italienisch gemacht wurde. Aber ich spreche kein Italienisch! Die haben da einfach mal pauschal alle Kinder, die einen italienischen Nachnamen hatten, in diesen italienischen Unterricht gesteckt. Das war für mich am Nächsten dran an einer Diskriminierung. Heutzutage wäre das ein Skandal, damals war es normal. Ich musste also da hin und habe da gesessen und nichts verstanden, denn der italienische Lehrer hat auch kein Deutsch gesprochen!

„Killer of Jesus“ ... Warum sind wir Atheisten doch immer wieder in diesen religiösen Bildern gefangen?
Ich habe mir genau das auch gedacht. Ich finde den Titel krass. Wenn es diesen Jesus wirklich gegeben haben sollte, wäre ich vielleicht auch Fan von ihm gewesen. Trotzdem, sollten diese Ikonen, diese ganzen religiösen Bilder langsam, aber sicher auch mal verschwinden.

Aber es liefert dann doch immer noch einen guten Songtitel.
Definitiv kommt es mir auch immer drauf an, dass es plakativ ist und dass es auch knallt. In dem Text geht es um diese vermeintlichen Übermenschen, die alles konnten, die zaubern konnten und was weiß ich was. Die gab es ja in Wirklichkeit gar nicht. Dass das im Jahr 2021 immer noch eine Relevanz hat .... Deshalb muss ich immer einmal pro Album einen Song zu dem Thema machen.

Campino war vor Jahren mal bei so einem Mönch im Kloster und es wurde über die großen philosophischen Fragen geredet. Wärst du denn der Typ, der sich mal mit so jemand über die religiös konnotierten Texte und die religiösen Bilder in den Texten öffentlich austauscht?
Gute Frage ... Auf der einen Seite schreibe ich solche Texte und denke dann, ich habe damit alles gesagt und die Leute, die es interessiert, die können sich gefälligst den Text durchlesen. Wenn ich dann aber in so einer Diskussion wäre, würde ich mit irgendwelchen Theologen sprechen, die mich dann rhetorisch niedermachen mit meiner Haltung, so dass ich dann am Ende dasitzen würde mit der Erkenntnis, dass das nichts bringt. We agree to disagee. Also ich glaube, das würde wenig Sinn ergeben. Trotzdem würde ich mich so einer Diskussion stellen.

Zum Schluss noch eine ganz andere Frage: Auf der Bühne, auf den Fotos sieht man von dir immer ... Haare. Viele Haare. Du wirst immer mit dieser Thrash-Metal-Mähne inszeniert, bist privat aber eher der Mützenmann.
Ich habe letztens das Buch von Stuckrad-Barre gelesen, wo er sich mit Udo Lindenberg und anderen trifft.
Stuckrad-Barre hat ja keine Haare. Und er trifft Thomas Gottschalk und fragt den: „Was habt ihr eigentlich alle mit euren scheiß langen Haaren?“ Thomas Gottschalk hat eben von jeher seine langen Haare, denn in seiner Zeit, den Siebzigern, da war es noch so eine Art Rebellion, lange Haare zu haben. Und der Stuckrad-Barre sagte: „Was ist denn das für eine Rebellion, die Haarlänge?“ Und ich glaube, das lasse ich jetzt einfach mal so stehen. Lange Haare kann man haben, muss man aber nicht haben. Und es hat auch ein bisschen was mit dem Image zu tun. So jemand wie Robert Smith, der hat ja auch noch seine Grufti-Frisur.

Und genetisch hast du eben einfach Glück.
Solange die noch da sind und ich nicht mit Haarverpflanzung nachhelfen muss, ist alles gut. Aber ich nehme das Thema auch nicht mehr so ernst heute. Es gab Zeiten, wo Haare wichtiger waren als sie es jetzt sind, hahaha!

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Drangsal
Anruf von Mille: „Komm rum! Gangshouts und Chor? Hätte auch ’ne Idee für ein Morricone-Feature. So was kannste, oder?!“ Und wie ich das kann! Musikmachen macht Spaß, und wenn Mille fragt, dann ist das Ehrensache. Ich verbringe sowieso gerne Zeit mit ihm — da wird gesund gegessen und immer viel gelacht! Arthur Rizk kennen zu lernen war für mich als Fan seiner Produktionen ein schöner Nebeneffekt, ein wirklich angenehmer und lustiger Kerl. Milles Gitarrenspiel, seine Art zu texten und die Langlebigkeit von KREATOR begeistern mich genauso, wie es sein kunterbunter Musik- und Filmgeschmack tut.

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Arthur Rizk
„Working on the KREATOR record was surreal for me because they are an incredible legendary band that I have been a fan of since I was a teenager. I was really happy because everybody brought great musicianship and had the attitude to make every musical decision for a reason! So the songs have an organic feel to them. When we weren’t focusing on the songs and album vision itself, we were constantly jamming other music or getting badass German food. Mille shared a bunch of cult stories from early KREATOR album recordings and touring cycles, it added to the atmosphere of the whole process.“