KREATOR

Gods Of Violence

Fast fünf Jahre sind seit dem „Phantom Antichrist“-Album (2012) vergangen, doch wo man sich bei anderen Bands bei so einer recht langen Zeit zwischen zwei Alben schon Sorgen macht, ob mit der Inspiration noch alles stimmt, war es bei Mille Petrozza und Band wohl anders: Zum einen sind bei ihnen drei, vier Jahre Abstand zwischen den Longplayern normal, zum anderen haben die Essener spätestens seit „Hordes Of Chaos“ (2009) einfach einen richtig guten Lauf: ausverkaufte Shows in aller Welt, entsprechend (gefühlt) ständig auf Tour, Festival-Headliner-Slots – da muss man plus/minus ein Jahr Auszeit für Songwriting und Albumproduktion erstmal unterbringen.

Aber was sind schon viereinhalb Jahre im Vergleich zu METALLICA und ihren acht ...? Und wenn wir schon von Jahren reden: nach über drei Jahrzehnten immer noch und immer wieder relevante Alben zu machen, als Band mit starkem neuem Material loszuziehen, live zu rippen, als sei man eine Horde chaotischer Kids von Anfang zwanzig, das muss man KREATOR erstmal nachmachen.

Keine klebrige Nostalgieduseligkeit ist hier im Spiel, kein lähmendes Schielen zurück auf die „guten alten Zeiten“, stattdessen ist „Gods Of Violence“ ein zwar auf den Thrash-Trademarks der Achtziger aufbauendes Album, auf dem KREATOR aber einmal mehr vor allem ihre eigenen Ideen maximalst harten Metals ausreizen.

Die Phasen des Suchens und Orientierens, die in den Neunzigern auch KREATOR plagten, sind seit mindestens einem Jahrzehnt schon vorbei: Eine spannungsreiche Mischung aus „Gib den Leuten, was sie hören wollen“ einerseits und „Ich hab da eine Idee und zieh das durch“ andererseits hat die Essener dort hingebracht, wo sie heute sitzen: auf dem deutschen Metal-Thron.

Maßgeblich verantwortlich dafür ist Bandleader Petrozza und seine vielfältige Interessiertheit, seine Fähigkeit „to think outside the box“ – gut möglich, dass in der Band und deren Umfeld wie bei vielen kreativen Chefs erstmal die Augen gerollt werden, wenn es heißt „Ich hab da eine Idee ...“ Den mit Mille befreundeten Schweizer Indie-Schlagersänger etwa auf dem Album unterzubringen – smart.

Auffällig ist die Vielfältigkeit von „Gods Of Violence“ mit seinen einmal mehr gesellschaftskritisch aufgeladenen Texten. So platt ein Songtitel wie „Satan is real“ auch scheinen mag, der philosophische Hintergrund entlarvt den, der darüber lacht, als Dünnbrettbohrer, nicht den Textdichter.

Oder „Side by side“ mit seiner klaren Kante gegen Homophobie. Erwähntes „Satan is real“ dürfte bald schon ein Liveklassiker sein, ebenso der Titelsong „Gods of violence“ und „Totalitarian terror“, wobei mein heimlicher Hit das außergewöhnliche „Lion with eagle wings“ mit seiner NWoBHM-Kante ist.

KREATOR sind auch 2017 noch eine Bank, ihr Album eine Ansage, dass mit ihnen noch einige Jahre zu rechnen sein wird.