KREATOR

Coma Of Souls / Renewal / Cause For Conflict / Outcast

„Niemand wollte in den Neunzigern was von Metal wissen“, fasst es Mille Petrozza in den Linernotes zu „Outcast“ zusammen. Das Jahrzehnt von Thrash Metal war vorbei. 1989 hatten KREATOR mit dem extrem aggressiven „Extreme Aggression“ noch das Genre bedient, zehn Jahre später waren sie auf „Endorama“ kaum noch erkennbar. Dazwischen liegen diese vier Alben der Reissue-Reihe. Wie in den Diskografien der meisten großen Thrash-Bands zeigt sich auch hier, die Neunziger bedeuteten Stilbrüche und Versuche, nicht selten schiere Orientierungslosigkeit. 1989 berichtete der Melody Maker bereits über „Seattle Rock City“: die Umwälzung namens Grunge nahm ihren Anfang. „Coma Of Souls“ wurde, mit dem neuen Gitarristen Frank Blackfire (SODOM), noch ein typisches KREATOR-Ding, mit verstärkten Einflüssen klassischer Bands wie JUDAS PRIEST und IRON MAIDEN. „Gods Of Violence“ schaffte es mit diesem Konzept 2017 an die Spitze der Charts. „Renewal“ war 1992 schon eine schwierigere Aufgabe für die Fans. Mille erzählt in seinen Linernotes detailliert von der Entstehung der Alben, was beabsichtigt war und wie viel davon klappte. Es fehlte nicht an Mut oder Ideen, der vermeintlichen kreativen Sackgasse zu entkommen, nur die Umsetzung überzeugte nicht immer. Laut Mille fehlte bei „Renewal“ die Hand eines Produzenten wie Randy Burns, es bleibt strittig, ob das Ergebnis wegweisend war. Interessant ist es allemal. Milles Stilsuche bezog sich auf persönliche Vorlieben wie Industrial, Goth und Hardcore, auch auf seinen Gesang, weniger auf den Zeitgeist. Nach dem Ausstieg von Drummer Ventor blieb er 1994 das letzte Originalmitglied, die Unruhe in der Band machte aus „Cause For Conflict“ (1995) ein oft rasend schnelles Hardcore-Album. Grunge endete, Metal blieb unmodern, die Rockwelt hatte die Ohren längst woanders – wenige Monate vor Kurt Cobains Tod haben GREEN DAY „Dookie“ veröffentlicht. Das Jahrzehnt der Experimente endete für KREATOR 1999 mit dem ambitioniert scheiternden „Endorama“. Dafür war „Outcast“ (1997) die Vorübung. Trotz einiger schwacher Momente trifft man bei Wiedervorlage des Albums nach zwanzig Jahren auf vieles, was man damals unterschätzt haben mag, rückblickend stimmt hier mehr als erwartet. Das gilt für viele KREATOR-Aufnahmen der Dekade. Die remasterten Rereleases kommen auf zweifachem, farbigem Vinyl, „Coma Of Souls“ auf dreifachem, mit Live-Aufnahmen von 1990. „Outcast“ bringt das Set vom Dynamo Festival 1998 mit, „Renewal“ und „Cause For Conflict“ je drei Bonustracks.