Erst nach langem Warten werden die Türen des Aladin geöffnet und noch einmal so lange muss man sich gedulden, bis Iggy und Band endlich die Bühne betreten. Bei den ersten Stücken ist er noch voll bekleidet, ein ungewohnter Anblick. Das Album „Soldier“ ist gerade veröffentlicht worden und so gibt es erst mal Neues zu hören.
Die Punks, die natürlich die alten STOOGES-Stücke erwarten, haben sich links vor der Bühne versammelt, die „Normalos“ rechts. Iggy wirkt genervt und legt sich schon zu Beginn mit dem nicht leicht zu begeisternden Publikum an. Er stößt mit dem Mikrofonständer einige Male nach den Zuhörern in der ersten Reihe und hält dann einem verschreckt wirkenden Fan das Mikro vor die Nase. Der bringt aber nur ein dürftiges „Huääääh“ heraus. Iggy äfft ihn nach und wiederholt das Spielchen noch einige Male. Dann wird ein anderer Zuhörer auf die Bühne gezerrt und vor ein Mikro gestellt. Der arme Kerl wackelt unbeholfen herum und wird schnell von den Roadies hinter die Bühne geschleppt. Nach einigen weiteren überwiegend erfolglosen Versuchen, eine Reaktion vom Publikum zu bekommen, pellt sich Herr Osterberg seine Hose bis zu den Knien hinunter, beugt sich vornüber und hält sich das Mikro vor den nackten bleichen Hintern. Die Popper im Publikum weichen erschreckt zurück. Immerhin hat diese freundliche Geste schon ein lautes Pfeifkonzert zur Folge. Letzten Endes fläzt Iggy sich auf einen Barhocker, der Gitarrist macht es sich auf einem Sessel bequem, während Bassist und Keyboarder sich entspannt auf den Boden legen. Wie in Zeitlupe fängt Iggy an, Sinatras Klassiker „One for my baby“ zu singen: „It’s quarter to three / There’s no one in the place except you and me“. Langsam baut sich zwischen den Musikern und dem Publikum eine gefährlich wirkende aggressive Spannung auf. Das Pfeifen und Buhen übertönt nun fast die PA. Plötzlich springt Iggy auf und verlässt mit Stinkefinger und wüsten Beschimpfungen die Bühne.
Schlagartig bricht im Saal ein unglaublicher Orkan los. Als hätte jeder ein Arsenal an Wurfgeschossen mitgebracht, fliegen, besonders aus der „Punk-Ecke“, Bierdosen, Gläser und Flaschen Richtung Bühne, krachen in die Drums und zersplittern scheppernd an den Boxen, hinter denen sich die Roadies schnell in Sicherheit gebracht haben. Sogar ein blauer Frotteebademantel fliegt auf die Bühne! Was Punk eben so zum Konzert trägt. Wenn man nicht wüsste, dass solch ein Flaschenhagel schon zu STOOGES-Zeiten oft Bestandteil der Show war, würde man einen Abbruch des Konzerts erwarten.
Doch dann kommen Iggy und seine Band wieder grinsend auf die Bühne zurück. Aus welchen Gründen auch immer weitaus besser gelaunt als vorher. Als wäre nichts geschehen, folgen nun die bekannteren Stücke „I wanna be your dog“ und „Lust for life“, die seine Fans erwartet haben. Jetzt wird klar, warum Iggy den Beinamen „Godfather of Punk“ trägt. Wie man ihn kennt, sprintet er mit ungeheurer Energie halbnackt auf der Bühne hin und her, wälzt sich auf dem Boden, klettert auf die Boxen und jongliert mit dem Mikrofonständer. Auch die Punks im Saal zeigen jetzt, was sie können, und pogen sich den gesamten Bereich vor der Bühne frei. „No fun“? Bullshit, wir hatten jede Menge fun!
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