Die beiden essentiellen Iggy Pop-Studioalben „The Idiot“ (März 1977) und „Lust For Life“ (August 1977) sowie das Live-Album „TV Eye 1977 Live“ (Mai 1978) wurden kürzlich in der Vinylfassung neu aufgelegt.
Die Zeiten, als „The Idiot“ und „Lust For Life“ – so war das die ganzen Achtziger über – in den 9,90 DM-Sonderangebotskisten verramscht wurden und so ihren Weg in die Sammlung unzähliger klammer Punk-Fans fanden, sind lange vorbei.
Und das Vinyl ist heute definitiv dicker. Beide Alben sowie die Live-Scheibe stammen aus der Berliner Zeit von Iggy Pop und David Bowie, als die sich in der Mauerstadt eine Wohnung teilten und dem morbiden Charme West-Berlins frönten, wo Punk damals gerade erst angekommen war.
Bowie lebte von Ende 1976 bis 1978 in West-Berlin, „Low“, „Heroes“ und „Lodger“ sind eng mit dem Hansa-Tonstudio in Kreuzberg verbunden, und gleiches gilt für die „The Idiot“ und „Lust For Life“ seines Freundes Iggy Pop.
An beiden Alben war Bowie stark beteiligt, die Musik stammt maßgeblich von ihm, und es heißt, es war ein Freundschaftsdienst Bowies, der damit Iggy wieder auf die Beine helfen wollte. Hilfe brauchten damals wohl beide, sie hatten den Drogen fleißig zugesprochen, und auch wenn es unglaublich klingt, erhofften sie sich von Berlin dahingehend eine Auszeit – als ob die Frontstadt, die damals nach „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ (1978) in Sachen Heroin in aller Munde war, in der Hinsicht eine Insel der Seeligen gewesen wäre ...
Wie auch immer, Berlin tat beiden gut. Dass in knapper Abfolge fünf in popkuktureller Hinsicht bedeutsame Alben entstanden, ist der Beweis. Die beiden Pop-Alben sind dabei sehr unterschiedlich: „Sister Midnight“, der famose Opener von „The Idiot“, hat eher einen coolen NYC-Vibe, ebenso „Nightclubbing“, und „China girl“ feiert hier seine Premiere, wurde von Bowie Jahre später neu aufgenommen und in der verkitschten Neuauflage zum Hit – mir gefällt das harsche Original besser.
Ganz anders, fast wie aus einer anderen Phase, wirkt „Lust For Life“ – fast scheint es, als ob Pop damit im „neuen“ Punk angekommen war, bis heute ist „The passenger“ die Pogo-Hüpf-Hymne jeder Party.
Genauso grandios der Opener „Lust for life“, „Sixteen“ und das wundervolle, schmusige „Tonight“. Beide Alben sind essentielle Klassiker, die man haben muss. Was nicht wirklich für die dritte Scheibe im Bunde gilt: Live-Alben sind der „easy way out“, wenn man als Musiker noch einen Vertrag zu erfüllen hat.
So war das wohl 1978 auch bei Iggy, der sich von RCA einen Vorschuss von 90.000 Dollar hatte geben lassen und dann in Berlin im Hansa Tonstudio für angeblich 5.000 Dollar Live-Mitschnitte aus dem The Agora in Cleveland, Ohio (März 1977), The Aragon in Chicago (März 1977) und The Uptown Theater in Kansas City, Missouri im Oktober 1977 aufbereitete.
Unter den acht Songs sind die STOOGES-Klassiker „T.V. eye“, „Funtime“, „Sixteen“, „I got a right“, „Lust for life“ und „I wanna be your dog“ sowie als einziger damals wirklich neuer Song „Nightclubbing“.
Am Piano: David Bowie.
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