Seit zwölf Jahren machen die GENERATORS aus Los Angeles ausnahmslos fantastische Platten, die zum Besten gehören, was heutiger Punkrock überhaupt zu bieten hat. „Between The Devil And The Deep Blue Sea“ , das siebte Album der Kalifornier ist da keine Ausnahme, der vorläufige Endpunkt einer Entwicklung, die 1997 mit „Welcome To The End“ und sehr melodischem Streetpunk begann und heute perfekter Westcoast-Punkrock ist, der die in ihrer Evolution vergleichbaren BAD RELIGION in Sachen Songwriting und Emotion mittlerweile weit hinter sich lässt. Wir stellten Bandboss Doug Dagger ein paar Fragen.
Euer neues Album sollte bei People Like You erscheinen, warum kommt es nun bei Concrete Jungle raus?
People Like You hatten Probleme, da ihr Vertrieb SPV insolvent ist. Das Album war also fertig und alle Beteiligten waren sich einig, dass es das Beste wäre, wenn Concrete Jungle die Lizenz von People Like You erwerben würde. People Like You ist noch ins Tagesgeschäft involviert, also haben wir mehr oder weniger zwei Labels, die sich um unser neues Album kümmern. Die Plattenindustrie leidet und es wird jedes Jahr schlimmer, eine Schande, ich muss seit Jahren mitansehen, wie alles auseinander fällt. Nun, wir wollten aber nicht warten mit dem Albumrelease und hoffen, dass bei People Like You bald alles wieder ins Reine kommt. Wir waren reif für Rock’n’Roll, und sind zuversichtlich, dass Concrete Jungle – und auch People Like You – ihren Job gut machen werden.
Wer bringt das Album in den USA raus?
Zwei Labels sind interessiert, aber wir warten ab, ob People Like You hier in L.A. ein Büro eröffnet. Hoffentlich passiert das innerhalb der nächsten Monate. Falls nicht, wird es eben bei einem anderen amerikanischen Label erscheinen.
Ich höre oft von Bands, dass es ihnen egal sei, wenn die Leute ihre Songs umsonst aus dem Netz ziehen. Scheinbar eine ehrenwerte Aussage, aber es kostet die Labels die Existenz – gleichzeitig kann ich nicht erkennen, dass man ohne ein Label auskommen würde.
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, die Leute sollten kostenlose Downloads kriegen, aber keine kompletten Alben. Wir brauchen die Labels, die die Bands unterstützen können, damit die auch wachsen können Die Songs vom neuen GENERATORS-Album „Between The Devil And The Deep Blue Sea“ wird es frühestens zwölf Monate nach ihrem Erscheinen von uns als Download geben. Man sollte jeder Platte auch die Chance geben, sich zu verkaufen. Vielleicht sollten wir einen oder zwei Songs zum Download freigeben und hoffen, dass sie den Leuten gefallen und sie sich daraufhin das Album kaufen. Die Leute sollten aufhören, immer alles umsonst haben zu wollen, und stattdessen die Bands und Labels unterstützen, damit wir weitermachen können! Eine echt schwierige Situation.
Euer Album ist mal wieder ein kleines Meisterwerk in Sachen melodiösen kalifornischen Punkrocks. Und hoffentlich verstehst du das jetzt nicht als Beleidigung: Zur Zeit scheint es so, dass ihr die Songs schreibt, die zu schreiben BAD RELIGION nicht mehr in der Lage sind.
Hahaha, nein, das ist keine Beleidigung. Es ist doch so: BAD RELIGION haben für viele Leute schon von langer Zeit ihren Biss verloren. Ich bin mit BAD RELIGION aufgewachsen, ich sah sie 1981 auf einem meiner ersten Punk-Konzerte. Für mich gehören sie zu Südkalifornien wie auch SOCIAL DISTORTION. Ob ich gerne bei BAD RELIGION sein würde? Nein. Aber ihre Kohle hätte ich schon ganz gerne, haha! Nein, ernsthaft: Ich liebe Musik mit tollen Melodien und das verbindet uns mit ihnen. Wir kommen aus Los Angeles, Bands wie BAD RELIGION, T.S.O.L. oder SOCIAL DISTORTION haben uns beeinflusst, aber auch UK-Bands wie THE DAMNED oder THE CLASH. Wir machen, was wir wir machen, schon immer. Wir geben nicht allzu viel darauf, was andere von uns halten. Die GENERATORS gehen noch weit über die Punk-Einflüsse hinaus, die jüngeren GENERATORS-Mitglieder etwa stehen derzeit viel mehr auf Rock’n’Roll wie BLACK SABBATH, KISS oder GUNS N’ROSES. Derek und ich sind die alten Punks, die versuchen, mit den kleinen Rockern in ihrer Band mitzuhalten. Eine gute Mischung, so viel ist sicher!
In den Medien wurde jüngst über Obamas Bemühungen berichtet, allen Amerikanern zu einer Krankenversicherung zu verhelfen. Da ich immer wieder Geschichten über Punkrocker höre, die kein Geld für den Arzt haben oder wegen ihrer Krankenhausrechnungen hoch verschuldet sind, kann ich kaum glauben, dass es tatsächlich Leute gibt, die gegen die Krankenversicherungspläne protestieren.
Oh, fang mir bloß nicht damit an. Ich bin total angepisst von all diesen dämlichen, fehlinformierten Rednecks in meinem Land! Einer der Hauptgründe ist, dass diese ignoranten Arschlöcher den Gedanken nicht ertragen können, dass ihre Steuergelder verschwendet werden, um kranken und übergewichtigen Minderheiten in South Chicago oder East Los Angeles zu helfen. Die milliardenschweren Krankenversicherungen füttern sie mit Lügen und entwerfen Horror-Szenarios, was passieren würde, sollte die Regierung unser Gesundheitssystem sozialisieren. Und während sie auf diesen Betrug reinfallen, erhöhen die Versicherungen die Kosten für die medizinische Versorgung! Das ist so lächerlich, aber passiert wirklich! Es regt mich wirklich auf, ich will mich nicht weiter darüber auslassen, aber ich wurde immer wieder von verschiedenen Versicherungen beschissen. Die schlimmste Geschichte werde ich erzählen und dann lasse ich es gut sein: Meine Ex-Frau und ich verloren ein Baby und die Krankenversicherung wollte aus irgendwelchen bescheuerten Gründen nicht für unsere Arztrechnungen aufkommen. Sie haben alles Mögliche versucht, um nicht zahlen zu müssen. Das war für uns beide ein Albtraum. Ich war also nicht nur am Boden zerstört, zu allem Überfluss erzählte mir unsere Krankenversicherung, für die ich jeden Monat zahle, sie würde uns nicht helfen. Das ist also meine Erfahrung mit dem amerikanischen Gesundheitssystem. Darum hoffe ich, dass all diese saudummen Rednecks einfach tot umfallen!
Der Titel eures Albums lautet „Between The Devil And The Deep Blue Sea“: Wo genau befindet sich dieser Ort und wie sieht der aus?
Das ist ein alter Seemannsspruch, der bedeutet, du hast die Wahl zwischen Pest und Cholera, du steckst in einem Dilemma. Außerdem heißt so ein cooler Song von dem alten Jazz-Musiker Cab Calloway. Wir mochten den Titel, er ist anders, und früher oder später kommt jeder in so eine beschissene Situation, die einem keine Wahl lässt, als zu kämpfen, um ihr zu entkommen.
Laut Bandinfo habt ihr mehr als 100.000.000 Tonträger verkauft ... wirklich?
Das muss wohl ein Druckfehler sein, hahaha. Ich denke mal, das bezieht sich auf meine alte Band SCHLEPROCK, die über 100.000 Tonträger verkauft hat. Also ja, das war sicherlich eine falsche Information. Aber wenn ihr glauben wollt, ich sei ein Millionär, habe ich kein Problem damit. Wisst ihr, ich habe auch was mit seinem Supermodel, haha!
Das Album besticht durch eine großartige Produktion, wer hat euch geholfen?
Normalerweise nehmen wir unsere Alben mit einem alten Freund von mir auf. Er ist ein großartiger Produzent und weiß, wie er den Sound hinbekommt, den wir uns vorstellen. Er kümmert sich sehr um THE GENERATORS und will nur das Beste für unsere Band. Ich liebe es, Platten aufzunehmen, aber es verlangt mir auch viel ab. Ich stecke da viel Energie rein, so wie der Rest der Jungs. Ich nehme das sehr ernst, da ich an unsere Fähigkeiten Songs zu schreiben glaube. Ich will auch nicht wieder und wieder die gleiche Platte machen, für mich muss es da immer eine Herausforderung geben.
Ihr habt einen neuen Drummer, Derek O’Brien. Wie habt ihr ihn gefunden und was ist sein musikalischer Hintergrund?
Ja, haben wir, da Dirty Ernie in den Ruhestand getreten ist, ihm wurde das Touren zu viel. Wir suchten einen Nachfolger und fanden Derek O’Brien, der hier in Los Angeles ein sehr bekannter Schlagzeuger ist, denn er war Jahre lang der Drummer von SOCIAL DISTORTION. Er ist der Typ, der auf all den Klassikern wie „Mommy’s Little Monster“ oder „Playpen“ Schlagzeug gespielt hat. Er trommelte auch ein paar Jahre für die ADOLESCENTS und auch für AGENT ORANGE. Ich habe ihn in den frühen Achtzigern mit SOCIAL DISTORTION spielen sehen, aber bis vor ein paar Jahren habe ich ihn nie persönlich getroffen. Unsere Wege kreuzen sich schon seit Jahren auf der Straße, vor all den alten Punk-Clubs, und in den Neunzigern auf der Bühne, als wir in verschiedenen Bands spielten. Kennen gelernt haben wir uns durch einen gemeinsamen Freund und es freut mich, dass er nun GENERATORS-Songs mit uns spielt.
Gab es sonst irgendwelche Umbesetzungen?
Außer Derek ist niemand neu in der Band. Doosky spielt immer noch Gitarre und schreibt Songs mit mir, so wie wir das seit 1997 tun. Und Ace ist zurück in der Band, nachdem er eine Weile mit U.S. BOMBS und MURPHY’S LAW auf Tour war. Lutz spielt Bass, er ist ja nun seit zwei Jahren dabei. Wir haben alle viel Spaß miteinander, das ist wirklich cool.
Spaß an der Musik ist also deine Motivation?
Nein, es geht nicht alleine darum, Punkrock zu sein. Ich muss nichts beweisen, genauso wenig wie die anderen GENERATORS. Es geht darum, Musik zu machen, die die Leute anspricht, vielleicht mit einem Song über etwa Liebeskummer oder den Tod einer geliebten Person. Oder die Tatsache, dass der Planet, auf dem wir leben, außer Kontrolle gerät, wegen der Kriege und wegen des irreparablen Schadens an der Umwelt. Wenn wir eine Melodie mit einer Message oder eine Geschichte verknüpfen und so eine Verbindung mit dem Hörer herstellen können, dann weiß ich, dass ich meinen Auftrag erfüllt habe. Dafür lohnt sich all der Aufwand, dafür mache ich Musik.
© by - Ausgabe # und 31. Mai 2024
© by - Ausgabe # und 21. Juli 2011
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #36 III 1999 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #44 September/Oktober/November 2001 und KK & Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #52 September/Oktober/November 2003 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #60 Juni/Juli 2005 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #86 Oktober/November 2009 und Joachim Hiller & André Bohnensack
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #97 August/September 2011 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #114 Juni/Juli 2014 und Frank Weiffen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #138 Juni/Juli 2018 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #86 Oktober/November 2009 und André Bohnensack
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #138 Juni/Juli 2018 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #39 Juni/Juli/August 2000 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #126 Juni/Juli 2016 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #51 Juni/Juli/August 2003 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #51 Juni/Juli/August 2003 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #97 August/September 2011 und Matti Bildt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #114 Juni/Juli 2014 und Frank Weiffen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #35 II 1999 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #46 März/April/Mai 2002 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #48 September/Oktober/November 2002 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #134 Oktober/November 2017 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #107 April/Mai 2013 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #74 Oktober/November 2007 und André Bohnensack
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #59 April/Mai 2005 und Lars "Abel" Gebhardt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #137 April/Mai 2018 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #43 Juni/Juli/August 2001 und Jörkk Mechenbier
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #125 April/Mai 2016 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #73 August/September 2007 und André Bohnensack
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #33 IV 1998 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #98 Oktober/November 2011 und Joachim Hiller