Wo heute DIE TOTEN HOSEN und DIE ÄRZTE stehen, werden in einigen wenigen Jahren die DONOTS sein, nämlich der höchste Status, den du als Punkrock-Band in Deutschland erreichen kannst. Bei so einer langen Bandgeschichte und dem immer währenden Drang, nicht auf der Stelle zu treten und sich weiterzuentwickeln, kann man die DONOTS als ein absolutes Phänomen bezeichnen. Eine stete Konstante in der hiesigen Musiklandschaft. Sympathie, gepaart mit Ohrwürmern, die einfach nichtmehr weggehen wollen. Live liefern sie einfach immer ab und schaffen es, noch den letzten Konzertbesucher zum Ausdruckstanz zu bewegen. 28 Jahre DONOTS und kein bisschen müde. Mit „Heut ist ein guter Tag“ erscheint Anfang 2023 nun das zwölfte Album. Frontmann und Chef-Sympath Ingo steht uns für ein ausführliches Interview zur Verfügung.
Wie aufgeregt ist man überhaupt noch, wenn nach so vielen Jahren bald ein neues Album erscheint?
Ich glaube, das lässt niemals wirklich nach. Man ist ja immer gespannt, ob die Songs auch so vom Hörer angenommen werden und ob alles so klappt, wie man es sich vorgestellt hat. So ein Album ist immer auch ein Destillat aus allem, was man vorher geschaffen hat. Man hat ja so seine Trademarks, die man über die Jahre entwickelt hat und die man immer herausstellen will. Man will sich aber auch nicht wiederholen. Für uns hat eine Sache immer oberste Priorität: Haben wir etwas vorher schon einmal besser oder pointierter gesagt, dann kommt es nicht auf ein neues Album. Wenn du dann noch dein eigenes Label bist, hängt ja auch noch ein Rattenschwanz an Dingen an so einem Release dran. Also wir sind höllisch aufgeregt.
Das neue Album ist in einer nicht gerade einfachen Zeit für Kulturschaffende entstanden. Hinzu kommt noch die ganze andere Scheiße die gerade in der Welt geschieht. Wie muss man bei alledem den Titel „Heut ist ein guter Tag“ verstehen?
Wir sind ja grundsätzlich eine sehr euphorische Band. Im Hinblick auf ein neues Album halten wir natürlich auch immer erst mal intern Rücksprache, um auszuloten, wo die Reise hingehen soll. Dank unserem Wechsel zur deutschen Sprache können wir Themen heute auch einfach viel direkter ansprechen. Wir haben natürlich eine soziale und politische Agenda. Es liegt uns aber fern, diese den Leuten mit dem Holzhammer einzubläuen. Das passiert momentan ja eh schon so sehr, dass die Leute auch vielen Input einfach satthaben. Mach die sozialen Medien auf und du wirst sofort in irgendeine Diskussion verwickelt, bei der du manchmal einfach nicht die Schnauze halten kannst und darfst. Aber bei all der Last und Bürde, die die letzten Jahre uns allen auferlegt haben, haben wir uns überlegt, was sind denn die positiven Dinge, die es eben auch noch gibt. Die positive Attitüde und der positive Blick in die Zukunft sollten dabei die Leitmotive des Albums sein. Und dabei passt der Titel ziemlich gut, wie ich finde. Natürlich gibt es Dinge, über die wir uns beklagen müssen, wollen und sollen als Punker. Aber es ist deswegen nicht immer gleich alles scheiße.
Live seid ihr seit jeher eine Wucht. Nach 28 Jahren muss es doch aber ein DONOTS-Fitnessprogramm geben, um die Nummer noch durchzuziehen. Also Asketen unter sich oder das Keith Richards-Syndrom?
Ich glaube, wenn man sich diese Leichtigkeit bewahrt und immer mit so einem Fanblick auf seine Band schaut und eben auch eine gehörige Portion Punk zulässt, also nicht alles durchplant bis zum Letzten, dann muss man sich niemals zu etwas zwingen. Man hat Spaß auf der Bühne, wenn man loslassen kann, und dann wird es eben auch niemals anstrengend. Wir lassen einfach gern die Sau raus. Wir haben halt schon immer diese Dumme-Bauern-meet-Kindergarten-Attitüde. Nach all den Jahren ist Demut auch sehr wichtig für uns. Für uns ist es eben nichts Normales, wenn nach all der Zeit so verdammt viele Menschen zu unseren Konzerten kommen. Davon abgesehen bin ich aber zum Beispiel ein notorischer Jogger und habe heut schon meine elf Kilometer abgerissen. Ich brauche das aber auch zum Runterkommen und Dampf ablassen. Ansonsten gehe ich mir selbst unendlich auf den Sack.
Ihr betreibt ja mit Solitary Man ein eigenes Label, macht also fast alles rund um das Album selbst. Wie kann man das alles unter einen Hut bekommen?
Du ahnst nicht mal annähernd, wie unkoordiniert das manchmal bei uns abläuft. Wir haben es uns damals aber so ausgesucht und sind auch total happy damit. Für uns gilt dabei aber grundsätzlich ein Leitsatz, nämlich dass unsere Freundschaft über allem steht. Über Gewinnmaximierung, über irgendwelchen Powerpoint-Präsentationen und all solchen Dingen. Wir sind, wie wir sind, und mittlerweile hat sich die Aufgabenverteilung sehr gut eingegroovet. Wenn etwas anderes als unsere Freundschaft irgendwann einmal im Vordergrund steht, ist sowieso alles im Arsch und man kann es direkt komplett sein lassen.
Ihr habt ja vor einigen Jahren eine Kehrtwende vollzogen und angefangen, auf Deutsch zu singen. Wie habt ihr diese Zeit erlebt und wie seid ihr mit der Kritik umgegangen?
Ich denke, eine Band muss immer aufpassen, nicht zu stagnieren, und versuchen, sich stetig weiter zu entwickeln. Wir hatten niemals die eigenen Fußfesseln der eigenen Legende an. Nimm mal Bands wie BAD RELIGION zum Beispiel. Ich will gar nicht, dass die plötzlich ihren Sound verändern, weil es eben Pioniere sind. Aber natürlich schafft so etwas auch eigene Grenzen. Diese hatten wir aber nie. Wir sind ein Wagnis eingegangen und für uns hat sich das völlig ausgezahlt. Ganz wichtig bei alledem ist, dass du deine eigenen Ideale nicht verrätst. Also wenn mitschwingt, dass du nicht hinter dem stehst, was du tust. Wenn du also etwas tust, was dir nur die Taschen vollmacht, aber nicht dein Herz, dann werden das irgendwann auch die Leute merken und es gegebenenfalls nicht mehr honorieren. In einem Subkulturkontext kannst du die Leute eben nicht lange verarschen. Wir sind ja da, um Dinge kritisch zu hinterfragen, sonst wären wir keine Punker geworden. Der Kulturpessimismus eint ja in dem Fall auch. Deswegen muss sich auch jede Band diese kritischen Fragen nach den Motiven gefallen lassen. Wenn du das aber aus hehren Zielen machst, dann wird auch der Letzte irgendwann merken, dass du eben kein Trendreiter bist, sondern dass es von Herzen kommt.
Seit eurem letzten Album „Lauter als Bomben“ sind nun fünf Jahre vergangen. Wie geht man so ein neues Album nach all den Jahren an und wie ist man weiterhin so hungrig?
Wir sind, glaube ich, noch mal ein stückweit demütiger geworden. Ich glaube, wenn man über 25 Jahre auf engstem Raum verbracht hat und sich noch immer so gut versteht, dann hat man einen großen gemeinsamen Nenner. In den Jahren der Pandemie wurde uns aber natürlich auch aufgezeigt, dass nichts selbstverständlich ist. Man wird schnell süchtig nach diesem Live-Gefühl und nach all dem, was eine Band ausmacht. Wir wollen immer noch hier etwas verändern und da etwas besser zu machen. Uns stetig weiterentwickeln und gemeinsam Musik machen. So klischeehaft das klingt, aber würde uns das alles keinen Spaß machen oder unsere Freundschaft würde darunter leiden, würden wir es einfach sein lassen. Da würde jeder etwas anderes im Leben für sich finden, worin er gut ist. Aber wir haben dieses Feuer, gemeinsam noch ewig weiterzumachen, und so lange wir glauben, wir können einen Beitrag leisten, und der Überzeugung sind, noch etwas zu sagen zu haben, werden wir das auch tun.
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