MILLENCOLIN

True Brew

Ein neues MILLENCOLIN-Album? Ein guter Anlass, sich nach Ewigkeiten mal wieder das Debüt „Tiny Tunes“ aus dem Jahr 1994 anzuhören. Seinerzeit hatte die schwedische Band, auf dem Foto im Booklet noch extrem jugendlich aussehend, die richtige Platte zur rechten Zeit gemacht: GREEN DAY, THE OFFSPRING, NOFX, BAD RELIGION, LAGWAGON und Co.

hatten gerade ein „Punk-Revival“ ausgelöst, melodiöser Punkrock war allgegenwärtig, Konzerte jener Bands waren besser besucht als alles, was man in den Jahren davor gekannt hatte, die verkauften Stückzahlen gigantisch.

Und dann kamen die Schweden, schlugen genau in diese Kerbe mit ihrem jugendlich unbekümmerten, ultramelodiösen Skatepunk, wurden von Burning Heart Records entdeckt und bald von Epitaph gesignt.

Als 1997 das Erfolgsalbum „For Monkeys“ erschien, wendete ich mich enttäuscht von der Band ab, zu konventionell seien sie geworden, schrieb ich damals. Rückblickend sieht man so was anders, denn „True Brew“, das neue Album der Band um Sänger und Bassist Nikola Sarcevic – das erste übrigens seit „Machine 15“ von 2008 – klingt zwar erkennbar erwachsener im Vergleich mit „Tiny Tunes“, doch mein harsches Urteil von einst („MILLENCOLIN [haben sich] wohl gänzlich aus der Riege meiner Lieblingsbands gespielt.“) war wohl wirklich das Resultat enttäuschter Liebe.

Auf „True Brew“ präsentieren sich MILLENCOLIN genau so, wie man sie haben will: mit melodiösem (Punk-)Rock, lange nicht mehr so simpel und knackig wie zu Beginn ihrer Karriere, aber eben gespielt von Musikern mit Anfang vierzig, die nicht verhehlen können und wollen, dass BAD RELIGION damals wie heute zu ihren Helden gehören („Mr.

Fake Believe“) – Helden, die sich ebenfalls massiv verändert haben, aber dennoch ihre zentrale Klangfarbe bewahrt haben. Was immer sich hinter dem Titel des Albums verbergen mag, in einer Welt voller hipper Mischgetränke, die morgen schon wieder vergessen sind, sind MILLENCOLIN anno 2015 auf jeden Fall genau das: ein leckeres Bier.

Und in Zeiten wie diesen tut es überdies gut, wenn jemand so klar Stellung bezieht wie Sarcevic in „Sense & sensibility“, einer Abrechnung mit den „Schwedendemokraten“, einer schwedischen Partei zwischen AfD und NPD.