Es gibt diese Bands, die haben einen einfach an der richtigen Stelle im Leben erwischt. NEW MODEL ARMY waren und sind eine solche Band: Als „Vengeance“ 1984 erschien, war ich 16, begann mich für Politik zu interessieren, schrieb wütende Leserbriefe an die örtliche Zeitung und war so angepisst von den Verhältnissen in der bleiern-grauen Kohl-BRD, wie man es als Jugendlicher sein musste.
Und dann kam da diese Band aus England an, die irgendwie Punk war, aber weit weg von den parolenhaften Slogans so vieler anderer Bands und die mit jedem einzelnen Text meine Gefühlslage traf – das „Smalltown England“ war nicht anders als „Smalltown Germany“.
„Christian militia“, in dem es um rechtes Christenpack geht, könnte auch über die Tea-Party-Bewegung des Jahres 2012 geschrieben worden sein, bei „Vengeance“ sang ich heimlich den Refrain „I believe in justice, I believe in vengeance, I believe in getting the bastard“ – zu einer Zeit, als Nazi-Kriegsverbrecher noch mit Wissen von BND und Regierung in Südamerika ihre Rente kassierten und nicht angeklagt wurden.
NMA waren eine Gymnasiasten-Punkband, sie grölten nicht solche als plump empfundenen Parolen wie SLIME, jede Zeile, die ihr Frontmann Justin Sullivan angepisst ausspuckte, strotzte nur so vor Verachtung der Autoritäten, war dabei aber sprachlich geschliffen – NEW MODEL ARMY waren meine Band und blieben es bis zum großen kommerziellen Erfolg Ende der Achtziger.
Musikalisch war die 1979/80 in Bradford gegründete Band schon immer einzigartig: ihr Punkrock wurde von sehr dominantem Bass-Spiel und dem gothic-düsteren Drumming geprägt, sie hatten das Potenzial zur Massentauglichkeit und wurden nach dem auf dem Indielabel Abstract erschienenen Debüt mit dem Nachfolger „No Rest For The Wicked“ (1985), dem 1986 das dritte „klassische“ NMA-Album „The Ghost Of Cain“ folgte, vom Major EMI gesignt, der das Debütalbum unter dem Titel „Vengeance – The Independent Story“ neu auflegte.
Dieses Album hat die Band nun selbst auf ihrem Attack Attack-Label in remasterter Form noch einmal aufgelegt. Auf der ersten CD finden sich neben den Songs des „Vengeance“-Albums noch diverse essentielle Single- und EP-Tracks aus der Frühzeit, und auf der zweiten CD gibt’s bislang unveröffentlichte Demos (neun Songs), die 1981 entstanden sind und die Band noch erheblich rauher präsentieren, gefolgt von elf BBC-Peel-Session-Recordings von 1983.
Verpackt sind diese in ein kleines Hardcover-Buch, im Booklet gibt’s neben Texten und Fotos auch Linernotes der langjähriger kreativen „Muse“ der Band, der Künstlerin und Schriftstellerin Joolz.
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