NEW MODEL ARMY

Between Dog And Wolf

Man hatte sich schon ein wenig daran gewöhnt, dass neue NEW MODEL ARMY-Platten im Zwei-Jahres-Rhythmus erscheinen. Diesmal wurden es dann doch vier Jahre seit der letzten Platte „Today Is A Good Day“ von 2009, unter anderem bedingt durch den Tod von Tommy Tee Ende 2008, dem langjährigen Manager und Freund der Band.

Ende 2010 gab es mit „Anthology“ immerhin eine umfangreiche Aufarbeitung der bisherigen Bandgeschichte auf zwei CDs und drei DVDs gab, deren Relevanz wie so oft bei solchen Best-Of-Zusammenstellungen diskussionswürdig ist.

Live war die Band weiterhin Gast auf deutschen Bühnen. 2010 feierte diese Post-Punk-Institution ihr dreißigjähriges Bandjubiläum und ist somit eine der wenigen Formationen dieser Ära, die ohne wirkliche Unterbrechungen existiert.

Ein Ausbund an Konstanz könnte man meinen, aber Tatsache ist, dass auch NMA schon einige Mal vor der Totalauflösung standen und letztendlich nur durch die Beharrlichkeit von Sänger und Gitarrist Justin Sullivan zusammengehalten werden, der schon länger das einzig verbliebene Urmitglied ist.

Dafür gibt es natürlich völlig unromantische Gründe, denn solange das Publikum nach neuen NMA-Platten verlangt und die Band live sehen will, wäre man als Musiker schön blöd, alles einfach hinzuschmeißen.

Allerdings kann man Sullivan unter Aspekten künstlerischer Integrität keine Vorwürfe machen, denn selbst für die schwächeren Platten im NMA-Backkatalog wie „Strange Brotherhood“ von 1998 muss sich der Mann nicht schämen.

Nach dem angenehm aggressiven Vorgänger „Today Is A Good Day“ bedeutet „Between Dog And Wolf“ allerdings tatsächlich eine deutliche stilistische Zäsur, die sicher nicht jedem schmecken wird.

Dass es sich hier um NMA handelt, ist genauso unverkennbar wie in der Vergangenheit, denn Justin Sullivan ist als Sänger und Songwriter weiterhin dominant und prägt den Gesamtsound. Irritierend an der neuen Platte ist vor allem, dass man zeitweise das Gefühl hat, die Gitarren-Abteilung hätte das Studio verlassen.

Dafür scheinen gleich zwei Schlagzeuger die Songs mit monoton-tribalistischen Getrommel voranzutreiben und damit in Sphären von Weltmusik zu transportieren. Sullivans Faible für rhythmische Aspekte ist zwar nicht unbedingt neu, zeigte sich bisher aber noch nie so ausgeprägt wie hier.

Hinzu kommt sein ebenfalls großes Interesse an Soul, was „Between Dog And Wolf“ sicherlich zu einem der „poppigsten“ Alben der bisherigen Bandgeschichte machen dürfte. Die Aggressivität von „Today Is A Good Day“ ist einer insgesamt sanften Melancholie gewichen, denn tatsächlich fröhlich klingt keiner der insgesamt 14 Songs.

Es dürfte gerade live spannend werden, wie NMA das neue, recht ruhige und mit wenig echten Höhepunkten versehene Material in ihr Programm integrieren können, und ob das alten Fans eventuell die Feierlaune vermiest.

Für den Hausgebrauch ist „Between Dog And Wolf“ auf jeden Fall ein sehr gelungenes Album, bei dem Sullivan den typischen NMA-Sound in experimentellere Gewässer manövriert, was sich einem vielleicht nicht gleich erschließt, wodurch die Platte aber auch wesentlich länger ihren Reiz behält.