NEW MODEL ARMY ist eine der wenigen Bands, die die Welle so genannten Post-Punks Anfang der 80er überdauerte, als die Wut des Punks – vor allem in Hinsicht auf konkrete politische Botschaften – auf düstere, schwere Rocksongs traf. Während U2 inzwischen zum ekelhaften Rockdinosaurier mutierten, KILLING JOKE zum peinlichen Metal-Klon wurden und sich im letzten Jahr THE ALARM mit einem lachhaften neuen Album zurückmeldeten, sind die Ende der 70er in Bradford gegründeten NEW MODEL ARMY – benannt nach Oliver Cromwells revolutionärer, republikanischer Armee – im Vergleich dazu so was wie ein Fels in der Brandung des schnelllebigen Musikgeschäfts, ein Ausbund an Konsequenz, Ehrlichkeit und Authentizität, was sich an ihren Platten leicht nachweisen lässt, die vielleicht nicht unbedingt mehr Revolutionen auslösen würden, aber niemals wirklich schlecht waren.
Inzwischen würde man auch eher von einer Art Folkrock sprechen, auch wenn sich wenig an der aggressiven inhaltlichen Sichtweise von Frontmann Justin Sullivan geändert hat, ein Sprachrohr für die britische Arbeiterklasse, bekennender Sozialist und bis 1990 natürlich auch immer gut für deutliche Anti-Thatcher-Statements. Von der englischen Musikpresse nach 1985 weitestgehend ignoriert – die sich nach wie vor besser auf das Abfeiern des Hypes von vorgestern wie FRANZ FERDINAND oder KAISER CHIEFS verstehen –, waren NMA auch immer überraschend erfolgreich, kamen mit ihren Singles in die unteren Bereiche der britischen Charts, und waren vor allem immer als mitreißender Live-Act präsent, auch wenn sie mit den Vereinigten Staaten in dieser Hinsicht einige Probleme hatten. Seit 1999 besitzt man mit Attack Attack ein eigenes Label, wo bisher das Live-Album „... & Nobody Else“, „Eight“, die musikalische Resterampe „Lost Songs“ und eben das aktuelle Album „Carnival“ erschienen sind, mit dem sich NMA zwar nicht neu erfinden konnten, aber nach wie vor extrem eigenwillig, absolut unverkennbar und auch überraschend düster klingen. Nachdem Schlagzeuger Robert Heaton im letzten Jahr verstarb – die Band hatte er allerdings bereits Ende der 90er verlassen –, stieg jetzt nach zwölf Jahren Gitarrist Dave Blomberg aus, womit Justin Sullivan letztes verbleibendes Ur-NMA-Mitglied ist, ohne den diese Band auch kaum vorstellbar wäre. Das unterstrich er 2003 mit seinem exzellenten Soloalbum „Navigating By The Stars“, sozusagen „NMA unplugged“, das auch mein in den 90ern erlahmtes Interesse an der Band wieder weckte, die mit großartigen Platten wie „No Rest For The Wicked“, „The Ghost Of Cain“, „Thunder & Consolation“ und einem Song wie „51st state“ in den 80ern nicht unerheblich zu meiner musikalischen Sozialisation beigetragen hatten. Als ich Herrn Sullivan dann schließlich am Telefon habe – der Musiker mit den schlechtesten Zähnen des Musikbusiness’ und jemand, der Rockmusik gar nicht mag und eher auf Schwarze Musik steht, wie er immer betont –, scheint er gerade mit dem Handy durch Bradford zu eilen – immer on the road, der Mann.
Justin, 25 Jahre NMA. Wie überraschend ist das für dich?
„Wenn du mir das vor 25 Jahren gesagt hättest, wäre ich ziemlich überrascht gewesen. Aber nach einer gewissen Zeit wird es einfach zu sehr Teil deines normalen Lebens.“
Allerdings gab es zwischen 1993 und 1998 ja mal eine längere Pause für NMA.
„Eigentlich nicht. Für die Öffentlichkeit mag es vielleicht so ausgesehen haben. Wir hatten mal eine Phase von einem Jahr, wo das so war, und gingen dann 1994 wieder ins Studio. Uns passierte, was vielen Bands passiert: du gehst ins Studio, machst du Tür zu und drehst langsam aber sicher durch. Und das ging dreieinhalb Jahre so. Vor allem Robert und ich hatten Probleme miteinander. Und alle anderen standen um uns herum, und dachten, was treiben die da. Während wir dachten, wir wären auf der Suche nach dem perfekten Sound. Aber wenn ich das jetzt rückblickend betrachte, waren wir einfach verrückt. Während dieser Zeit hat es NMA aber immer gegeben, wir haben nur selten live gespielt und
haben auch keine Platte rausgebracht.“
Hast du dieser Zeit mal gedacht, das könnte jetzt das Aus für die Band sein?
„Ja, aber um ehrlich zu sein, war das einer von vielen Endpunkten. Ich hatte in den 80ern bereits dreimal die Band verlassen. Wir haben uns viele Male getrennt, haha.“
Komisch, eigentlich hatte ich immer das Gefühl, du wärst der eigentliche Motor der Band.
„Schon, aber das verhinderte nicht, dass ich so von der ganzen Sache die Nase voll hatte, dass ich einfach ging. Allerdings nur für ein paar Tage, haha.“
Gab es besondere Gründe dafür, du hast ja eben schon persönliche Ursachen angesprochen ...?
„Alle Bands sind in dieser Hinsicht irgendwie ähnlich, das ist meine Erfahrung. Es gibt eine seltsame Dynamik zwischen Menschen, wenn man etwas zusammen macht. Und oft sind es Leute, bei denen man normalerweise noch nicht mal die Straße überqueren würde, um mit ihnen zu reden. Die Vorstellung, dass alle Bands aus Brüdern und guten Freunden bestehen, entspricht nicht der Realität. Gelegentlich schon, aber nicht immer. In meiner langjährigen Beziehung zu Robert war es immer so, dass wir, wenn wir gut miteinander auskamen, wie Brüder waren. War das nicht der Fall, waren wir zwei völlig unterschiedliche Menschen, die ein völlig anderes Leben führten. Wir waren uns da überhaupt nicht nah. Und ich glaube, das ist bei jeder Band so.“
Eine seltsame Form von Ehe ...
„Ja, und zwar nur aus einem Grund, um etwas wirklich besonderes zu kreieren. Und wenn jemand mit mir musikalisch übereinstimmt, dann ist mir der Rest eigentlich egal, das kriegt man schon irgendwie geregelt. Denn Musik ist für mich das wichtigste, zu versuchen, etwas wirklich kreatives zu tun und nicht auf der Stelle zu treten.“
Aber es ist schon seltsam, wenn sich Bandmitglieder untereinander hassen, und sich dann nur im Studio oder auf der Bühne treffen ...
„So kann man eigentlich nicht als Band existieren. Und ehrlich gesagt, ist uns das gelegentlich passiert, dass in der Band eine so schlechte Stimmung herrschte, dass wir nicht mehr miteinander gesprochen haben. Aber so kann man nicht weitermachen, entweder schließt man Frieden oder man lässt es ganz bleiben.“
Inwieweit kann man NMA eigentlich noch als wirkliche Band bezeichnen, wenn über die Jahre die meisten Mitglieder ausgetauscht wurden? Ist das ein Problem für dich? Es gibt ja durchaus Bands, die über die Jahre personell konstant bleiben.
„Aber nicht viele, mir fallen zumindest nicht viele ein. Ich finde es sogar recht hilfreich, wenn die Musiker wechseln. Bei NMA war für mich immer das Wichtigste, sich nicht zu wiederholen. Es gibt bei NMA ein bestimmtes ‚Aroma‘, ein bestimmtes Gefühl, das sich schlecht beschreiben lässt. Jede Platte ist anders, jeder Song ist anders, und jedes Mal sind andere Leute involviert, aber dennoch wird alles irgendwie zusammengehalten. Und es gab immer Zeiten, wo die Band eine starke Einheit war und wo nicht. Aber für mich war das nie ein Problem.“
Würdest du denn sagen, dass NMA inzwischen eine komplett andere Band ist als zu Beginn?
„In gewisser Weise schon. Aber ob es jetzt tatsächlich eine völlig andere Band ist, kann ich nicht sagen. Was es bei NMA in musikalischer Hinsicht immer gegeben hat, ist eine Obsession für die Rhythmussektion – von Anfang an. Gelegentlich haben wir auch sehr straighte Songs, aber auf all unseren Platten sind es Bass und Schlagzeug, die alles vorantreiben. Der Großteil heutiger Rockmusik ist hinsichtlich der Rhythmussektion einfach langweilig. Bei NMA basierte immer alles auf Rhythmus, und das gilt für jedes Album, und in besonderem Maße für ‚Carnival‘.“
Ich muss sagen, ich vermisse nach wie vor etwas dieses ungewöhnliche Bass-Spiel der ersten NMA-Platten. Wie hieß der Bassist noch gleich ...?
„Stuart Morrow ... Aber das war eigentlich nur typisch für zwei Platten. Ich traf Stuart 1978, wir waren zuvor schon in anderen Bands gewesen, bevor wir zusammen NMA gegründet haben. Und bevor dann Robert auftauchte, hatten wir noch einige andere Schlagzeuger. NMA basierten auf dem Umstand, dass Stuart spielen und ich Songs schreiben konnte. Er war ein wirklich unheimlich talentierter Mensch. Was soll ich sagen, haha, irgendwann ging er halt ... Und das ist ziemlich lange her. Er ist jetzt Bauunternehmer. Ich habe erst vor einem Monat wieder mit ihm gesprochen, nach sehr langer Zeit.“
Wie sieht denn generell dein Verhältnis zu Ex-Mitmusikern aus, gibt es da noch eine Verbindung oder ist die Sache für dich dann beendet?
„Es ist beendet in dem Sinne, dass es nie gut ist, zurückzuschauen. Wenn jemand vor langer Zeit die Band verlassen hat, ist es nicht gut, ihn irgendwann später zurückzuholen, denn man blickt lieber nach vorne. Aber ich habe zu den meisten Leuten, die bei NMA waren, immer noch ein gutes Verhältnis. Auf jeden Fall mittlerweile, denn mein Verhältnis zu Stuart und ‚Moose‘ war lange Zeit schwierig, aber inzwischen sind wir wieder befreundet.“
NMA gehört jetzt sehr lange zu deinem Leben, inwieweit ist es eine Art Beruf für dich geworden?
„Für mich ist es kein Beruf. Ich verhalte mich in dieser Hinsicht gar nicht so besonders professionell, auch nicht, was meine Interviews angeht. Ich habe zwar in Amerika mal bei einer Dame aus dem Medienbereich ein Training dafür absolviert, aber wenn ich wirklich so professionell wäre, würde ich jetzt dafür sorgen, dass wir nur über ‚Carnival‘ reden. Du weißt, was ich meine. Aber mir ist das eigentlich egal. Wenn es für mich ein Beruf wäre, würde ich mich jetzt fragen, wo wir diese Woche in den Charts stehen, oder dass wir in den Zeitungen drin sind. In den 80ern war ich mal eine gewisse Zeit mehr am Musikgeschäft interessiert und habe da selber bestimmte Entscheidungen getroffen. Und um ehrlich zu sein, jede Entscheidung, die ich mal in geschäftlicher Hinsicht getroffen habe, war meistens falsch, weil ich vom Geschäft einfach keine Ahnung habe und es mich auch nicht interessiert. Ich versuche einfach bei jedem neuen Album, etwas besonderes zu machen, was ich noch nicht gemacht habe. Und wenn ich einen Gig spiele, versuche ich, die Erde zum Beben zu bringen. Manchmal klappt es, manchmal nicht.“
Denkst du eigentlich noch in diesen Single-Kategorien, dass da ein Song ist, den man vielleicht aus dem Album auskoppeln könnte? Ich denke da vor allem an „51st state“, solche Übersongs können ja durchaus mal zum Fluch für eine Band werden ...
„Das habe ich eigentlich nie, es passierte zufällig, dass manche Alben solche Songs haben. Nein, ‚51st state‘ war nie ein Fluch für uns, das wird es nur, wenn du nur einen solchen Song hast. ‚Vengeance‘ war ein echter Fluch, weshalb wir uns auch weigerten, den Song bis vor drei oder vier Jahren zu spielen. Denn kein Song darf größer als die Band werden, weshalb wir auch ‚51st state‘ eine Zeit lang nicht spielten. Und dann kam ‚Vagabonds‘ und so weiter ... Wenn du sechs oder sieben solcher Songs hat, ist das in Ordnung, dann kann man vier von ihnen spielen, die vier, die man wirklich spielen will. Es gibt keinen Song, den wir bei jedem Konzert gespielt haben, bis auf einen, und das ist ‚Here comes the war‘, aber auch nur, weil wir ihn gerne spielen. Wir haben nicht das Gefühl, jetzt unbedingt ‚Green and grey‘ oder ‚51st state‘ spielen zu müssen.“
NMA waren ja in ihrer Karriere mit EMI sehr früh bei einem Majorlabel. Wie bist du damals damit umgegangen, gab es da jemals Probleme?
„Nicht wirklich. Wir hatten eigentlich immer ein gutes Verhältnis. Wir hatten mal ein schlechtes Jahr bei Sony, als wir ins Kreuzfeuer eines Streits zwischen Epic in London und Epic in New York gerieten. Das hatte nichts mit uns zu tun, wir waren nur die Bauern in einem internationalen Spiel. Aber das ging nur ein Jahr so, dann verließen wir sie. Es gibt immer Wege, aus Plattenverträgen herauszukommen, die wir aber nicht mögen. Ich kann auch nicht andere Leute für Dinge verantwortlich machen, die falsch laufen. Jeder, egal ob es ein Musiker oder ein Handwerker ist, kommt an einen Punkt in seinem Leben, wo er zurückblickt, und es gibt Sachen, die besser, und andere, die schlechter gelaufen sind. Gelegentlich trifft man Leute, bei denen alles perfekt gelaufen ist, und das sind meist schreckliche Menschen. Und andere, bei denen alles schief gelaufen ist, was sie schließlich kaputt gemacht hat. Aber bei den meisten ist es eine Mischung und beides gleicht sich wieder aus. Bestimmte Leute können sehr verbittert reagieren, wenn Dinge schief laufen, aber so bin ich nicht.“
Es gibt ja diese amüsante Geschichte, dass damals EMI in London Capitol in Amerika Fotos von der Band schickten, und die meinten, dass ihr aufgrund eines fehlenden Images in Amerika niemals Erfolg haben würdet. Stimmt das in dieser Form?
„Absolut, und sie hatten Recht, haha. Sie meinten, der Sänger solle seine Zähne machen lassen. Aber wie ich nun mal bin, vor allem als ich noch jünger war, dachte ich: Fickt euch, jetzt werde ich meine Zähne erst recht nicht machen lassen. Der Grund dafür war, weil Capitol das wollte. Wenn man jung ist, macht man das: Fickt euch, Punkrock! Aber dass wir keinen Erfolg hatten in Amerika stimmt nicht so ganz, denn auch dort haben wir mittlerweile viele Fans.“
Wenn du an eine Band wie U2 denkst, wo es ja durchaus zu Beginn Parallelen zu NMA gab, hast du eine Erklärung für deren Erfolg?
„Auf jeden Fall. Aus folgendem Grund: Sie wollten es, sie wollten es mehr als andere. Bono wollte wirklich Jesus Christus werden, denn er ist ein netter katholischer Junge. Und er betrieb das sehr konsequent. Bei U2 gibt es kaum Widersprüche. Sie sind, was sie sind. Es geht bei ihnen um menschliche Würde und Hoffnung und so was. NMA waren ganz anders, wir waren kontrovers, weil wir immer das Gegenteil von dem taten, was wir tun sollten. Schon nach unserem ersten Album ‚Vengeance‘ und dem gleichnamigen Song erwartete niemand, dass wir Songs über Menschenwürde und Hoffnung machen würden. Und auch wenn es bei uns durchaus um so was geht, ist dieser Song so extrem politisch unkorrekt gewesen, dass wir in England niemals bei linken Veranstaltungen spielen konnten. Und Organisationen wie Greenpeace luden uns auch niemals ein, nur wegen dieses Songs. Auch später hatten wir immer sehr unkorrekte Songs wie ‚Here comes the war‘. Ebenso wie auf dem neuen Album. Jeder redet über Afrika und G8 und Live Aid, und zu dieser Zeit bringen wir einen Song wie ‚Red earth‘, der auch wieder politisch nicht korrekt ist. Er ist sogar ziemlich nihilistisch und brutal, und es geht überhaupt nicht um Menschenwürde und Hoffnung, es geht um Blut und Gewalt. Aber das erschien uns zu dieser Zeit richtig. Wir passen nirgendwo richtig rein, wir sind weder die guten noch die bösen Jungs des Rock’n’Roll, wir sind irgendwie beides. Wenn ich mich unter schrecklichen Leuten befinde, kann ich sehr nett sein, bin ich unter netten Leuten, kann ich ziemlich schrecklich sein. Kontroversität zahlt sich eben nicht aus ...“
Ist es denn das, was die NMA-Fans von einer neuen Platte erwarten, diese kontroversen Botschaften? Ich meine, eine Band wie NMA würde ohne diese Botschaften, wie kontrovers sie auch sein mögen, wohl auch keinen Sinn machen ...
„Das ist wahr, denn genau das interessiert mich. Aber such nicht nach einer gleich bleibenden Botschaft, denn die gibt es nicht. Für mich geht es bei Musik auch immer um Emotionen, und Emotionen sind immer sehr widersprüchlich. Du magst deine philosophischen Betrachtungsweisen über das Leben haben, aber wenn es um das tägliche Leben geht, sind die ziemlich irrelevant, denn da handelt man instinktiv und emotional. Ich habe immer diese Bob Dylan-Platten gemocht, wo man ein wunderschönes Liebeslied hat, gefolgt von einem persönlichen Hasslied auf jemanden. Und ist es nicht wahr, dass Menschen so sind?! Die letzten NMA-Alben, ‚Carnival‘ vielleicht weniger, aber ‚Eight‘ und ‚Strange Brotherhood‘ waren recht schwierig. Man konnte sie nicht auflegen, wenn man in der falschen Stimmung war, denn sie besaßen keine einheitliche Stimmung. ‚Carnival‘ ist da vielleicht etwas einheitlicher, auf eine seltsame Weise. Es gibt keine Hymnen darauf, und ich denke, dass es ein eher düsteres Album ist. Vielleicht habe ich einfach an einem düstereren Ort befunden. Und wir leben ja schließlich auch gerade in einer verdammt düsteren Zeit ... Aber ich sehe die NMA-Fans grundsätzlich nicht als einheitliche Gruppe. Es sind Individuen, und deshalb werden einige das Album lieben und andere es hassen.“
Wie wütend bist du nach all den Jahren noch?
„Das ändert sich von Tag zu Tag. Was mich nach wie vor sehr wütend macht, ist die Dummheit der Leute. Manchmal auch meine eigene Dummheit. Aber die meiste Zeit bin ich sehr gelassen. Viele Leute, die in so genannten ‚harten‘ Bands spielen, sind in ihrem täglichen Leben sehr gelassen, weil man in so einer Band ein Ventil dafür hat, und nicht alles mit sich herumschleppen muss. Die wirklich scheußlichen Leute sind in Popbands, weil sie freundlich sein und auf der Bühne lächeln müssen, obwohl sie sich nicht so fühlen, und das ist nicht besonders gut für einen. Damit stranguliert man in gewisser Weise seine Seele.“
Siehst du dich nach wie vor als Sprachrohr für bestimmte Themen?
„Ich bin nicht sicher, aber wenn man kann, warum nicht. Als Künstler kann man tun, was man will, man ist frei. Das ist wundervolles Privileg. Der Grund, warum wir frei und privilegiert sind, ist, dass die meisten Leute aufstehen und zur Arbeit gehen müssen, und wenn sie nach Hause kommen, sind sie müde, sie machen den Fernseher an oder sehen nach den Kindern und so weiter. Und sie hoffen, dass sie mal in der Lotterie gewinnen. Was sie nicht haben, ist Zeit zum Nachdenken. Und was wir haben, ist Zeit zum Nachdenken. Das ist ein extrem wertvolles Gut.“
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