„Es gibt eine Menge Dunkelheit in unseren Liedern – das gilt auch für ‚Vows‘“, resümiert Chuck Ragan in Bezug auf das zehnte Studioalbum seiner Band. Denn seit nunmehr dreißig Jahren gehen HOT WATER MUSIC genau dorthin, wo es wehtut. Schmerz, Angst, Verlust und Läuterung waren stets zentrale Fixpunkte im Gefüge der Band aus Gainesville, Florida. Als 2022 der Vorgänger „Feel The Void“ erschien, waren sie offenkundig komplett ausgebrannt. Psychische Probleme, private Sorgen und die Folgen der Pandemie hatten ihren Tribut gefordert. Dass nun, nach nur zwei Jahren, bereits ein neues Album des Quintetts in den Startlöchern steht, war demnach nicht unbedingt zu erwarten. Doch die beiden kürzlich veröffentlichten Vorabsingles „Menace“ und „Burn forever“, die in nur vier Tagen mehr als 100.000 Klicks erhielten zeigen, wie hoch nach wie vor das Interesse an der Band ist. Eindrucksvoll erweisen sie sich als beste Vorboten dessen, womit „Vows“ auf Albumlänge aufwartet: Musik als wahre Form der Therapie. Zwölf Songs wie aus einem Guss mit höchstem Wiedererkennungswert und Texten tief aus dem Herzen. Stilistisch setzt man einerseits konsequent die Tradition des Vorgängerwerks fort, was insbesondere auch an der endgültigen Integration von Chris Cresswell liegt, ihrem dritten Gitarristen, der hier erstmals sein ganzes Können offenbart und bei gleich mehreren Songs Texte und Hauptgesang beisteuert. Andererseits jedoch ist „Vows“ in so vielerlei Hinsicht erfrischend anders: So schaffen es HOT WATER MUSIC mit Bravour, sich zugunsten stärkerer Eingängigkeit einer gewissen Sperrigkeit zu entledigen, ohne dabei an rhythmischer Komplexität einzubüßen.Auch rockigere und leisere Zwischentöne wie in „After the impossible“ oder „Much love“ sowie zahlreiche Synthesizerklänge bekommen ihren Raum und bedingen ein wunderbares Mehr an Dynamik. Fans der ersten Stunde mögen hier gewiss die Abkehr vom rauheren, punklastigen Sound früher Tage monieren, doch steht steckt in „Vows“ konsequente Evolution zur richtigen Zeit. HOT WATER MUSIC machen dabei aber keineswegs den Fehler, ihre Trademarks zu verleugnen: Chöre zum Mitsingen, Singalongs zum Fäuste recken – sie alle finden sich auch in den neuen Songs. Selten zuvor klang der kratzige Gesang von Wollard, Cresswell und Ragan besser, ergänzten sie sich derart wunderbar und nahtlos. Die Gastauftritte von Mitgliedern von THRICE, TURNSTILE, THE INTERRUPTERS oder CITY AND COLOUR erscheinen dabei fast nebensächlich, denn HOT WATER MUSIC klingen so frisch wie selten zuvor. „Vows“ ist eine fantastische Ode an das Leben, an die eigenen Wurzeln und den Glauben an das Gute. Ein großartiges, wenn nicht sogar eines der besten Alben der Band. Das Licht am Ende des Tunnels, es brennt noch immer und HOT WATER MUSIC geloben auf „Vows“, uns dorthin zu geleiten.
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