ENVY

Recitation 

Ihre Konzerte sind für den gottlosen Hardcore-Hörer das, was dem Götzengläubigen seine sonntägliche Messe ist: Ein Moment der Kontemplation, Gelegenheit zur Entspannung – und das bei 120 Dezibel. ENVY sind laut, sie sind mächtig, sie sind gewaltig, sie sind einzigartig.

Vier Jahre ließ der Fünfer aus Tokyo seit dem letzten Album „A Dead Sinking Story“ ins Land gehen, und verkündet jetzt ganz bescheiden: „We have spent a lot of time making this, turned out pretty good.“ Zwei simple Aussagen, die man nur bestätigen kann.

Schon der Opener „Guidance“ ist wundervoll: ruhige Postrock-Klänge, darüber wispert eine Frau auf Japanisch – ergreifend. Es wird dann zwar lauter, aber wie schon beim Vorgänger-Album haben ENVY den Kontrast zwischen lieblichen Indie-Rock-Momenten, sphärischen Postrock-Elementen und brüllend lauten, verzweifelten Hardcore-Passagen, den Wechsel von leisem Sprechgesang zu kehligem Brüllen als Markenzeichen weiter ausgebaut.

Sie sind das musikalische Äquivalent zu jenem distinguiert auftretenden Fachmann, der sich in Diskussionen nur selten zu Wort meldet, dann aber eine so substantielle Aussage trifft, dass all seine Vorredner als vorlaute Blender dastehen.

Die Heiligen Drei Könige dieser Art von Musik sind zumindest 2010 noch ENVY, NEUROSIS und ISIS – ich bin gespannt, wer für letztere nachrückt. Ein Album von majestätischer Größe, das für mich schon jetzt zu den besten des Jahres zählt.

Und eine gute Nachricht zum Schluss: 2011 werden ENVY wieder auf Europatour gehen.